Bonner Haus der Geschichte Collagen des Verschweigens

Aus einem Zufallsfund auf einem Berliner Flohmarkt wurde ein herausforderndes Kunstwerk - jetzt ist es im Haus der Geschichte zu sehen. Am vergangenen Dienstag, 76 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, stellte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) das Kunstwerk "Die Regimentstochter" von Tacita Dean vor.

 Einmalig: Monika Grütters und Hans Walter Hütter vor Tacita Deans Collage.

Einmalig: Monika Grütters und Hans Walter Hütter vor Tacita Deans Collage.

Foto: Martin Magunia

Die britische Künstlerin entdeckte im Jahr 2000 auf einem Flohmarkt in Berlin 36 Berliner Opernprogramme aus den Jahren 1934 bis 1942, darunter auch das zur namensgebenden Oper "Die Regimentstochter" von Gaetano Donizetti (Uraufführung 1840).

Eine Besonderheit verbindet alle Titelseiten: Aus jeder wurde sorgfältig ein Rechteck herausgeschnitten. Schnell wurde klar, dass der ursprüngliche Besitzer die Hakenkreuz-Symbole entfernt hatte. Doch was bewegte ihn dazu - Scham, Angst, ein Akt des Widerstands? Die Fragen nach dem Besitzer und seiner Intention bleiben bis heute offen.

Das Kunstwerk wirft Fragen nach der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auf. Es zeige "verborgene Spuren" und die "Ambivalenz der deutschen Kultur", sagte Grütters, die mit der Künstlerin befreundet ist. Grütters erklärte die Entfernung der Hakenkreuze mit dem Wunsch, "abzuschließen mit einer Zeit, an die man nicht erinnert werden möchte".

Dies sei ein "Grundmotiv deutscher Nachkriegsgeschichte, das einer ehrlichen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus lange im Weg stand". Die Ministerin bezeichnete das 36-teilige Arrangement als "beklemmende Collage des Verschweigens und Verdrängens". Doch die NS-Vergangenheit lasse sich nicht verdrängen. "Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz", zitierte sie aus der Rede von Bundespräsident Joachim Gauck am 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung.

Hans Walter Hütter, Präsident des Bonner Hauses der Geschichte, betonte, das Museum habe die Anschaffung der Kulturstaatsministerin zu verdanken, sie habe "mit außerordentlich großer Unterstützung den Ankauf ermöglicht".

Das "einmalige Kunstwerk" gehöre in dieses Museum, das "wie kein zweites die deutsche Geschichte ab 1945 zeigt", so die Ministerin. Und dazu gehöre selbstverständlich die Aufarbeitung von NS-Zeit-Erlebnissen. Deutsche könnten laut Grütters mittlerweile selbstbewusst mit der Vergangenheit umgehen, doch sei die Versuchung, Vergangenes zu verdrängen, immer noch groß.

Das Kunstwerk wird zunächst im Rahmen der Reihe "Das aktuelle Objekt" im Informationszentrum gezeigt.

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