In den Kammerspielen CocoonDance-Juniorcompany "They Might be Giants" begeistert das Publikum

Bonn · Mit gemessenen Schritten erobern sie einzeln den leeren Bühnenraum, kreuzen sich in der Diagonale und stellen sich hinten in einer Linie auf. Rafaële Giovanola von der freien Bonner Tanzcompany CocoonDance und ihre jungen Co-Choreografen von der neuen Junior Company arbeiten in ihrem ersten gemeinsamen Stück intensiv mit der Geometrie der Bühne und erfinden immer neue Körperkonstellationen, aus denen sich kleine Szenen entwickeln.

 Tanzbegeistert: Szene aus dem Projekt "They might be giants".

Tanzbegeistert: Szene aus dem Projekt "They might be giants".

Foto: Axel Largo

Schon das individuelle Gehen und Laufen wird zu einem bewussten Gestaltungselement. Darauf zielt das auf drei Jahre angelegte und von verschiedenen Stiftungen geförderte Projekt mit Kindern und Jugendlichen zwischen sieben und 16 Jahren. In der Zusammenarbeit mit professionellen Tänzerinnen und Tänzern sollen sie erleben, was künstlerische Arbeit ausmacht und wie spielerische Bewegung sich formt zu einer bewegenden Aussage.

"They Might be Giants" - natürlich darf das Stück "Birdhouse in Your Soul" der titelgebenden amerikanischen Rockband bei dem von Jörg Ritzenhoff komponierten Soundtrack - erzählt keine zusammenhängende Geschichte, sondern zeigt Momente der Begegnung zwischen unterschiedlichen Temperamenten, Tanzerfahrungen und schlichter Lust an gemeinsamer Erforschung von theatralen Abläufen. Orientalisches Tanzvokabular trifft auf Breakdance und Andeutungen von Ballettfiguren, sportliches Tempo verbindet sich mit Slow-Motion.

Mit Sonnenbrillen und skurrilen Perücken karikieren sie kurz mal den Kinokrimi, der außer dem musikalischen Vorbild Pate stand. Alle 28 jungen Mitwirkenden, darunter auch tanzbegeisterte Kinder aus dem Projekt "Express Yourself" der 5. Gesamtschule mit CoocoonDance, präsentieren ihr je eigenes Können. Sie sind aber eingebunden in ein gemeinsam entwickeltes performatives Konzept, in dem die Bewegungsfreiheit des Einzelnen in einem tänzerischen Kontinuum dialektisch aufgehoben wird.

Am schönsten gelingt das immer, wenn sie sich in ihren bunten T-Shirts und Socken (Kostüme: Annika Ley) zu Linien oder sehr genau konstruierten Gruppen formieren, in denen eine Bewegung festgehalten wird und dann wieder zu neuen energetischen Ideen explodiert.

Sie beobachten sich gelegentlich kritisch von außen und greifen dann wieder ein in ihr selbst entworfenes und reguliertes Bühnenwerk. Ihre Talente sind nicht gigantisch. Mit den Windmühlen, die Don Quixote einst für mächtige Riesen hielt, nehmen sie's aber mutig auf und lassen sich beflügeln vom Tanzboden.

Das kooperierende Theater Bonn hat ihnen neben einem fantastischen Licht seinen ganzen professionellen Apparat zu Verfügung gestellt.

Die größte Lust auf der Bühne präsentierte bei der Premiere in den fast ausverkauften Kammerspielen der kleinste Tänzer, der seine wirbelnde Begeisterung kaum noch zähmen konnte und damit ganz unmittelbar das sinnliche Vergnügen am Tanztheater ins Publikum übertrug, das nach gut 50 eindrucksvollen Minuten riesig applaudierte.

Nächste Vorstellungen in den Kammerspielen am 3. Februar um 16 Uhr für Familien (Restplätze) und am 4. Februar um 11 Uhr für Schulen (ausverkauft). Einladungen für das exemplarische Projekt in andere Städte (u.a. nach München) stehen schon in Aussicht.

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