50. Opernfestspielen in Heidenheim Bonner Tenor George Oniani - Lache, Bajazzo

BONN · Seine Opernfestspiele lässt Heidenheim an der Brenz sich ein bisschen was kosten. Gerade hat das kleine, knapp 40 Kilometer Luftlinie nördlich von Ulm gelegene Städtchen beschlossen, den jährlichen Zuschuss für das Sommerspektakel stufenweise bis 2020 von 450.000 auf 800.000 Euro zu erhöhen.

 George Oniani als Bajazzo in Heidenheim.

George Oniani als Bajazzo in Heidenheim.

Foto: Ludwig Olah

Der Gesamtetat wird dann bei stattlichen 1,9 Millionen Euro liegen. Man glaubt fest an die Zukunft der Festspiele, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiern.

Die Stimmung in der Stadt ist euphorisch. Mitverantwortlich dafür ist auch der Dirigent Marcus Bosch, der vor 44 Jahren in Heidenheim geboren wurde und seit 2010 die Festspiele leitet. Hauptberuflich ist er Generalmusikdirektor in Nürnberg, davor machte er als Musikchef in Aachen auch überregional von sich reden. In Heidenheim erzielt er mittlerweile eine Platzauslastung von 98 Prozent (2013). Die Zuschauerzahlen der Opernfestspiele hätten sich seit Boschs Amtsantritt nahezu verdoppelt, heißt es. Solche Fakten überzeugen Skeptiker.

Zum ersten Mal ist in diesem Jahr der in Bonn lebende georgische Tenor George Oniani bei den Opernfestspielen dabei. Im Bonner Ensemble, dem er seit 2008 angehört, fallen die großen Partien des italienischen Fachs in seine Zuständigkeit. Cavaradossi aus Puccinis "Tosca" und Radames aus Verdis "Aida" waren hier in der zurückliegenden Saison die Herausforderungen. In Heidenheim singt er in gleich zwei Opern die männliche Hauptpartie, in Pietro Mascagnis "Cavalleria rusticana" und in Ruggero Leoncavallos "Der Bajazzo".

Die beiden Einakter aus dem späten 19. Jahrhundert werden seit jeher gekoppelt, sind sozusagen eine bestens funktionierende Opernehe. Dass aber ein Sänger die beiden großen Tenorrollen Canio ("Bajazzo") und Turiddu ("Cavalleria") übernimmt, ist gleichwohl eher die Ausnahme. "Es ist eine sehr riskante Sache", verriet Oniani im Gespräch während eines Kurzurlaubs in Bonn. "Das machen weltweit vielleicht zwei oder drei Tenöre."

Die Sache wird für ihn zusätzlich erschwert, weil Regisseurin Petra Luisa Meyer bei ihrer Inszenierung unter freiem Himmel im ehemaligen Rittersaal von Schloss Hellenstein die traditionelle Abfolge der beiden Stücke tauscht und mit dem Bajazzo beginnt. Wenn der vor Eifersucht rasende Canio am Ende seine Frau Nedda ersticht und die Oper mit den berühmten Worten "La commedia è finita" (Die Komödie ist aus) beendet, schlägt Regisseurin mit der "Cavalleria" ein neues Kapitel derselben Geschichte auf.

Für Oniani war das Angebot aus Heidenheim wegen dieser Besonderheiten nicht nur eine künstlerische, sondern auch "eine sportliche Herausforderung", wie er sagt, der er mit gezieltem Einsatz von Erfahrung und Technik gerecht zu werden versuchte. Offenbar mit Erfolg. Die örtliche Presse registrierte begeistert: "George Oniani glänzte mit kernigem, heldisch-italienischem Tenor." Die gute Aufnahme freut den Sänger auch deshalb, weil Canio für ihn ein Rollendebüt war. "Ich wollte ihn unbedingt einmal im Repertoire haben."

Auf den Gedanken, Sänger zu werden, kam Oniani spät. Denn auch eine alternative Karriere wäre durchaus erfolgversprechend gewesen. Er besuchte eine Schule für Hochbegabte mit Physik und Mathematik als Schwerpunkt und ging danach an die Universität der georgischen Hauptstadt Tiflis, um Ingenieurswissenschaften zu studieren. Bei einer Geburtstagsfeier sang der Student zum Spaß ein Lied - und wurde bei dieser Gelegenheit von einem georgischen Popstar entdeckt, der ihn gleich überredete, die Stimme ausbilden zu lassen. Obwohl er sich begeistert in das Abenteuer eines Gesangsstudiums stürzte, schloss er das Ingenieursstudium noch mit Erfolg ab.

Sein Europa-Debüt gab Oniani 2002 gleich an der Mailänder Scala, es folgten weitere Engagements an der Scala und anderen europäischen, asiatischen und südamerikanischen Häusern. Das Deutschland-Debüt folgte 2007 als Einspringer bei einem Konzert - in Heidenheim. Dass der Tenor ein Jahr später Ensemblemitglied in Bonn sein würde, entsprach eigentlich gar nicht seiner Karriereplanung. "Ich war nicht auf der Suche nach einem festen Engagement", sagt er. Doch Bonn gefiel ihm. Und seiner Familie ebenfalls: "Die wollen hier gar nicht weg." Sein Vertrag lässt ihm freilich genügend Freiheiten, sich auch außerhalb Bonns auszuprobieren. So wie jetzt in Heidenheim.

Die nächsten Vorstellungen: 25. und 26. Juli. Infos im Internet: www.opernfestspiele.de.

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