"Antike Architektur im Blick" Ausstellung im Bonner Wissenschaftszentrum

BONN · Wenn man den Anfang der wissenschaftlichen Bauforschung im Jahre 1402 ansetzt, als Filippo Brunellesci begann, in Rom antike Bauwerke zu studieren, und wenn man dann in Johann Joachim Winckelmann, der seit 1755 in Rom wirkte, den Vater - zumindest der deutschen - Archäologie sieht, folgt unerwartet diese Erkenntnis: Die Bauforschung ist rund 350 Jahre älter als die klassischen Archäologie.

Und um so mehr erstaunt es, dass erst 1973 das Architekturreferat für Bauforschung am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) in Berlin ins Leben gerufen worden ist.

Um das 40-jährige Jubiläum zu würdigen, hat Prof. Ulrike Wulf-Rheit, Leiterin des Referats, mit ihrem Team die Ausstellung "Antike Architektur im Blick" eingerichtet, die jetzt im Wissenschaftszentrum Bonn Station macht. Sie beschreibt - zwangsläufig im Wesentlichen als "Flachware" - die Aufgaben des Architekturreferats, die mit der Unterstützung geisteswissenschaftlicher und technischer Disziplinen erfüllt werden, und führt die Forschungsschwerpunkte in vier Kapiteln vor Augen. Grundsätzlich aber geht es um die "Lebensgeschichte eines Bauwerks" (Wulf-Rheit).

Anfangs standen einmal nicht Tempel, Thermen und Theater im Fokus, sondern "Ein Blick ins Haus" mit dem Ziel, "Wohnen in der klassischen Polis" zu untersuchen. 1988 begann das Projekt "Monumente der Stadt", das durch Vermessung die "Antike Stadt und ihre Teilbereiche" erschlossen hat.

Seit 1994 werden die Forschungen auf den "Blick in die Landschaft" ausgedehnt, um die "Wechselbeziehungen zwischen Stadt und Umland" zu ergründen. Schließlich setzte 1998 das Projekt "Großbauten im Fokus" ein, zu dem unter anderen die Erforschung der "Kaiserpaläste auf dem Palatin in Rom" im kulturgeschichtlichen Kontext zählt.

Hier ergänzen sich wechselweise die sehr schönen Architekturzeichnungen - die von Hand so gut wie die computergesteuerten - und die dreidimensionalen Architekturmodelle. Sehr anschaulich vermitteln die Zeichnungen den Blick, der sich Besuchern eines Wagenrennens einst auf die Paläste geboten haben muss. Die Modelle rekonstruieren die Paläste und den Cirkus Maximus, zugleich ihre Entwicklungsgeschichte vom Ende des 1. Jahrhunderts über den Anfang des 3. bis in den Anfang des 4. Jahrhunderts.

Schauplätze der beispielhaft vorgeführten Forschungen liegen überdies in Griechenland, Jordanien, Ägypten, in der Türkei - und in unserem Land. Denn gegenwärtig zielt die Arbeit des Architekturreferats - und das ist eine neue Initiative - auch auf die Denkmalpflege an archäologischen Stätten, speziell auf die Grundsanierung der Porta Nigra in Trier, wovon man auch Erkenntnisse über die Nutzungsgeschichte des stattlichen römischen Torbaus erwartet.

Wissenschaftszentrum Bonn-Bad Godesberg bis 25. Juli; Mo bis Fr 8 - 19 Uhr; die sehr gute Katalogbroschüre kostet 4 Euro.

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