Kunstmuseum Bonn Auftakt zur Reihe "Transfer Korea - NRW" mit sechs Positionen

BONN · Wer zu viel nickt, hat schon verloren. Zumindest geht das den Nohohon-Figürchen so, die zu Tausenden kopfwackelnd in Jung Seungs großem Regal stehen, das sich halbkreisförmig wie eine Arena im Kunstmuseum Bonn ausbreitet.

 Eine von 2500: Jung Seung zeigt eine seiner japanischen Nohohon-Figürchen, die im Kunstmuseum vor sich hin nicken.

Eine von 2500: Jung Seung zeigt eine seiner japanischen Nohohon-Figürchen, die im Kunstmuseum vor sich hin nicken.

Foto: Franz Fischer

Das einzige Spektakel, das dieses Amphitheater zu bieten hat, ist der Absturz des einen oder anderen solarbetriebenen Männchens, das sich durch die Nickbewegungen über den Rand katapultiert hat. Das Individuum hat sich aus der Anonymität der Masse herausbewegt und diesen Schritt mit der Existenz bezahlt: Eine von vielen Lesarten, die diese mit grellem Neonlicht aufgeladene Installation des Koreaners Jung Seung erlaubt. Auch an das letztlich labile Konstrukt einer kunterbunten, völlig nutzlosen Warenwelt mag der Koreaner gedacht haben.

Er ist einer von insgesamt 14 Künstlern, die nach einem längerem Prozess von ursprünglich hundert Nominierten übrig blieben und nun das Projekt "Transfer Korea - NRW" des Kultursekretariats NRW in Bonn, Düsseldorf und Hagen gestalten. Sieben koreanische Künstler treffen auf sieben deutsche Kollegen.

Jede der Ausstellungs-Stationen zeigt einen Ausschnitt aus dem Teilnehmerfeld. Neben Jung Seung ist etwa die Koreanerin Kyungah Ham im Kunstmuseum zu sehen. Sie zeigt eine raffinierte und politisch hintergründige Aneignung westlicher Kunst durch Asien - eine Anspielung auf den westlichen Kulturkolonialismus: Die Künstlerin hat die mit geschwungenen Farbbahnen gefüllten Gemälde von Morris Louis, Säulenheiliger der US-Farbfeldmalerei, 1:1 fotografiert, die Fotos über Mittelsleute in nordkoreanische Stickmanufakturen geschickt. Stickerinnen setzten die Malerei um, arbeiteten Texte ein, schickten die Werke zurück. Manches blieb an der Grenze hängen.

Durchlässige und doch kulturell klar definierte Grenzen hat Yeondoo Jung dagegen in New York ausgemacht, wo italienische, chinesische, indische, russische, koreanische und lateinamerikanische Viertel ineinander übergehen. Der Künstler hat Straßenansichten mit starkem Blitz fotografiert, die Bilder wie ein Film aneinandermontiert und zeigt sie wie ein 3-D-Roadmovie in einer 12,70 Meter breiten Projektion. Eine der stärksten Arbeiten der Schau.

Aufregend auch Sascha Pohles Austausch von Man Rays Muse Kiki de Montparnasse durch ein koreanisches Model, das mit der berühmten schwarzen Maske posieren darf, oder eine raffinierte Replik auf einen kritischen Film über die museale Präsentation und damit Entzauberung afrikanischer Skulptur von Alain Resnais und Chris Marker (1953).

Pohle filmte leere Schachteln statt Totems und Masken. Besser lässt sich der Verlust der Aura nicht darstellen. In Luka Fineisens 2500 Liter Wasser und vier Flaschen Spülmittel fassender Riesenwanne treiben zwei sehr unterschiedliche Schaumformationen aufeinander, lassen ein kontemplatives Bild der Gegensätze entstehen.

Dabei gleich an Nord- und Südkorea zu denken, was das Kunstmuseum als Deutung anbietet, erscheint eher absurd. Randbereiche des Bildes beleuchtet auch Jan Albers mit seiner raumfüllenden Installation auf dunkelgrünem Grund. Kettengesägt und gestaucht, gestanzt und verbrannt, so zeigt Albers seine geschundenen Materialien - fein geschützt in Wandvitrinen.

Transfer Korea: Namen, Orte, Ausstellungen

Alle teilnehmenden Künstler: Jan Albers, Luka Fineisen, Manuel Graf, Kyungah Ham, Erika Hock, Joung Seung, Yeondoo Jung, Kira Kim, Seb Koberstädt, Na Hyun, Sascha Pohle, Juergen Staak, Won Seoung Won und Yeesookyung.

Beteiligte Museen: Kunstmuseum Bonn, bis 9. Februar, Di-So 11-18 Uhr, Mi 11-21 Uhr. Eröffnung: heute, 19 Uhr. Kunsthalle Düsseldorf; bis 5. Januar, Di-So 11-18 Uhr. Eröffnung: morgen, 19 Uhr. Osthaus Museum Hagen, bis 12. Januar, Di, Mi, Fr 10-17, Do 13-20, Sa, So 11-18 Uhr. Eröffnung: Samstag, 16 Uhr.

Katalog: Für alle Stationen ein gemeinsamer Katalog (20 Euro).

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