Ausstellungen 2016 im Kunstmuseum Bonn Albträume und die Kunst der Langsamkeit

Bonn · Kunstmuseum Bonn glänzt 2016 mit thematischen Ausstellungen und Künstlern von Edvard Munch bis Bruce Nauman.

 Das Kunstmuseum Bonn zeigt im kommenden Jahr Max Beckmanns "Im Artistenwagen (Zirkuswagen)".

Das Kunstmuseum Bonn zeigt im kommenden Jahr Max Beckmanns "Im Artistenwagen (Zirkuswagen)".

Foto: Museum

Mit der Ausstellung über den britischen Maler Frank Auerbach ist dem Kunstmuseum Bonn im laufenden Jahr ein Coup gelungen: Es war eine Schau, die fällig war, und Bonn hat - mit Unterstützung der Londoner Tate Modern - zugegriffen. Dass parallel und eng vernetzt mit der Bonner ständigen Sammlung die fulminante Schau New York Painting zu sehen war, unterstrich das, was Intendant Stephan Berg völlig zu Recht für sein Haus reklamiert: eine hohe Kompetenz, wenn es um Malerei und die Reflexion über das Bild geht. Glücksfall Nummer drei ist sicherlich die noch bis Anfang Januar laufende Ausstellung Tele-Gen, eine intelligente, launige, durchaus medienkritische Untersuchung des Fernsehens aus der Perspektive der Kunst. Nicht zu vergessen in der Bilanz 2015: Der Blockbuster "August Macke und Franz Marc - Eine Künstlerfreundschaft", der am 4. Januar endete.

Das Publikum kann mit 2015 zufrieden sein, der Intendant ist es auch: Mit 100 000 Besuchern befindet sich das Kunstmuseum im bewährten Rahmen - ein eminent teurer und aufwendiger Mega-Erfolg wie "Macke und Marc" mit 135 000 Besuchern klappt nur alle paar Jahre. Es sprich vieles dafür, dass auch 2016 das hohe Niveau des laufenden Jahres gehalten wird. Wieder stimmt die Mischung, wieder gibt es Entdeckungen, Versuchsballons und Ausstellungen fürs breite Publikum.

Um damit anzufangen: Von Edvard Munch bis Max Beckmann buchstabiert sich eine Kunstreise in Zonen der Verunsicherung, der Ängste und Albträume. "Das unheimliche Heim" wird sich mit Künstlern der klassischen Moderne dem Bereich des Unbewussten und Traumatischen nähern. Da sich das Munch-Museum in Oslo, so Berg, mit Leihgaben sehr spendabel zeige, können sich die Bonner auf eine spektakuläre Schau freuen, eine mit Künstlern wie Pierre Bonnard, Edouard Vuillard, Félix Valloton, James Ensor und anderen vielversprechende Fortsetzung der Schau "HEIMsuchung" (2013).

Ein breiteres Publikum dürfte auch "Mit anderen Augen" über das Porträt in der zeitgenössischen Fotografie ansprechen. Ein Brückenschlag nach Köln - dort, in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur, werden die Anfänge der Porträtfotografie mit August Sander & Co. dokumentiert, Bonn zeigt mit Timm Rautert, Thomas Ruff, Thomas Struth, Wolfgang Tillmans, Dunja Evers und anderen Positionen der Gegenwart.

Ein spannendes Thema erwartet den Besucher unter dem Titel "EchtZEIT - Die Kunst der Langsamkeit". "Wir haben Hunderte von Namen zu diesem uferlosen, existenziell philosophischen Thema gesammelt", erzählt Berg, um eine zentrale Beobachtung zu machen: "Was uns beschäftigt, die Beschleunigung des Alltags, die Zerrissenheit durch Multitasking, spielt in der Kunst überhaupt keine Rolle. Dort ist man an paradoxen Zeitschleifen, an der Dehnung der Zeit, am Stillstand interessiert." 30 Künstler von Bruce Nauman und Martin Honert bis Alycja Kwade und Chris Martin werden in "EchtZEIT" zu sehen sein.

Neuland betritt das Kunstmuseum 2016 mit der ersten großen Werkschau der 2006 im Alter von nur 43 Jahren verstorbenen Malerin Susanne Paesler. Sie hat sich der Frage nach der Originalität in der zeitgenössischen Kunst gestellt, sich virtuos den Mustern von Küchentüchern und Wolldecken gewidmet und sich ohne Berührungsängste den Bereichen Kitsch, Kunsthandwerk und Design genähert.

Für seine vertrackten Architekturmodelle und nicht minder rätselhaften Bildräume analysiert der Zürcher Thomas Huber seine Umwelt und erprobt Wirkungsweisen des Bildes. Im Rahmen seiner Ausstellung wird er sich explizit auch mit dem Kunstmuseum Bonn als Institution und Architektur befassen. Huber war 1985 Stipendiat der in Bonn sitzenden Stiftung Kunstfonds. Diese Stiftung, die in ihren Räumen in der Weberstraße alljährlich ihre Stipendiaten präsentiert, ist nun mit dem Kunstmuseum eine Kooperation eingegangen. Erstmals sind nun ihre Stipendiaten unter dem Titel "Ausgezeichnet" im Kunstmuseum zu sehen.

Der jungen Kunst widmet sich traditionell auch der Dorothea von Stetten-Kunstpreis, der sich 2016 mit den Niederlanden befasst. Eine gewisse - lückenhafte - Tradition hat die Kooperation mit dem Beethovenfest. 2016 beschert sie dem Besucher einen Einblick in die Arbeit der Choreografin, Tänzerin und bildenden Künstlerin Simone Forti. Das Jahresprogramm 2016 beschließt die in Berlin lebende Bonnerin Anna Lea Hucht (Jahrgang 1980), die mit ihren fantastischen, realistischen Zeichnungen und Objekt-Installationen 2009 im Bonner Kunstverein debütierte. In diesem Jahr hat sie den alle zwei Jahre vergebenen, mit 10 000 Euro dotierten Bonner Kunstpreis bekommen.

Jahresprogramm 2016 des Kunstmuseums Bonn

  • 21. Januar - 5. Juni 2016: Werkschau der 2006 gestorbenen Malerin Susanne Paesler.
  • 25. Februar - 8. Mai: "Mit anderen Augen - Das Porträt in der zeitgenössischen Fotografie". Kooperation mit der Kölner Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur.
  • 9. Juni - 4. September: "EchtZEIT - Die Kunst der Langsamkeit". 30 internationale Künstler von Bruce Nauman bis Chris Martin widmen sich dem existenziell-philosophischen Thema.
  • 30. Juni - 25. September: Die Neuauflage des traditionellen Dorothea von Stetten-Kunstpreises widmet sich im Jahr 2016 der Kunstszene der Niederlande.
  • 11. September - 23. Oktober: "Simone Forti - Sound move". Werkschau der Choreografin, Tänzerin und bildenden Künstlerin Simone Forti in Kooperation mit dem Beethovenfest.
  • 29. September - 8. Januar: "Thomas Huber - Am Horizont". Der Zürcher Maler und Bildforscher mit Wohnsitz in Berlin präsentiert seine Architekturmodelle und systematischen Bilderrecherchen.
  • 20. Oktober - 29. Januar: "Das unheimliche Heim". Innenräume und Innenwelten von Edvard Munch bis Max Beckmann.
  • 27. Oktober - 11. Dezember: "Ausgezeichnet". Arbeiten von Stipendiaten der Stiftung Kunstfonds.
  • 11. November - 22. Januar: Ausstellung zum Bonner Kunstpreis 2015 mit Anna Lea Hucht.
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