Bezirksvertretung Bad Godesberg Auf der Suche nach der Mehrheit

BAD GODESBERG · Nach dem politischen Erdbeben bei der Kommunalwahl in Bad Godesberg, das am Sonntag vor allem die CDU getroffen hat, haben am Montag die politischen "Aufräumarbeiten" begonnen. Zumindest rhetorisch übten sich die Vertreter aller Parteien in einer schlüssigen Analyse. Klarheit über die künftigen Machtverhältnisse im Bad Godesberger Bezirksparlament gibt es indes längst nicht. Im Gegenteil.

  • Drei "Blöcke": Legt man die althergebrachte (und womöglich überholte) politische Farbenlehre zugrunde, werden im neuen Bezirksparlament drei vermeintliche Blöcke sichtbar, die eines eint: Sie sind für sich genommen machtlos. So bringt das einstige bürgerlich-konservative Lager aus CDU und FDP mit acht Sitzen ebenso viele Mandate auf die Waage wie die politische Linke aus SPD, Grünen und Linkspartei. Hinzu kommen die drei Mandate der Wählervereinigungen Bürger Bund Bonn (BBB) und - erstmals im Gremium - vertreten "Die Godesberger". Zwei Möglichkeiten erscheinen somit derzeit theoretisch denkbar: Entweder, die Bürger werden sich an bislang ungewohnte Kooperationen, etwa eine Große Koalition oder eine "Jamaika"-Koalition (CDU, Grüne und FDP) gewöhnen müssen. Oder aber man legt die Entscheidung über Sachfragen jeweils in die Hände "wechselnder Mehrheiten", was intensive und zuweilen zermürbende Debatten erwarten ließe. Zumindest eine relative Mehrheit wird erstmals definitiv am 12. Juni benötigt. Dann konkurrieren Simone Stein-Lücke (CDU), Hillevi Burmester (SPD) und möglicherweise weitere Kandidaten um das Amt des Bezirksbürgermeisters. Der Ausgang dieses Rennens ist angesichts mannigfaltiger Rechenspiele völlig offen (siehe nebenstehenden Artikel), wie auch die Reaktionen der Parteien am "Tag danach" zeigen.
  • CDU: "Das Ergebnis gibt uns natürlich zu denken. Wir werden uns das genau anschauen. Offensichtlich ist, dass wir etwas verändern müssen", sagte CDU-Ortsverbandsvorsitzender Benedikt Hauser mit Blick auf den Verlust von 9,4 Prozentpunkten und damit fast einem Viertel der Wählerstimmen im Vergleich zu 2009. Heute Abend tagt der Bezirksvorstand, personelle Konsequenzen deuteten sich laut Hauser am Montag noch nicht an. Hinsichtlich möglicher Kooperations- und Koalitionsverhandlungen sagte Hauser: "Wir sind offen für alle denkbaren Szenarien und werden mit allen Parteien sprechen, mit denen eine zielführende Mehrheit denkbar erscheint". Erste Verhandlungspartner seien SPD, Grüne und FDP. Zurückhaltende Zuversicht verbreitete Hauser auch für die Wahl von CDU-Spitzenkandidatin Simone Stein-Lücke: "Wir sind immer noch stärkste Fraktion, alles andere wird von den Gesprächen abhängen", so Hauser. Die CDU-Kandidatin selbst äußerte sich ähnlich: Das Ende der Ära Annette Schwolen-Flümann bedeute auch einen Umbruch, der einen Übergang naturgemäß erschwere. Simone Stein-Lücke: "Ich freue mich auf die neue Aufgabe in der Bezirksvertretung".
  • SPD: "Wir freuen uns über unsere leichten Zugewinne, die gewiss noch etwas größer hätten ausfallen können", sagte Fraktionschefin Hillevi Burmester. Mit Blick auf ihre Kandidatur für das Amt der Bezirksbürgermeisterin verbreitete sie gestern weiter Zuversicht: "Ich gehe davon aus, dass ich Bezirksbürgermeisterin werde", sagte sie gegenüber dem General-Anzeiger und ergänzte: Sie und ihre Parteifreunde hätten in den vergangenen Wochen "Signale und Stimmungen aufgefangen, die Anlass zur Hoffnung darauf geben, dass ich gewählt werde".
  • Grüne: "Wir haben unser Ziel erreicht, das gute Ergebnis von 2009 fast gehalten und drei Mandate errungen", stellte Andreas Falkowski zufrieden fest. "Nicht traurig" sei er auch darüber, dass CDU und FDP keine Mehrheit mehr haben. Die Frage von Kooperationen entscheide sich daran, mit wem es thematische Schnittmengen gibt. "Das werden wir in den anstehenden Gesprächen sehen", so Falkowski. Klar ist nur: Die Grünen werden keinen eigenen Kandidaten ins Rennen um das Bezirksbürgermeisteramt schicken.
  • Bürger Bund Bonn: "Wir sind zu Gesprächen mit allen bereit, die endlich etwas für Bad Godesberg tun wollen", sagte gestern Bezirksverordneter Marcel Schmitt, "allerdings: Mit Lippenbekenntnissen wird es nicht getan sein. Kriterium für eine Zusammenarbeit ist es, wer unseren eigenen Kernforderungen am ehesten entspricht", so Schmitt.
  • FDP: Keine Aussage zu potentiellen Partnern, das war gestern auch die Haltung von Bad Godesbergs FDP-Chef Ulrich Hauschild: Lediglich eine eigene Kandidatur als Bezirksbürgermeister mochte er mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit ausschließen. Denkbar sei hingegen aus Sicht der FDP grundsätzlich schon, Alternativen zu den Volksparteien zu unterstützen. "All das müssen wir jetzt erst einmal intern besprechen", sagte Hauschild, der die zurückliegende Kooperation mit der CDU als "einzige Enttäuschung" bezeichnete und sich über das Abschneiden seiner eigenen Partei trotz der Verluste von über vier Prozentpunkten spürbar erleichtert zeigte: "Wir haben dem Bundestrend und dem Quotenkeller getrotzt. Jetzt geht es darum, den 'Sechsjahresvertrag' mit den Wählern abzuarbeiten", so Hauschild.
  • Linke: "Mit dem konstanten Ergebnis ist unsere Arbeit von den Wählern honoriert worden", sagte Einzelmitglied Ralf Jochen Ehresmann von der Linkspartei. Zur Bürgermeisterwahl meinte er vielsagend: "Die Wahl der CDU-Kandidatin dürfte für unsere Wählerschaft kaum vermittelbar sein".
  • Die Godesberger: Sie sind die Überraschung dieser Wahl und erreichten aus dem Stand 5,7 Prozent. "Parteipolitisch unabhängig und nur daran orientiert, was unserem Godesberg von Nutzen ist, möchte ich meine Erfahrung und Verbundenheit in die Bezirksvertretung einbringen", sagte der künftige Bezirksverordnete Juppi Schaefer gestern. Eine Ankündigung zog er gestern erst einmal zurück: Als Bezirksbürgermeister will er am 12. Juni doch nicht kandidieren.
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