Wohnen in Lengsdorf Ehepaar soll 2233 Euro für "Wertverbesserung" zahlen

LENGSDORF · Wer seinen Fuß in diesen Garten setzt, sollte besser Ohrstöpsel benutzen: Ein gepflegter Rasen hinter der Terrasse, ein Swimmingpool und eine akkurat geschnittene Hecke sind zu sehen. Doch wer die Ohrstöpsel entfernt, hört ihn sofort: Verkehrslärm rund um die Uhr. Unmittelbar hinter der Hecke liegen Zu- und Abfahrt von der A565.

 Für viele ein Wohn-Albtraum: Gleich hinter dem Garten liegen die Auf- und Abfahrten der Autobahn-Anschlussstelle Hardtberg. Auch die gepflanzte Hecke hält den Lärm kaum ab. Trotzdem will die Stadt für die angebliche Wertverbesserung nun kassieren.

Für viele ein Wohn-Albtraum: Gleich hinter dem Garten liegen die Auf- und Abfahrten der Autobahn-Anschlussstelle Hardtberg. Auch die gepflanzte Hecke hält den Lärm kaum ab. Trotzdem will die Stadt für die angebliche Wertverbesserung nun kassieren.

Foto: Rolf Kleinfeld

Die Anschlussstelle Hardtberg entstand wie der Konrad-Adenauer-Damm im Zuge der Entwicklungsmaßnahme Hardtberg. Und für diese verbesserte Infrastruktur, wozu neben Straßen auch Schulen, Kitas und Naherholungsgebiete zählen, werden die Bürger mit Ausgleichsbeträgen herangezogen. In diesem Fall jedoch will die Familie nicht bezahlen.

Das Argument ist nachvollziehbar. "Als wir 1971 hier eingezogen sind, gab es noch keine Autobahnauffahrt und auch noch kein Gewerbegebiet Am Kirchbüchel", erinnern sich Elisabeth und Manfred Hochgürtel. "Wir lebten wunderbar im Grünen. Aber jetzt haben wir seit vielen Jahren den Verkehrslärm der Autobahn." Man habe sich zwar im Laufe der Zeit daran gewöhnt. Als die Stadt jetzt aber einen Bescheid schickte und 2233 Euro als Ausgleichsbetrag festlegte, war Schluss mit lustig. Familie Hochgürtel schaltete ihren Anwalt Peter Josef Blösser ein.

"Dass meine Mandantschaft aufgrund der verheerenden Verkehrssituation, die durch die Entwicklungsmaßnahme entstanden ist, noch einen Ausgleichsbetrag zahlen soll, entbehrt nicht einer gewissen Komik", schrieb dieser zunächst ans Bauordnungsamt. "Statt über eine Werterhöhung wäre es angebracht, über eine Entschädigung zu diskutieren."

Die Antwort des Amtes: Man habe bereits für das betroffene Grundstück einen Abschlag gewährt. Eine weitere Reduzierung oder ein kompletter Verzicht sei leider nicht möglich. Werde nicht gezahlt, komme ein Säumniszuschlag von monatlich einem Prozent hinzu, plus Mahnkosten. Der Zahlungstermin war auf vorigen Montag festgesetzt worden. Die Familie zahlte nicht.

Denn zwischenzeitlich hatte Rechtsanwalt Blösser eine Klage gegen die Stadt eingereicht. Er fordert eine Freistellung von den Kosten, weil durch die Entwicklungsmaßnahme in diesem Fall "eher Schäden als Vorteile" geschaffen worden seien. Erschwerend hinzukommt, dass Familie Hochgürtel bereits Erschließungskosten für ihr Grundstück bezahlt hat - und zwar 7132,84 Mark im Jahr 1971. Und da beginnt die Misere für die Stadt Bonn.

Denn weil das Grundstück später der Entwicklungsmaßnahme Hardtberg zugeordnet wurde (und damit über die Ausgleichsbeträge abgerechnet werden sollte), zahlte die Stadt das Geld 1996 zurück - allerdings an den Falschen. Der Betrag wurde an den Vorbesitzer überwiesen, der die Situation offenbar nutzte und das Geld behielt, obwohl er schon seit 25 Jahren nicht mehr Eigentümer war.

Für den Anwalt ist die Sache damit klar: Die Stadt könne sich nicht auf die Erstattung der Vorauszahlung berufen, sondern habe einen Fehler gemacht, der seinen Mandanten nicht anzulasten sei. Die Zahlung nach so vielen Jahren nachzuweisen, ist normalerweise schwierig. Doch nicht in einem gut sortierten Haushalt. Die Familie wurde in den alten Akten fündig: "Wir haben die Quittung, dass wir vor über 40 Jahren das Geld bezahlt haben, immer noch." Der Mann, der die Rückzahlung bekam, ist auch aus dem Schneider, die Sache ist verjährt. Der Schwarze Peter, wenn es denn der Richter ebenso sieht, könnte am Ende dort hängen bleiben, wo der Fehler gemacht wurde - bei der Stadt Bonn.

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