Barrierefrei oder nicht? Der irre Bahnhofsstreit

DUISDORF · Wann beginnt die Barrierefreiheit? Und wie viel Umweg ist zumutbar für Eltern mit Kinderwagen, Behinderte und Senioren, die nicht die Unterführung benutzen? Über diese Frage streiten sich derzeit die beiden Bonner Landtagsabgeordneten Renate Hendricks (SPD) und Rolf Beu (Grüne) am Beispiel des Duisdorfer Bahnhofs.

Und dabei fliegen die Pfeile munter hin und her.

Akt eins des irren Bahnhofs-Streits: Hendricks bemängelt, der Bahnhof müsse endlich barrierefrei werden, aufgrund der mangelhaften Situation (also der momentanen Vollsperrung des Übergangs Bahnhofstraße) müsse die Bahn endlich auch den Bau von Aufzügen überprüfen. Denn der Weg über den Übergang sei immer dann zu, wenn Züge vorbeifahren.

Akt zwei: Beu konterte: Der Bahnhof sei bereits barrierefrei, denn normalerweise könne man ja über den Bahnübergang gehen. Zwar sei das durch die Sperrung des Übergangs aktuell nicht möglich, was sicher nicht schön sei, aber, so Beu: Hendricks Forderung sei populistisch und nicht sachgerecht.

Akt drei: Die SPD-Politikerin lässt sich das nicht gefallen, schlägt zurück und rühmt sich am Montag in einer Pressemitteilung: Der Bahnhof mag ja nach Definition der Bahn und auch von Herrn Beu barrierefrei sein, aber die SPD hinterfrage schließlich, ob im Sinne der Bürger keine besseren Lösungen vor Ort machbar seien.

Und überhaupt: Der 150 Meter lange Weg vom Busausstieg zum Bahnübergang könne sich schnell auf 300 Meter summieren, wenn man das Gleis wechseln muss, um zum Bus zu kommen oder umgekehrt. Und SPD-Ratsfrau Gabi Mayer ergänzt: Für Eltern mit Kinderwagen, Behinderte und viele Ältere sei der Weg über den Bahnübergang eine große Hürde.

Akt vier: Beu redet sich in Rage. Anders als von einer Ortspolitikerin, die Klientelpolitik für ihren Weiler mache, erwarte er von einer Landtagsabgeordneten, sich vorher sachkundig zu machen, auch wenn sie sich sonst nicht mit Verkehrspolitik beschäftige.

„Von den mehr als 600 Bahnhöfen in NRW sind 50 Prozent überhaupt nicht barrierefrei“, so Beu. Man müsse nur nach Godesberg oder Mehlem schauen. „Wenn überhaupt ein Bahnhof bgehindertengerecht ist, dann der in Duisdorf.“

Der Bahnhof Duisdorf

Die 31 Kilometer lange Eisenbahnstrecke von Bonn nach Euskirchen existiert schon mehr als 130 Jahre und wurde seitdem verändert, erweitert und verbessert. Gerade erst wurde der Abschnitt Duisdorf-Witterschlick zweigleisig ausgebaut.

Als die Strecke 1880 eingeweiht wurde, dauerte die Fahrt noch 89 Minuten, heute sind es 69 Minuten. Die Strecke startete eingleisig, mit untergeordneter Bedeutung, wurde erst 1890 "Vollbahn".

1994 wurde der Zentrale Busbahnhof Duisdorf als neuer Verkehrsknoten für die Linienbusse eingeweiht, die den Bahnhof seitdem als Drehscheibe nutzen. Schon damals gab es 100 Park & Ride-Plätze, die Voreifelbahn fuhr im 15-Minuten-Takt.

Ende 2004 gingen in Duisdorf die neuen Bahnsteige mitsamt Unterführung für die RB 23 in Betrieb, die damals als behindertengerecht gelobt wurden.

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