Studentenwohnheim in Duisdorf "My Studio" ist jetzt ein Insolvenzfall

DUISDORF · Die Werbung klang gut, die Internet-Präsentation sieht prima aus: Das Gebäude an der René-Schickele-Straße 7, gegenüber der Realschule, sollte mal das bunteste Haus Bonns werden, ein gemütliches und exklusives Zuhause für 60 Studenten - für "Führungskräfte, Nobelpreisträger, Diplomaten, Firmengründer von morgen", wie es hieß.

Doch diese erfolgreichen Leute von morgen wollen sich nicht mehr mit ihren miesen Wohnbedingungen von heute abfinden und warnen nun andere Kommilitonen vor dem Abschluss eines Mietvertrags. "Ich entdeckte plötzlich, dass eine Wand vor Schimmel ganz grün war", sagt ein Bewohner. Eine junge Frau erzählt: "Bei mir kam nach einer Woche Wasser aus der Deckenlampe und ich habe nun Angst, dass es wieder rein regnet."

Die Wohnungen riechen muffig. Auf dem offenbar noch unfertigen Flachdach, wo noch Baumaterial lagert, steht Wasser. Eine dritte Studentin sagt: "In meine Klospülung floss Heißwasser. Die Handwerker sagten mir, hier seien alle Leitungen falsch angeschlossen." Die Dachentwässerung ist allem Anschein nach provisorisch, denn die Fallrohre münden im Hinterhof, der laut Prospekt Bäume haben sollte. Und einen Boule-Platz.

In diesem Objekt, das früher ein Schulungszentrum war und ab 2008 umgebaut wurde, ist kaum etwas wie versprochen: Die Sauna - unfertig, der Fitnessraum - nicht vorhanden, die TV-"Lounge" - ein düsteres Kellerloch, die Tiefgarage - nicht nutzbar, der Concierge am Eingang - nicht vorhanden. Die Beschwerden laufen ins Leere, sagen die Mieter.

Dafür sind die Mietpreise stattlich, mit 14 Euro pro Quadratmeter. "Ich zahle 500 Euro warm für 30 Quadratmeter, und jetzt hat fast jeder Mieter eine Betriebskosten-Nachzahlung von 800 Euro bekommen", sagt ein Bewohner. Allerdings: Wegen der Baumängel haben einige bereits ihre Miete um 30 Prozent gemindert, etliche Apartments stehen leer.

Unzufrieden ist auch der Kunstmaler Otto Günter Altena, von dem die nicht umgesetzten Farbideen stammen. Immerhin bekam er sein Entwurfshonorar. "Das war aber unschön, weil ich rund ein Viertel davon zurückzahlen musste, da das Geld in der Konkursmasse war." Der Farbberater fühlt sich als Künstler missbraucht, weil seine Ideen im Prospekt nur benutzt worden seien, um den Verkauf anzukurbeln. "Ich bin damit auch ein Betrogener."

Doch die wirklich Leidtragenden sind nicht die Mieter, sondern die vielen Eigentümer der Apartments, die ihr Geld hier als Kapitalanlage investiert haben. Das meint Horst-Christian Rathei, Geschäftsführer der ProImmobilia aus Göttingen, die für die Hausverwaltung zuständig ist. "Der Fall hat eine Komplexität, die sie gar nicht überblicken können", sagt er im Gespräch mit dem GA.

In groben Zügen: Es habe mehrere Insolvenzen von Baufirmen und Subunternehmen gegeben, die für schlimme Schicksale im Hintergrund gesorgt hätten. Will sagen: Bei diesem Projekt hätten viele Anleger viel Geld verloren, manche ihr ganzes Vermögen. "Wenn wir könnten, wie wir wollten, wären wir schon weiter", sagt Rathei. Aber das hänge von rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Und im Moment befinde man sich in einem Vakuum. "Wir bedauern, dass der Bau noch nicht fertig ist."

Man arbeite daran, die finanzielle Basis zu schaffen, damit das Objekt 2014 fertig werden kann. Allerdings müssten die verbliebenen Eigentümer nicht unerhebliche Summen nachlegen. Die ProImmobilia Hausverwaltung sei dabei nur der Verwalter, aber nicht der Schuldige an der Misere.

Von einer Bauruine wollte Rathei nicht sprechen. Die Frage nach der Höhe der Mietpreise für die Studenten stelle sich ihm nicht, sagt er. Und er findet: "Es wird ja keiner gezwungen, dort zu wohnen." Wer sich auf die Internet-Präsentation verlasse, sei selbst schuld. Denn jeder sehe ja vor Ort, in welchem Zustand das Objekt sei. "Und wer sich beschwert, kann ja kündigen."

Von Seiten der Stadt Bonn findet man alles in Ordnung. Das Bauordnungsamt sei weder aus Sicherheitsgründen eingeschaltet, noch seien dort desolate Zustände bekannt, sagte eine Sprecherin. Man wisse nur, dass es unterschiedliche Insolvenzen gegeben und Bauherren gewechselt haben. Die Baustelle laufe daher schleppend, aber darauf habe die Stadt keinen Einfluss.

In dem Internet-Prospekt, der den Studenten schönes Wohnen versprach, wird auch den Anlegern ein tolles Objekt vorgegaukelt. Doch schon da wird im ersten Satz gewarnt: Es handele sich um eine Investition, "die generell mit dem Risiko einer wirtschaftlichen Verschlechterung behaftet ist."

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