Ausgleichsbeträge im Stadtbezirk Mängel bei der Berechnung der Bescheide

DUISDORF/LENGSDORF · Haben die Alteigentümer von Grundstücken in Duisdorf und Lengsdorf bei ihrer Kostenbeteiligung für die moderne Infrastruktur des Stadtbezirks zu tief in die Tasche greifen müssen? Zehn Hausbesitzer haben jedenfalls jetzt eine Reduzierung ihrer Ausgleichsbeträge durchgesetzt und bekommen von der Stadt Geld zurück, nachdem sie geklagt hatten.

 Einer der Kläger: Rechtsanwalt Peter Josef Blößer einigte sich mit der Stadt auf einen Vergleich.

Einer der Kläger: Rechtsanwalt Peter Josef Blößer einigte sich mit der Stadt auf einen Vergleich.

Foto: Rolf Kleinfeld

Bei der mündlichen Verhandlung im Dezember befand das Verwaltungsgericht Köln, es gebe grundsätzliche Mängel bei der Berechnung der Ausgleichsbeträge, wie sie vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte der Stadt festgelegt worden waren. Das rechtfertige es, in jedem Einzelfall ein Obergutachten einzuholen.

Da dies jedoch für alle Beteiligten erhebliche Kosten und Risiken nach sich ziehe, die je nach Endurteil von Klägern oder Beklagten zu tragen seien, schlug das Gericht im Wege des Vergleichs vor: Die Stadt reduziert den gezahlten Betrag um zehn Prozent und die Sache ist vom Tisch. Die Verfahrenskosten sollten zwischen den Parteien geteilt werden.

Gesagt, getan: Alle Seiten stimmten dem jetzt zu. Wie die Stadt Bonn bestätigte, sei zwar für das Gericht unstreitig gewesen, dass die Kläger zahlen müssten, strittig sei aber die Höhe. Neun Bescheide seien um jeweils 10 Prozent reduziert worden, in einem Sonderfall sei eine weitergehende Reduzierung erfolgt. Die Stadt räumte auch ein, dass die Kammer Bedenken gegen die Methodik der eingeholten Gutachten der Behörde hatte.

Was dahinter steckt, erklärt Peter Josef Blößer, einer der Kläger. Er habe für sein Haus in der Witterschlicker Straße ja nicht nur Vorteile durch die Entwicklungsmaßnahme gehabt, sondern auch Nachteile. "Zum Beispiel sind der Konrad-Adenauer-Damm und die Derlestraße in dem Zuge neu gebaut worden, was für uns ja auch eine zusätzliche Lärmbelastung mit sich brachte", sagt er.

"Oder die Bürobauten in der Heilsbachstraße haben dafür gesorgt, dass dort und auch bei uns vor der Tür weniger Parkplätze zu bekommen sind." Vorteile wie den Bau des Derletals seien für ihn dagegen nicht so gravierend, argumentiert der Rechtsanwalt. "Früher gab es da auch Felder, Wald und ein Naherholungsgebiet mit Bach, das wir nutzen konnten."

Jedenfalls wollte er die Wertverbesserung, die in seinem Fall und für die anderen Eigentümer im Unterdorf auf 20 Euro pro Quadratmeter festgelegt wurde, nicht akzeptieren. Mit dem nun getroffenen Vergleich sinkt der Betrag um jene zehn Prozent auf 18 Euro, was bedeutet: Blößer bekommt von den bezahlten 10 720 Euro von der Stadt 1072 Euro zurück.

Was bedeutet das für alle anderen Eigentümer, die nicht geklagt haben, sondern anstandslos zahlten? "Es gibt die Möglichkeit des Wiederaufnahmeverfahrens", sagt Blößer und würde Betroffenen erst mal raten, die Stadt mit Hinweis auf den Vergleichsfall aufzufordern, ebenfalls den zehnprozentigen "Rabatt" einzuräumen. Für die Rochusstraße, wo sogar höhere Beträge als für das Unterdorf gefordert wurden, seien eventuell noch höhere Reduzierungen drin, glaubt er.

Doch die Stadt machte schon mal gegenüber dem GA klar, dass sie dazu nicht bereit ist. Aus der Entwicklungsmaßnahme Hardtberg sind insgesamt bereits knapp 400 rechtskräftige Ausgleichsbetragsbescheide ergangen, gegen die es keine Einwendungen gegeben habe, sagte ein Sprecher des Presseamtes. Eine pauschale Minderung scheide schon allein deshalb aus, weil der Ausgleichsbetrag für jedes Grundstück individuell zu ermitteln sei.

Die Vergleiche würden nur Wirkung zwischen den daran beteiligten Parteien entfalten. Allerdings werde die Verwaltung bei der Ermittlung der noch ausstehenden etwa 50 Ausgleichsbeträge die Hinweise des Gerichts hinsichtlich des eingeholten Gutachtens berücksichtigen, kündigte die Stadt an.

Dass ein Antrag auf Wiederaufnahme nicht ausreicht, weil die Bescheide schon rechtskräftig sind, glaubt auch Hans-Ulrich Schneider, der als zuständiger Mitarbeiter der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft ein Fachmann für die Entwicklungsmaßnahme ist. "Einen generellen Rabatt darf die Stadt gar nicht gewähren, dann würde sie sich rechtlich angreifbar machen." Und selbst wenn man das Fass wieder aufmachen würde, könnten für die Betroffenen am Ende auch höhere Beträge heraus kommen, wenn zum Beispiel bei der Berechnung keine Flächen mehr abgezogen werden.

Im übrigen, so Schneider, mache das für den Einzelnen finanziell nicht so viel aus. "Die meisten Bescheide haben für einen 250 Quadratmeter Altbau Ausgleichsbeträge von etwa 5000 Euro verlangt." Und da sei ein Abschlag von 500 Euro eher zu vernachlässigen, wenn man die Verfahrenskosten gegenrechne.

Entwicklungsmaßnahme Hardtberg

Die Entwicklungsmaßnahme Hardtberg wurde 1972 vom Land NRW durch Rechtsverordnung festgelegt, Ende des Jahres 2012 lief das Programm aus. Das Bonner Büro der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK) wickelt das Projekt seit 1965 im Auftrag der Stadt ab. Bund, Stadt, Land und private Investoren steckten in der Zeit rund zwei Milliarden Euro in Bonns kleinsten Stadtbezirk.

Die Umstrukturierung des ehemaliges Amtes Duisdorf mit all seinen kleinen Orten zählt zu den größten Stadtentwicklungsprojekten der Bundesrepublik. Die wichtigsten Einzelmaßnahmen waren die Entwicklung des Ortsteils Brüser Berg, des Naherholungsgebietes Derletal und die Neugestaltung des Bahnhofes Duisdorf mit dem Bau des Omnibusbahnhofes.

Das letzte Projekt ist der Wohnpark Hardtberg, dessen Bau im November begonnen hat und der Neubauten für rund 300 Menschen schafft. Nach Ablauf der Förderzeit ist die Stadt verpflichtet, die Ausgleichsbeträge für Bund und Land einzutreiben.

Das Argument: Alle Grundstückseigentümer im Gebiet der Entwicklungsmaßnahme haben durch die vielen geförderten Infrastrukturverbesserungen eine Wertsteigerung ihres Eigentums erfahren. Deshalb werden sie dafür zur Kasse gebeten.

Im Gegenzug waren von den betroffenen Bürgern seinerzeit keine Erschließungsbeiträge für ihre Grundstücke bezahlt worden. Laut Stadt stehen noch rund 50 Bescheide zum Verschicken aus, und zwar für die Rochusstraße, das duisdorfer Oberdorf sowie Teile von Lengsdorf.

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