Beratungsstelle Adelante Erste Hilfe nach möglichem Missbrauch

BONN · Vor kurzem war eine verzweifelte Familie da. Die bange Frage, ob das Kind außer Haus Missbrauch erfahren haben könnte, lässt die Eltern nicht mehr los.

 Expertenteam für Ratsuchende: Gisela Mengelberg (v.l.), Sylvia Dachsel, Corinna Wild, Jörg Jaegers und Heike Thiemann.

Expertenteam für Ratsuchende: Gisela Mengelberg (v.l.), Sylvia Dachsel, Corinna Wild, Jörg Jaegers und Heike Thiemann.

Foto: AGENBERG-MILIU

"Es ist nicht immer leicht zu erkennen, inwieweit das Wohlergehen eines Kindes gefährdet ist oder was zu tun ist, um es effektiv zu schützen", sagt Jörg Jaegers von der Bonner Beratungsstelle Adelante. Wurde diesem Kind wirklich Leid angetan? Der Therapeut, der in Mainz die Praxis "Zentrum für Wandlung" betreibt, hört erst einmal genau zu.

Beratung ausschließlich im direkten Gespräch

"Um persönliche Antworten bieten zu können, beraten wir ausschließlich im direkten Gespräch", erläutert Kollegin Heike Thiemann. Und zwar können nicht nur möglicherweise Betroffene, sondern auch Menschen, die in der öffentlichen oder freien Jugendhilfe tätig sind und unsicher sind, ob in einem konkreten Fall eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, bei den Experten vorsprechen. "Wir überlegen dann gemeinsam, was der nächste Schritt sein kann." Adelante bedeutet vorwärts. "Wir sind ein Team von fachlich fundiert ausgebildeten Experten, die über langjährige Erfahrung in der Arbeit mit traumatisierten Menschen verfügen", sagt Gisela Mengelberg. Der Weg raus aus den Folgen traumatisierender Ereignisse oder Lebensabschnitte sei für alle Kollegen "gelebte Wirklichkeit".

20 ehrenamtliche Mitarbeiter

Die 20 Mitarbeiter sind nach dem Start in der Südstadt in den neuen Räumen in Duisdorf ehrenamtlich tätig. Im Hauptberuf sind sie Psychologen, Therapeuten, Heilpraktiker, Ärzte und Pädagogen. "Unser Engagement wurde 2010 mit der Missbrauchswelle angestoßen. Wir haben uns dann 2011 entschlossen, als Experten bei der Aufarbeitung nicht hintenan zu stehen", berichtet Jaegers. Er habe sich im Verlauf des Skandals besonders entrüstet, "wie enttäuschend sich die kirchlichen Würdenträger über die unsäglichen Brutalitäten äußerten, die ihre Glaubensbrüder auf dem Gewissen haben". Man wolle helfen, dass die Opfer bald aus ihrer tragischen Situation herauswachsen könnten.

Das könne eine langwierige Therapie nötig machen, zu der man im Ernstfall rate. Genauso wichtig sei es aber, die den Missbrauch begünstigenden Rahmenbedingungen herauszuarbeiten. "Den bundesweit eingerichteten Runden Tisch gegen Missbrauch sehen wir als einen Anfang an, dass ein Erwachen in der Gesellschaft stattfindet", so Jaeger. Drei bis vier Hilfesuchenden pro Tag stünden die Kollegen Rede und Antwort, so Thiemann. Und Mengelberg berichtet von der erfolgreich gelaufenen ersten Fortbildung für die städtischen Integrationslotsen. "Für die ist es enorm wichtig, zu verstehen, wie extrem die einreisenden Flüchtlinge unter einem Trauma leiden können."

Traumatisierte Menschen akzeptierten die Mechanismen der Verdrängung oft fälschlicherweise als unveränderbare Charaktereigenschaften, unter denen sie litten und wegen derer sie sich minderwertig fühlten, erläutert Jaegers.

Kontakt

Adelante, Rochusstraße 110, Tel. 02 28/909 768 55. Offene Beratung: Montag 19-21 Uhr, Mittwoch 9-11 Uhr, Freitag 15-17 Uhr.

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