Lesung auf dem Brüser Berg Christoph Reuter spricht über den Islamischen Staat

BRÜSER BERG · Schwadronen schwarz gekleideter IS-Kämpfer, die mit Raketen auf den Ladeflächen von Pick-ups durch die Gegend fahren, Bilder von der unglaublichen Zerstörung bedeutender Kulturdenkmäler. Seit Jahren verbreitet das IS-Regime Angst und Schrecken - nicht nur in der arabischen Welt.

 Die Lesung mit Christoph Reuter musste wegen der großen Nachfrage in die Emmaus-Kirche verlegt werden.

Die Lesung mit Christoph Reuter musste wegen der großen Nachfrage in die Emmaus-Kirche verlegt werden.

Foto: Roland Kohls

Heute gilt die Gruppe als die gefährlichste Terrormiliz der Welt. Nach dem brutalen Eroberungszug im Jahr 2014 herrscht der Islamische Staat heute über mehr als fünf Millionen Menschen.

Doch woher kommen die "Gotteskrieger"? Wie konnten sie eine solche Bedrohung werden? Das interessierte die rund 100 Besucher, die zu einer Lesung mit dem Spiegel-Korrespondenten und Buchautor Christoph Reuter auf den Brüser Berg gekommen waren. In seinem Buch "Die schwarze Macht: Der Islamische Staat und die Strategen des Terrors" beschäftigt er sich mit dem präzise geplanten Aufstieg der Dschihadisten.

Dafür hat er sich mit den Aufzeichnungen von Hadschi Bakr, einem ehemaligen irakischen Offizier aus der Armee Saddam Husseins, auseinandergesetzt. 2003 war dieser arbeitslos geworden und frustriert, nachdem die US-Verwaltung die irakische Armee aufgelöst hatte.

Bakr soll von 2006 bis 2008 in Abu Ghraib und im Camp Bucca inhaftiert gewesen sein, in dem auch der spätere IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi einsaß. Im Januar 2014 getötet, hatte Bakr den Islamischen Staat regelrecht am Schreibtisch geplant.

Bei seinen Zielen verfolgte er zwei Strategien. Er schuf ein perfides System der Spionage. "Unter dem Vorwand, religiöse Missionszentren zu bauen, warb er in den Dörfern Männer an. Sie sollten für ihn spionieren", so Reuter. "Jeder wurde von jedem überwacht und bespitzelt." Damit habe die Miliz alle und alles kontrolliert. Durch die Erpressung von Schutzgeldern habe man zudem das finanzielle Fundament für die Umsetzung der Ziele gelegt.

"Zudem schuf er das Muster vom nützlichen Feind", so Reuter. Dabei habe Bakr zwei Todfeinde für einige Zeit gegeneinander ausgespielt und aufgehetzt. Getreu dem Motto: "Arbeite mit deinen Feinden zusammen, um deine Ziele weiterzuverfolgen", so der Journalist und Autor. Auf die Art waren seine Feinde damit beschäftigt, sich untereinander zu bekämpfen, Bakr hingegen konnte ungestört an seinem Plan weiterarbeiten.

Falls der Krieg noch lange andauert, dann wird Syrien zerfallen. Davon ist Reuter überzeugt. Daran ändert seiner Meinung nach auch das Eingreifen der russischen Truppen nichts. Im Gegenteil: "Damit rückt Frieden in weite Ferne. Zerfällt das Land, ist das der größte Gefallen, den man dem IS tun kann."

Kirchenasyl musste an diesem Abend Veranstalter Jalal Rostami Gooran beantragen. Denn das Interesse an der Lesung und Diskussion mit Christoph Reuter war so groß, dass der Inhaber der Buchhandlung Goethe & Hafis die Veranstaltung von seinem Ladenlokal in die evangelische Emmaus-Kirche verlegen musste.

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