Jägerschaft Bonn Neuer Chef für 1.100 Bonner Jäger

Duisdorf · Lutz Schorn will die Jägerschaft stärker in Richtung Naturschutz ausrichten. Der 51-Jährige hat den Jagdschein bereits vor dem Abitur gemacht. Grundsätzlich hat er etwas gegen übermäßigen Tierschutz, der Tiere auf eine Stufe mit Menschen stellt.

 Wenn Lutz Schorn im Revier unterwegs ist, hat er immer seinen Jagdhund Finja dabei.

Wenn Lutz Schorn im Revier unterwegs ist, hat er immer seinen Jagdhund Finja dabei.

Foto: Rolf Kleinfeld

Sein Jagdrevier reicht von Lengsdorf bis Röttgen. Dort ist Lutz Schorn in seiner Freizeit oft anzutreffen. Doch sein Verantwortungsbereich ist inzwischen noch größer: Der 51-jährige Duisdorfer wurde kürzlich zum Vorsitzenden der Jägerschaft Bonn gewählt, einer Vereinigung mit immerhin 1100 Mitgliedern.

Nach 20 Jahren, in denen Reinhard Wolf der Chef der Jäger war, will Schorn die Vereinsarbeit etwas anders ausrichten – mehr in Richtung Naturschutz. Grundsätzlich, so sagt er, müsse man unterscheiden zwischen der Jagd in offenem Gelände, wie es in Bonn häufig anzutreffen sei, und der Jagd im Kottenforst. „Und hier bei uns ist das Konfliktpotenzial ein anderes als in der Eifel, wo man auf dem Hochsitz seine Ruhe hat.“

Deshalb gelte es, die Bevölkerung aufzuklären, dass die Jäger mit ihren Flinten nicht nur das tun, wofür sie bekannt sind. „Die eigentliche Jagd macht nur rund zehn Prozent unserer Tätigkeit aus.“ Besonders wenn es um Naturschutz gehe, müsse man auch Biotope und Nistkästen anlegen, um den Tierarten zu helfen, die Natur beobachten, freischneiden und Flächen mulchen.

Rehkitze in Gefahr

Außerdem versuchen Jäger und Landwirte in diesen Tagen, junges Wild vor dem Mähen der Felder und Wiesen zu retten. Die Landwirte schneiden die Wiesen, wie inzwischen vorgeschrieben, kreisförmig von innen nach außen, damit die Tiere möglichst viel Zeit haben, davonzulaufen. Weil Rehkitze das bei Gefahr nicht tun, sondern sich ducken, werden am Tag vor der Mahd Scheuchen oder Plastiktüten aufgestellt, damit die Ricken auf diese Beunruhigung reagieren und ihre Kitze an einen sicheren Ort bringen.

Wenn Jäger die Wiesen absuchen, ergreifen ihre Jagdhunde die gefundenen Jungtiere nicht, sondern zeigen sie ihren Hundeführern nur an. Jäger und Helfer betten das gefundene Jungwild dann auf große Grasbüschel und legen es an einem sicheren Platz ab. „Wer Mitte Mai/Anfang Juni Rehkitze in Wald und Feld findet, sollte sie auf keinen Fall anfassen“, sagt Schorn. „Man lässt die Kitze am besten unberührt an ihren Lagerstätten, markiert diese und informiert einen Jäger oder Landwirt.“

Den Jungtieren drohe ansonsten der Tod, weil die Muttertiere von der menschlichen Witterung so stark abgeschreckt werden, dass sie ihren Nachwuchs nicht mehr annehmen. Schorn appelliert auch an Hundehalter, in Wald und Flur jetzt ganz besonders auf ihre Tiere achtzugeben und sie zur Sicherheit lieber ständig an die Leine zu nehmen.

Natur ist kein Kuschelzoo

Die Jäger haben sich inzwischen das Motto „Bewahren statt Ernten“ auf die Fahnen geschrieben. So habe man seit sechs Jahren keine Hasen mehr geschossen, um den Bestand zu stabilisieren. Dafür wurden allerdings im vorigen Jahr in Lengsdorf 30 Füchse erlegt, welche die Hasen bekanntlich jagen. „Denn das regelt sich nicht von selbst. Auch Kaninchen und Tauben müssen bejagt werden, weil sie sonst die Felder abfressen“, sagt Schorn, der seit acht Jahren auch Jagdberater der Stadt Bonn ist. Dasselbe gelte für das Schalenwild, das die Eichensprösslinge im Wald abfrisst. „Und da müssen wir als Jäger die Tiere bejagen, um einen artenreichen Mischwald zu gewährleisten.“

Schorn ist in seinem Metier ein alter Hase. Der 51-Jährige, der beruflich das „Hotel zum wilden Schwein“ in Duisdorf betreibt, hat seinen Jagdschein schon vorm Abitur gemacht. Und nach wie vor wendet er sich gegen einen übermäßigen Tierschutz, bei dem die Tiere auf eine Stufe mit Menschen gestellt werden.

„Die Natur ist kein Kuschelzoo, da geht es um fressen und gefressen werden“, stellt Schorn klar, der auch einräumt, Freude an der Jagd und über einen leckeren Braten zu empfinden. „Denn mehr Bio geht nicht, außerdem sind Jäger die einzigen Naturschützer, die eine staatliche Prüfung absolvieren müssen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort