Radios auf Lengsdorfer Wiesen Musik soll Rehkitzen das Leben retten

Lengsdorf · Wer abends entlang der Wiesen im Katzenlochbachtal oberhalb von Lengsdorf spazieren geht, muss sich nicht wundern, plötzlich die neuesten Hits von Justin Timberlake, Mark Forster oder Sia zu hören. Es hat was mit den Tieren zu tun.

 Stellen eine der Radiokisten auf: Lutz Schorn (links) und Mimmo Sicorello mit Jagdhündin Finja.

Stellen eine der Radiokisten auf: Lutz Schorn (links) und Mimmo Sicorello mit Jagdhündin Finja.

Foto: Stella Schorn

Ein Griff zum Handy in der Tasche nutzt nichts: Das spielt nicht. Vielmehr kommt die Musik aus kleinen Kisten, in der sich Spezialradios befinden. Mit Radio Bonn/Rhein-Sieg und WDR 2 will Jagdpächter Lutz Schorn Häschen und Rehkitzen das Leben retten.

„Die angekündigte Schönwetterperiode lässt die Bonner Landwirte derzeit zum längst überfälligen Heuschnitt ausrücken“, sagt Schorn. Das Problem: Gerade in den hoch stehenden Wiesen fänden viele Wildtiere Schutz und Nahrung.

„Das kann ihnen jetzt zum Verhängnis werden.“ Besonders Jungtiere würden sich oft auf ihren angeborenen Duckinstinkt verlassen, erklärt Schorn. Statt vor dem anrollenden Mähwerk zu flüchten, „bleiben sie ruhig liegen und verlassen sich auf ihre Tarnung“. Immer wieder komme es vor, dass junge Bodenbrüter, Hasen und Rehkitze unter die Maschinen geraten.

Damit das nicht passiert, gibt es mehrere Methoden: So suchen viele Bonner Jäger derzeit die Wiesen mit ausgebildeten Jagdhunden ab und bringen die gefundenen Jungtiere mit Handschuhen in Sicherheit. Sie werden in Waldflächen direkt neben der Wiese abgelegt, damit die Muttertiere sie schnell wieder finden.

Jäger haben auch schon zahlreiche Wildretter selbst gebaut – kleine Geräte, die einen lauten Sirenenton abgeben und vorne am Mähwerk angebracht werden. Damit werden ältere Jungtiere aufgeschreckt und können sich so vor den todbringenden Maschinen in Sicherheit bringen.

Schorn schwört dagegen auf Radios in Holzkisten, die einen Tag vor der Mahd auf Eisenstangen auf die Wiese gesetzt werden. Ein Dämmerungsschalter sorgt dafür, dass das Programm erst abends beginnt.

Damit sich kein Tier daran gewöhnt, gehen die Geräte zwischendurch immer mal wieder aus. Ricke und Häsin fühlen sich dann so beunruhigt, „dass sie ihren Nachwuchs schnellstmöglich aus der Gefahrenzone herausführen“, sagt Schorn. Er hat aber noch nicht herausgefunden, welcher Moderator die höchste Reißausquote erreicht.

Schorn hatte vor ein paar Jahren schon mal Wildschweine mit Radio beschallt. Da ging es aber weniger darum, ihnen das Leben zu retten. Vielmehr sollten die Borstentiere so vertrieben werden, damit sie nicht das Getreide auf den Ückesdorfer Feldern fressen. Die Aktion war damals sehr erfolgreich und sorgte deshalb für Aufsehen, da sich Spaziergänger über die Musik gewundert hatten.

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