Musiker Manfred Rothe Er bringt die Orgel zum Klingen

Duisdorf · Wer fast sein gesamtes Leben Orgel gespielt hat, und das sogar so gut, dass Kollegen ihm bescheinigen, er bringe das Instrument zum Klingen, sollte seine Tätigkeit am Spieltisch eigentlich lieben. Aber Manfred W. Rothe, der seit 70 Jahren Organist ist, bleibt dabei: Die Orgel ist für den ehemaligen Kantor der Matthäikirche immer ein ungeliebtes Ding geblieben.

 Manfred W. Rothe, ehemaliger Kantor der Matthäikirche, übernimmt auch heute noch ab und zu Orgelvertretungen.

Manfred W. Rothe, ehemaliger Kantor der Matthäikirche, übernimmt auch heute noch ab und zu Orgelvertretungen.

Foto: Roland Kohls

„Bei einer Geige kann ich den Ton durch das Fingervibrato modellieren, bei der Orgel drücke ich die Taste und man kann den Ton dann nicht mehr beeinflussen, weil sich das Ventil öffnet und der Wind sofort in die Pfeifen geht“, sagt er. Trotzdem: Er studierte Kirchenmusik in Greifswald und blieb auch dabei, nachdem er die DDR 1959 verließ (ein Stasi-Offizier rückte ihm damals unangenehm auf den Pelz).

Wie auch immer: 1967 verlieh ihm die evangelische Landeskirche den Titel des Kantors, 1972 kam er an die Matthäikirche nach Duisdorf, wo er bis zu seiner Pensionierung 1997 blieb und die Klais-Orgel bediente. Auch danach übernahm er immer wieder Orgelvertretungen in den Gottesdiensten. „Aber jetzt stehe ich nicht mehr auf der Liste“, sagt er. Dafür spielt er manchmal noch samstags bei der Messe im Malteser-Krankenhaus das Instrument.

„Ich wäre lieber Dirigent geworden“, so Rothe. „Und in geringem Maße habe ich das geschafft.“ Nicht so bescheiden: Rothe „erfand“ die Duisdorfer Bachtage, führte große Oratorien auf, komponierte Auftragswerke, schrieb Filmmusiken für ARD und ZDF und hospitierte bei Konzertmeistern wie Herbert von Karajan, Lorin Maazel oder Karl Böhm. Beim berühmten Karajan? „Ja“, lacht Rothe. „Aber der war mit Vorsicht zu genießen, noch mehr der Böhm.“

Inzwischen fällt es ihm schwerer, die Orgel zu spielen – die Krankheiten im Alter gehen nicht spurlos vorbei. „Ich kann nicht mehr so lange sitzen.“ Die Rückenschmerzen hat er sich auch durch das Spiel eingehandelt, das sei eine Organisten-Krankheit. „Man sitzt nur zum Teil auf der Orgelbank, weil man auch die Beine bewegen muss“, erklärt Rothe. „Ein Professor hat mir erklärt, dass dadurch immer leichte Drehbewegungen im Rückgrat entstehen.“

Rothe hatte das Glück, als Kind in eine musikalische Familie geboren worden zu sein. „Bei uns zu Hause spielte jeder mindestens drei Instrumente und es gab ein Familienorchester, das formt“, sagt der 84-Jährige. Damals gab es kaum Radio und kein Fernsehen, Schallplatten waren eine Seltenheit. „Heute bedudeln sich die Leute und wollen gar nicht selbst Musik machen“, ist seine Erfahrung.

Insofern ist Rothe froh, dass er nie Musikunterricht in einer Schule geben musste. Statt dessen dies: „Ich spiele am liebsten Orchester“, juxt er und meint zu seinem Berufsleben: „Aber wenn ich die Orgel schon berufsmäßig traktiere, dann soll auch was Gescheites rauskommen.“

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