Brot wie vor 120 Jahren Diese Läden in Duisdorf haben Tradition

Duisdorf · In Duisdorf gibt es Betriebe in vierter und fünfter Generation. Schell's Eck, die Polsterei Schreiber und Bestattungen Vitt zum Beispiel blicken auf lange Familientraditionen zurück.

Trotz steter Veränderung in den Einkaufsmeilen, die mit Leerständen und dem häufigen Wechsel von Geschäften zu tun haben, gibt es immer noch Läden oder Betriebe, denen es gelingt, sich über Generationen am Ort zu behaupten. Rechnerisch lässt sich von etwa 25 bis 30 Jahren ausgehen, die zwischen den jeweiligen Generationen liegen. So sind die schon in vierter oder fünften Generation geführten Duisdorfer Unternehmungen bereits seit Mitte oder Ende des 19. Jahrhunderts in stolzem Familienbesitz.

„Meine Mutter erzählt immer, wenn andere Kinder im Sandkasten Burgen bauten, hätte ich im Paniermehl gespielt“, sagt Markus Schell (49), der in der vierten Generation vieles richtig gemacht zu haben scheint: Ihm gelingt es mit seinem Café „Schell's Eck“, sich gegenüber den Filialisten unter den Bäckern genauso zu behaupten, wie gegenüber den Discountern: „Viele unserer Kunden wissen das Handwerk wieder zu schätzen“, macht der Bäcker und Konditor die Erfahrung. Sein Erfolg sei nicht nur in der Qualität, sondern auch in seiner Möglichkeit begründet, auf spezielle Kundenwünsche einzugehen.

„Vor rund 50 Jahren gab's noch acht Bäckereien in Duisdorf“, weiß Mutter Gertrud, die ihren Sohn im Laden unterstützt. Auch ihr Mann Heinz-Josef hilft immer noch gerne in der Backstube aus. Das Backen gehört zur Familie Schell. Heute sind sie die letzten, die ihr Brot und Gebäck noch aus dem eigenen Backofen in Duisdorf holen. Dazu gehört auch ihr weit über Duisdorf hinaus beliebtes Rheinisches Schwarzbrot, das heute noch genauso wie vor 120 Jahren hergestellt wird. „Willst du dich mit Klitschko messen, musst du Schells Schwarzbrot essen!“, erinnert Vater Heinz-Josef an einen Spruch, der von seinem Vater Heinrich noch mit „Schmeling“ zum Besten gegeben worden war.

Schwarzbrot wird sogar versendet

Heute versendet Markus Schell das Brot an Liebhaber in ganz Deutschland. Dass sein Geschäft nur durch den persönlichen Einsatz von mindestens 15 Stunden am Tag zu erhalten ist, erklärt Schell mit einem Satz: „Das kannst du alles nur mit Herzblut machen.“ Sein Lächeln dabei verrät, dass das noch lange so sein wird.

Zur „Erlernung des Sattlerhandwerks“ schloss Josef Kessel am 1. Juli 1883 in Duisdorf einen Lehrvertrag mit dem Vater eines minderjährigen Sohnes aus Rheinbach, in dem sich dieser verpflichtete, an Meister Kessel 37 Mark für „frei Schläfen und bürgerliches Essen“ seines Sohnes zu zahlen. Meister Kessel sicherte im Gegenzug zu, „den Lehrling mit Liebe und Sanftmut zu behandeln“. Mit größter Vorsicht entfaltet Anneliese Schreiber (71, geb. Kessel) das 135 Jahre alte, in Deutscher Schreibschrift (Kurrentschrift) verfasste Vertragspapier. Es gehört zu den wenigen Schriftstücken, die auf ein mögliches Gründungsdatum der heutigen Polsterei Schreiber in der Duisdorfer Schmittstraße verweisen.

„Das genaue Datum kennen wir nicht, an dem mein Urgroßvater seinen Betrieb eröffnet hat“, sagt Frau Schreiber, die mit ihrem Mann Joseph (74) dem Traditionsgeschäft durch die Übergabe an Sohn Bernd (47) eine Zukunft in der fünften Generation gesichert haben. „Die wenigsten Raumausstatter können heute ja noch polstern“, sagt Schreiber und sieht es rückblickend als gute Entscheidung, sich vor 25 Jahren von ihrem Ladenlokal getrennt und den Schwerpunkt des Betriebs auf die Polsterei gelegt zu haben. „Handwerk hat goldenen Boden“, sagt sie lachend und schiebt schnell noch hinterher, dass sie jedoch noch weit davon entfernt seien, sich zur Ruhe zu setzen.

Vom Systemelektroniker zum Bestatter

„Versuchen Sie mal, die Qualität einer Dienstleistung zu bewerten, die Sie zuvor noch nie in Anspruch genommen haben“, beschreibt Bestatter Thomas Reitelbach (39) das Dilemma, in dem sein Gewerbe zunächst oft nur nach dem Preis und nicht nach ihrer Qualität beurteilt werde. Schließlich kämen die wenigsten seiner Kunden freiwillig in das Bestattungsinstitut an der Rochusstraße. Doch Reitelbach klagt auf hohem Niveau. Schließlich führt er das alteingesessene Unternehmen in der fünften Generation. Da hat sich die Qualität des Duisdorfer Traditionsunternehmens längst herumgesprochen.

Wider die eigene Lebensplanung begann für ihn das Leben als Bestatter erst 2005. Bis dahin war er erfolgreich als Systemelektroniker unterwegs. Zum 130-jährigen Bestehen von Bestattungen Vitt bat ihn sein Vater anlässlich einer Gewerbeschau in Duisdorf um Unterstützung. Sohn Thomas kam und blieb. Das Bestatterhandwerk war ihm nicht fremd. Er wusste, auf was er sich einließ. Nach umfangreichen Aus- und Weiterbildungen weiß er heute, „dass es vieles in unserem Beruf gibt, was man nicht erlernen kann“. Damit meint er weniger den Umgang mit Verstorbenen, als den mit den Lebenden.

Wer ihm begegnet, versteht schnell, dass er keine Probleme damit hat: Reitelbach ist ein empathischer Mensch, der sensibel genug erscheint, sich in die Situation seines Gegenübers einzufühlen. Auf die Frage, ob er es erlebe, dass Menschen in seinem Umfeld Berührungsängste bekommen, wenn sie erfahren, dass er Bestatter sei, schmunzelt Reitelbach und sagt, dass eher das Gegenteil der Fall sei: „Die Menschen wollen ganz viel von mir wissen und haben viele Fragen.“

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