Handchirurgie am Malteser-Krankenhaus Der Daumen ist wieder dran

MEDINGHOVEN · Es war nur ein Moment der Unachtsamkeit: Als Reiner Giesa (58) vor vier Monaten bei der Arbeit mit der linken Hand in einen rotierenden Bohrer geriet und sein linker Daumen abriss, hätte er sich nicht vorstellen können, dass er diesen je wieder nutzen kann.

 Der linke Daumen ist wieder dran: Reiner Giesa findet, dass Martin Richter und sein Team gute Arbeit geleistet haben.

Der linke Daumen ist wieder dran: Reiner Giesa findet, dass Martin Richter und sein Team gute Arbeit geleistet haben.

Foto: Barbara Frommann

Doch einer der Spezialisten im Malteser-Krankenhaus, Oberarzt Dr. Bernd von Maydell, schaffte es in einer vierstündigen OP, den Daumen mitsamt Nerven und Gefäßen wieder anzunähen, sodass dieser heute wieder funktionsfähig ist.

Das ist kein Einzelfall. Zwar gibt es in dem Haus in Medinghoven schon seit 1986 eine handchirurgische Abteilung, doch seit es als Klinik mit anerkanntem Hand-Trauma-Center zertifiziert ist, hat sich das Krankenhaus auf dem Hardtberg einen deutschlandweiten Ruf erworben. Seit September ist die Handchirurgie zudem ein anerkanntes Handschwerstverletztenzentrum, wohin Menschen gebracht werden, die bei einem Arbeitsunfall eine schwere Verletzung an den Händen erlitten haben.

Schon jetzt werden im Malteser-Krankenhaus pro Jahr mehr als 2000 Operationen an der Hand durchgeführt. "Ein Unfallchirurg macht alles, wir machen hier nur Hände", bringt es Dr. Martin Richter, der Chefarzt des Hand-Trauma-Centers, auf den Punkt. Ob Replantationen oder Mikrochirurgie-Eingriffe, "das können nicht viele in Bonn", sagt er. Einmal operierte Richter sogar 16 Stunden bei einer Patientin, die mit beiden Händen in eine Kreissäge geraten war.

Für Patient Giesa war der Transport ins Malteser-Krankenhaus ein Glücksfall, sagt er. Sein Daumen ist zwar noch sehr empfindlich, und das letzte Glied wird steif bleiben, weil Sehne und Nerven bei dem Unfall mit rausgerissen wurden. Aber: "Die Durchblutung ist gewährleistet, das ist die Hauptsache", sagt Richter.

Dass Giesa gleich an die richtige Adresse geraten ist, hat auch mit der Information im Hintergrund zu tun. "Die Notärzte wissen, wo sie mit solchen Verletzungen hin müssen", sagt Dr. Richter. Gerade der Daumen sei für die Patienten im Alltag extrem wichtig. "Wenn ein Finger fehlt, ist das nicht ganz so schlimm. Aber ohne Daumen kann man nichts greifen."

Giesa, der nur zwei Wochen stationär bleiben musste, ist jedenfalls "richtig happy" und sagte gestern dem GA: "Dass ich mit der Hand wieder etwas packen kann, ist für mich wie ein Sechser im Lotto." Und Dr. Richter räumt noch mit einem falschen Tipp auf. "Das Schlimmste ist, ein abgerissenes Körperteil auf Eis zu legen, wie oft geraten wird. Denn bei solchen Temperaturen stirbt das Gewebe ab." Am besten sei es, Gliedmaßen trocken und bei vier Grad zu lagern, bis die Klinik erreicht sei.

Ein anerkanntes "Handschwerstverletztenzentrum"

Das Malteser-Krankenhaus wurde 2011 als Hand-Trauma-Center anerkannt. Im September 2014 kam die Anerkennung als Handschwerstverletztenzentrum durch die Berufsgenossenschaften hinzu. Damit ist das Krankenhaus als Spezialzentrum für Arbeitsunfälle an Hand und Hangelenk anerkannt. Hinter der Zertifizierung zu einem der wenigen Handschwerstverletztenzentren in Deutschland steckt auch eine neue gesetzliche Verfügung, welche die Versorgung von Patienten durch die Berufsgenossenschaften regelt.

Somit dürfen Schwerstverletzte nur noch in speziellen Zentren behandelt werden sollen. Hintergrund ist, dass bei rund 40 Prozent aller Arbeitsunfälle die Hände betroffen sind und die Erstversorgung entscheidend für die Heilung ist. Kriterien für beide Zertifikate sind ein 24-Stunden-Notdienst für Hand-OPs und ein Team mit mindestens drei erfahrenen Handchirurgen. Im Malteser-Krankenhaus gibt es deren sogar sechs.

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