Neubaugebiet in Bonn-Röttgen Bauordnungsamt verbietet Steinwüsten am Hölder

Röttgen · Zahlreiche Hausbesitzer im Neubaugebiet Am Hölder in Bonn-Röttgen haben Post vom Bauordnungsamt bekommen. Darin werden sie aufgefordert, ihre zugepflasterten Vorgärten zurückzubauen.

 Nur graue Schottersteine liegen im Vorgarten dieses Hauses im Neubaugebiet am Hölder.

Nur graue Schottersteine liegen im Vorgarten dieses Hauses im Neubaugebiet am Hölder.

Foto: Benjamin Westhoff

Verwundert lesen die etwa 170 Eigentümer von Einfamilienhäusern im Neubaugebiet Am Hölder ein Schreiben der Amtsleiterin des Bauordnungsamtes, Sigrun Scharf. Thema sind Schottergärten. Die sind, statt mit Blumen bepflanzt, mit Steinen verfüllt. Rund 30 Schottergärten haben Verwaltungsmitarbeiter bei Kontrollen in dem Gebiet ausgemacht. Außerdem bemängeln sie, dass Vorgärten großflächig gepflastert wurden – als weitere Stellplätze für Autos.

Ausdrücklich will Scharf „nicht die optische Wirkung von Schottergärten bewerten“. Aber die ökologische Wirkung. In dem dreiseitigen Schreiben wirbt sie für den klassisch bepflanzten Vorgarten und argumentiert gegen Steinwüsten. „Es würde mich freuen, wenn meine Argumente Sie überzeugen konnten und schon bald nicht mehr Schotter und Pflastersteine das Straßenbild Ihres Neubaugebietes prägen, sondern unbefestigte, begrünte und bepflanzte Vorgärten.“ Sie setze auf Verbesserung und Umgestaltung aus eigener Überzeugung. Dies sei in jedem Fall behördlichem Druck vorzuziehen. Der vorletzte Satz lässt wegen des scharfen Tons aufmerken: „Bewirkt mein heutiges Schreiben allerdings keine Umgestaltung beziehungsweise werden weitere Schottergärten angelegt, so muss ich mir vorbehalten, entsprechende Änderungen gegebenenfalls auch durch behördliche Maßnahmen zu erreichen.“

Schreiben sorgt für Verärgerung

Rechtsgrundlage ist laut Scharf der Paragraf 8 der NRW-Bauordnung. Danach sind die nicht überbauten Flächen „wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen“. Weil aber bei Schlussabnahmen und Kontrollen im derzeit aktuellsten Bonner Baugebiet die Zahl der Schottergärten und durchgepflasterten Vorgärten aufgefallen sei, habe das Bauordnungsamt „einen Rundumschlag gestartet und alle Bewohner angeschrieben. Es ist das erste Mal, dass wir so vorgehen“, sagt Scharf. „Eine Ordnungsverfügung will ich eigentlich vermeiden.“ Ihr wäre schon recht, wenn die Eigentümer zumindest einige Pflanzen in die Steinwüste setzen würden.

Das Schreiben vom Bauordnungsamt sorge für Irritation und Verärgerung, hat Anwohner David Lutz in Gesprächen mit Nachbarn erfahren. Der CDU-Stadtverordnete lebt seit vier Jahren im Neubaugebiet Hölder. Nur noch wenige Grundstücke sind unbebaut. Das heißt, die meisten der rund 375 geplanten Wohneinheiten mit hochgerechnet rund 1000 Neubürgern sind bezogen – hauptsächlich von Familien.

Viele Vorgärten sind komplett gepflastert

„Im Grunde“ findet Lutz das Anschreiben des Bauordnungsamtes „gut. Es sensibilisiert die Bauherren für das Problem“. Angesichts der Androhung behördlicher Maßnahmen ist er jedoch irritiert. Lutz glaubt nicht, dass die Eigentümer, zumal sie noch gar nicht so lange im neuen Haus wohnen, nun die Kosten für einen Rückbau tragen wollen. „Und überhaupt, warum wird jetzt der Hölder herausgepickt? Das hätte die Verwaltung den Bauherren vorher sagen sollen.“ So sieht das auch Neubürger Christian Wrampelmeyer, „Unmöglich. Das hat sich die Stadt zu spät überlegt.“

Bei einem Gang durch das Neubaugebiet wird freilich sichtbar, wie hoch der Anteil versiegelter Flächen ist. Vor vielen Häusern sind Garageneinfahrt und Vorgarten komplett durchgepflastert. Dort können mehrere Autos abgestellt werden. „Von Anfang an war das Parken im Neubaugebiet ein Ärgerthema. Es gibt viel zu wenig Parkplätze im öffentlichen Raum. Hausbesitzer haben notgedrungen eine Lösung auf ihrem Grundstück geschaffen“, sagt Lutz. In einigen Straßenzügen kämen auf 40 Anwohner gerade mal vier öffentliche Parkplätze.

Als das Baugebiet vor 30 Jahren auf dem Reißbrett entworfen wurde, gingen Planer von einem Auto pro Familie aus. Heute sind es mindestens zwei. „Aus organisatorischen Gründen und weil oft beide Eltern berufstätig sind, brauchen junge Familien hier oben zwei Autos. Es ist recht ländlich. Das macht einerseits den Charme des Gebiets aus. Andererseits fehlt eine direkte Anbindung. Die alltäglichen Wege sind relativ weit.“

Immerhin: Mehr Grün soll der Hölder bald bekommen. Die Bäume in den Straßenzügen fehlen noch. Derzeit wirken die Baumscheiben als Platzhalter noch unwirtlich und dienen bestenfalls als Parkplatz, was aber vom Ordnungsamt nicht gern gesehen und als Ordnungswidrigkeit geahndet wird.

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