Rettung aus dem Flüchtlingslager Ahmad Kiwan will seine Familie aus Syrien nach Bonn holen

BRÜSER BERG · Zerbombte Häuser, zerstörte Städte, traumatisierte Menschen: Seit Monaten herrscht in Syrien ein erbitterter Bürgerkrieg. Während das Schicksal der Flüchtlinge bisher fast ausschließlich über die Medien verbreitet wurde, rückt deren Leid jetzt für die Mitglieder der Katholischen Kirchengemeinde St. Rochus und Augustinus in greifbare Nähe.

Der syrischstämmige Ahmad Kiwan, der mit seiner Frau im Pfarrbezirk zu Hause ist, will seine Familie aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland holen. "Sie haben alles verloren und müssen täglich um ihr Leben bangen", sagt er sichtlich geschockt.

Seit Wochen versucht er Eltern und Geschwister in Sicherheit zu bringen. "Insgesamt 26 Personen, davon 16 Kinder zwischen 1 und 17 Jahren", ergänzt er. "Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, wie schwierig das sein wird. Ich wollte meine Familie einfach nur retten", berichtet der 37-Jährige, der in Bonn als Wirtschaftsinformatiker arbeitet. Anhand von Geburtsurkunden musste jedes Familienmitglied in der Deutschen Botschaft in Jordanien erst einmal nachweisen, dass es mit Ahmad Kiwan tatsächlich verwandt ist.

Diese bürokratischen Hürden sind bereits genommen, jetzt warten Mutter, Vater, Brüder, Schwestern und Neffen darauf, endlich das ersehnte Visum zu bekommen. "Man kann sich gar nicht vorstellen, unter welchen Bedingungen die Flüchtlinge derzeit leben. Das Haus meiner Eltern wurde durch Raketen vollkommen zerstört, zwei Onkel und mehrere Neffen wurden bereits getötet", beschreibt er das Schicksal seiner Familie.

Doch bevor Ahmad Kiwan seine Lieben wieder in die Arme schließen kann, muss er noch eine Mammutaufgabe stemmen. Denn er muss nicht nur rund 13.000 Euro für die Flüge aufbringen, sondern er bürgt auch dafür, dass der Lebensunterhalt der Familie hier gesichert ist. "300 Euro pro Flüchtling und Monat muss ich nachweisen", rechnet er vor - ein enormer Betrag, für den er nicht alleine geradestehen kann. "Drei Freunde von mir haben mit mir dafür gebürgt", sagt er dankbar.

Trotzdem: Selbst wenn die syrischen Flüchtlinge hierzulande krankenversichert sind und die Kinder die Schule besuchen können, muss alles andere innerhalb der Familie bewerkstelligt werden. "Sie werden nur mit dem kommen, was sie am Leib tragen und in einer Tasche haben", so Kiwan. Es fehlt also an allem: an Wohnungen, Möbeln, Kleidern und Spielsachen für die Kinder.

Unterstützung bekommt er jetzt allerdings von der Kirchengemeinde St. Rochus und Augustinus. Sie hilft dem 37-Jährigen nicht nur bei der Wohnungssuche - mindestens vier werden für alle benötigt - , sondern sie rührt auch die Werbetrommel, sammelt Spenden und versucht, Kontakte zu vermitteln, um den Neuanfang in Deutschland menschenwürdig zu gestalten.

Auch wenn das Einleben für seine Familie sicher nicht leicht sein wird, ist Ahmad Kiwan erst einmal froh, wenn alle hier sind. "Sicher wird es nicht einfach werden. Aber meine Geschwister haben alle studiert und arbeiteten vor dem Krieg als Chirurg, Zahnarzt oder Bauingenieur. Sie sind alle hoch qualifiziert und werden hoffentlich schnell Arbeit finden."

Bis alle wieder in Sicherheit zusammen sind, werden zwar noch einige Wochen vergehen, Ahmad Kiwan freut sich aber schon jetzt wie ein Kind auf den 21. Januar. Denn "wenn alles klappt, kommen an diesem Tag meine Eltern aus Jordanien hier an". Gerade für den 75-jährigen Vater und die 70-jährige Mutter sei es jedoch besonders schmerzhaft, ihre Heimat in Richtung Deutschland zu verlassen und in diesem Alter noch einmal einen Neuanfang zu wagen.

  • Wer Ahmad Kiwan helfen will, kann sich ab dem Wochenende im Internet unter www.au-ro-ed.de informieren
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