Angst vor Strahlung in Wohngebieten Ärger wegen umstrittener Funkmastanlage in Bonn

Hardtberg · Der Antrag für eine 45 Meter hohe Funkmastanlage zwischen Röttgen und Ückesdorf sorgt für Kritik. Die Initiative „Mobilfunk Ückesdorf/Röttgen“ fordert ein externes Gutachten und ein Funkmastenkonzept der Stadt.

 Die Sendemasten werden auch auf Wohnhausdächern installiert, wie hier auf einem Haus an der Straße „An den Steinen“ in Ückesdorf.

Die Sendemasten werden auch auf Wohnhausdächern installiert, wie hier auf einem Haus an der Straße „An den Steinen“ in Ückesdorf.

Foto: Jutta Specht

40 Standorte mit Mobilfunksendeanlagen gibt es in Hardtberg. Im gesamten Bonner Stadtgebiet verzeichnete die Verwaltung 2017 insgesamt 289 Standorte. Der 290. ist beim Bauordnungsamt in Arbeit. An der Witterschlicker Allee im Landschaftsschutzgebiet zwischen Ückesdorf und Röttgen will ein Mobilfunkbetreiber nahe der Autobahn 565 einen 45 Meter hohen Antennenmast aufstellen und dazu eine städtische Fläche mieten. Der Sendemast diene dem Lückenschluss in der Mobilfunkversorgung an diesem Autobahnabschnitt, so die Begründung.

Der Naturschutzbeirat hatte in seiner März-Sitzung zugestimmt, die Untere Naturschutzbehörde ebenfalls – es fehlt noch grünes Licht aus dem Hauptausschuss. Die Sache wäre ohne viel Aufhebens über die Bühne gegangen, hätte sich nicht die Initiative „Mobilfunk Ückesdorf/Röttgen“ mit einem Bürgerantrag an die Bonner Bezirksvertretung gewandt.

Initiative will externen Sachverständigen hinzuziehen

„Wir sind für eine gute Mobilfunkversorgung und nicht gegen den Sendemast“, erläuterte der Sprecher der Initiative, Christoph Dahlhausen, in der Bezirksvertretung. Was sie will, hat größere Reichweite. Die Immissionsbelastung durch die Strahlung, die von Mobilfunkanlagen ausgeht, soll so gering wie möglich gehalten werden, damit mögliche Gesundheitsschäden vermieden werden. Die Initiative mahnt eine „verantwortliche Vorsorgepolitik der Kommune“ an. Daher fordert sie ein städtisches Mobilfunkkonzept. Als erstes soll ein unabhängiger Gutachter die Situation analysieren. In einem Ort bei Tübingen habe eine solche Analyse die Strahlungsbelastung für die Bevölkerung um 93 Prozent reduziert, so Dahlhausen.

Die Verwaltung vertritt den Standpunkt, dass Geld für einen externen Gutachter – etwa 8000 bis 10 000 Euro – im Haushalt nicht zur Verfügung stehe. Sie verweist auf die Bundesnetzagentur, die verpflichtet sei, elektromagnetische Felder um Funkanlagen regelmäßig zu messen. Allerdings sind in Röttgen und Ückesdorf bislang keine Messungen durchgeführt worden. In Ippendorf wurde nach Recherche der Initiative zuletzt 2004 und auf der Waldau im Jahr 2000 gemessen.

Dahlhausen hält diese Messungen jedoch für unzureichend. Die Bundesnetzagentur untersuche lediglich im Außenbereich in 1,50 Metern Höhe über dem Boden. „Da ergeben sich oft deutlich niedrigere Werte, als dort, wo die Menschen sich in mehrstöckigen Häusern aufhalten.“

Nachdem die Initiative alle Mobilfunkstandorte in Röttgen und Ückesdorf unter die Lupe genommen hat, gelangte sie zu der Einschätzung, dass „der Ausbau des Mobilfunknetzes in den beiden Orten nicht dem Beschluss des Hauptausschusses von 2006 entspricht“. Damals sei festgelegt worden, das Mobilfunknetz in dicht besiedelten Gebieten aus Gründen des Immissionsschutzes kleinzelliger aufzubauen. In Außenbezirken, wo sich Standorte mit größerem Abstand zum Wohngebiet finden lassen, soll es weniger Standorte mit jeweils höherer Sendeleistung geben. „In Röttgen decken die verschiedenen Betreiber mit 87 Funkanlagen an nur vier Standorten den gesamten Ort ab. Das heißt, sie benötigen eine hohe Reichweite und damit deutlich höhere Sendeleistungen als bei einer kleinzelligen Versorgung“, kritisiert die Initiative.

Ein Standort befindet sich mitten im Wohngebiet

Ein Standort mit 37 Funkanlagen befindet sich im Turm der katholischen Kirche Christi Auferstehung am Herzogsfreudenweg, mitten im Wohngebiet, in der Nähe von Kindergarten und Grundschule. Im nämlichen Beschluss heißt es jedoch: Im Umkreis von hundert Metern um sogenannte sensible Kindereinrichtungen sollen alternative Standorte geprüft werden. Allerdings hält es die Verwaltung für „nicht wahrscheinlich, dass die Mobilfunknetzbetreiber einem grundsätzlichen Umbau ihrer Netze zustimmen werden“.

Das Eingeständnis über mangelnde Einflussmöglichkeiten war ein Ansatzpunkt für die Politiker der Bezirksvertretung, einzuhaken. „Im aktuellen Fall will der Betreiber eine städtische Fläche mieten, daher können wir Einfluss nehmen, ob nicht Funkanlagen aus dem Ort an diesen Mast verlagert werden können“, schlug Bezirksbürgermeisterin Brigitta Poppe-Reiners (Grüne) vor. Dahlhausen erinnerte daran, dass für diese Fragen und als Kontrollorgan eigentlich ein Arbeitskreis Mobilfunk eingesetzt sei. Seit 2017 ist dieser nicht mehr einberufen worden. Laut Dahlhausen wurden aber 2017 alleine in Röttgen und Ückesdorf 66 Funkanlagen neu genehmigt.

Mit einer Gegenstimme hat die Bezirksvertretung die Verwaltung beauftragt, einem unabhängigen Experten die Standortanalyse zu übertragen und bei anderen Kommunen deren Mobilfunkkonzept abzufragen. Außerdem soll der Umweltausschuss zur Beratung hinzugezogen werden.

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