Unterricht im LVR-Landesmuseum Warum das bönnsche G so jeck ist

BONN · Es steht schlecht um die bönnsche Sproch. "Der hiesige Dialekt verschwindet immer mehr aus dem Alltag, weil ihn kaum noch jemand so spricht", sagt Joe Tillmann. Für eine gesprochene Sprache wie Bönnsch sei das verheerend, weil sie mit all ihren Eigenheiten eben nicht aufgeschrieben, sondern von Generation zu Generation weitergegeben werde.

 Unterricht im LVR-Landesmuseum: Valerie und Opa Günter Rüdig (links) wollen Bönnsch lernen. Joe Tillmann kennt sich mit dem hiesigen Dialekt bestens aus.

Unterricht im LVR-Landesmuseum: Valerie und Opa Günter Rüdig (links) wollen Bönnsch lernen. Joe Tillmann kennt sich mit dem hiesigen Dialekt bestens aus.

Foto: Nicolas Ottersbach

Um sie zu erhalten, hat Tillmann vor einiger Zeit mit dem Festausschuss Bonner Karneval den Bönnsch-Unterricht für Kinder ins Leben gerufen. Am Samstag gab es im LVR-Landesmuseum die erste Doppelstunde für Erwachsene. Ganz platt: "Bönnsch füe de Famillich".

Die Einladung nahm Günter Rüdig gerne an und brachte seine fünf Enkelinnen mit. Viele Worte kannte er schon, obwohl Bönnsch zu Hause kaum noch eine Rolle spielt. Rosenkohl musste er aber ein paar Mal wiederholen, bis die Vokabel saß. "Poppeköchekäppesje" sei schließlich schon fast ein Zungenbrecher, wie Tillmann bemerkte. Für Rüdigs Enkelin Valerie war das besonders schwierig, weil sie in Brüssel lebt.

"Wir versuchen, so viel rheinische Kultur wie möglich zu leben", erzählte ihre Mutter Alexandra Rüdig. Karneval und Sankt Martin seien die wichtigsten bönnschen Termine im Jahr, zu denen die Familie auch regelmäßig ins Rheinland komme. Laterne und Kostüme würden schon im fernen Brüssel gefertigt. Die Heimatliebe geht sogar so weit, dass Alexandra Rüdig für die Geburt ihrer Tochter ins Marienhospital kam, damit sie eine "echte Bonnerin" wird.

Exkurs in die bönnsche Sprache

Die Kleinen merkten sich eine Menge von dem, was Tillmann und der Projektchor "Bönnsche Pänz" vortrugen. Etwa die Entstehung des Ortsnamens Wesseling. "Der kommt von Wechsel die Ling", erklärte Tillmann. Denn als noch Pferde die Lastkähne den Rhein aufwärts zogen, wurde in der Höhe von Wesseling das Gespann gewechselt. Die Kinder sangen das "Ludwigsleedche", "Kutt erup" und das Lied über Jebhard von Truchsess, der bekanntlich der Grund dafür ist, dass die Godesburg heute nur noch eine Ruine ist. Der Kölner Bischof wurde nämlich Protestant und heiratete. Das nahm ihm der Papst krumm. Jebhard verschanzte sich in der Godesburg - und der Papst schickte seine Soldaten.

Zum bönnschen Exkurs gehörte auch das jecke G. Das ist deshalb so jeck, weil es sich in fünf verschiedene Aussprachen verwandeln kann: J wie in "Jeck", CH wie in "Froch" ("Frage"), R wie in "frore" ("fragen"), SCH wie in "Spillzeusch" ("Spielzeug") und ein langes A wie in "jesaat" ("gesagt").

Für Andreas Hennemann, der in Bonn aufgewachsen ist, war das nichts Neues. "Aber höchstens die alten Bauern in Röttgen reden noch so", sagte er. Es komme aber nicht nur auf den Ortsteil, sondern auch die Zeit an. Das sah auch Tillmann so. "An traditionellen Tagen wie Karneval und Sankt Martin halten wir unser Bönnsch noch mal richtig hoch, das ist wichtig", sagte er. Und deshalb werde der Dialekt, der sich stets weiterentwickele, trotz schlechter Aussichten noch einige Zeit erhalten bleiben.

Bönnsche Wörter:

  • Quanten: Füße
  • Äppel: Äpfel
  • Äepel: Kartoffeln
  • Flöns: Blutwurst
  • flöck: schnell
  • Bützje: Kuss
  • Botz: Hose
  • luure: schauen,
  • schwade: reden
  • Mömmes: Popel
  • Kappes: Kohl
  • Schavur: Wirsing
  • drüsch Brüütche: trockenes Brötchen

Bönnsch mit französischem Ursprung:

  • Enkeur de Bleck: Dekolleté
  • Prummetaat: Pflaumenkuchen
  • Plümo: Bettdecke
  • Trottewa: Bürgersteig
  • Portemonee: Geldbörse
  • Plüschprum: Pfirsich
  • Komkomere: Gurke
  • Uss de Lameng: Aus dem Ärmel schütteln.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort