Müllverwertungsanlage in Bonn Stadtwerke sehen Pläne von NRW-Umweltminister mit Skepsis

BONN · Müll soll zukünftig dort verbrannt werden, wo er entstanden ist. So sieht es NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Die 16 Müllverwertungsanlagen (MVA) in Nordrhein-Westfalen sollen nach einem "Prinzip der Nähe" beliefert werden.

 250.000 Tonnen Müll verwertet die MVA im Jahr.

250.000 Tonnen Müll verwertet die MVA im Jahr.

Foto: Volker Lannert

So steht es auch im Abfallwirtschaftsplan, der bislang allerdings nur im Entwurf vorliegt. Einen Grund für den sogenannten "Mülltourismus" sieht Remmel in vorhandenen Überkapazitäten.

Wie wird der Verstoß des Ministers bei den Stadtwerken Bonn, dem Betreiber der hiesige MVA, gesehen? Und welche Auswirkungen hätte eine Verringerung der Kapazitäten? Mit diesen Fragen befasst sich nun auch eine Anfrage der Bonner Linksfraktion, die heute Abend im nicht-öffentlichen Teil der Ratssitzung behandelt wird.

Manfred Becker, Geschäftsführer der Bonner MVA, hält eine Verringerung nicht für sinnvoll. "Zwar ist die Menge der Siedlungsabfälle in den vergangenen Jahren zurückgegangen, zeitgleich sind die gewerblichen Abfälle aber mehr geworden - die lässt der NRW-Umweltminister aber bei seinen Überlegungen weitgehend außer Acht."

Mit ihren drei Linien verbrennt die Bonner MVA jährlich rund 250.000 Tonnen Müll und ist damit fast ausgelastet. Der Bonner Siedlungsabfall macht davon rund 68.000 Tonnen aus, 95.000 Tonnen kommen über den privaten Abfallentsorger Remondis aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Das soll ab 2016 dann über die direkt mit dem Kreis geschlossene Rheinischen Entsorgungs-Kooperation (REK) geschehen. Partnerschaften mit weiteren Kommunen sind angestrebt.

Die übrigen Kapazitäten werden mit Gewerbemüll ausgelastet, der über die Tochtergesellschaft Returo angeliefert wird. Die wirbt auf ihrer Internetseite explizit mit ihrer Expertise im europaweiten Abfallhandel. Denn der gewerbliche Müll wird nicht nur aus der Region und aus Deutschland angeliefert, sondern auch aus Italien, Großbritannien oder den Niederlanden. Und das ist Remmel ein Dorn im Auge.

Auch Linkenfraktionschef Michael Faber bewertet den "ökologische Preis" für dieser Vorgehen als "zu hoch". Anders sieht das MVA-Geschäftsführer Becker: "Ich halte es für sinnvoll und notwendig, auch gewerbliche Abfälle in unserer Anlage, also auf eine umweltschonende, nachhaltige Weise zu verarbeiten." Die Strecke, die der Müll zurücklegt, sei also nur ein Aspekt mit Blick auf die Umwelt.

Eine Frage, die eng an die der Kapazitäten geknüpft ist, ist die der Berechnung der Verbrennungspreise. Wiederholt waren nordrhein-westfälische Anlagen in der Kritik, weil sie die Fixkosten den Kommunen aufbrummten, um Kampfpreise für private Kunden anzubieten. "Den Niedrigpreisen für gehandelten Müll stehen recht hohe Kosten für den Hausmüll gegenüber", kritisiert auch Faber. Rund 155 Euro kostet die Verwertung des Bonner Siedlungsmülls pro Tonne, während der Marktpreis für den gewerblichen Abfall derzeit bei rund 70 Euro liegt.

"Der Preisunterschied kommt zustande, weil die Voraussetzungen ganz andere sind: Den Kommunen geben wir im Gegensatz zum Gewerbe eine Versorgungsgarantie", sagt Becker. Selbstverständlich würden in Bonn bei der Berechnung der Preise die Fixkosten nur anteilig berücksichtig und Erlöse aus der Dampfverwertung angerechnet. Auch mit Hinblick auf die Verbrennungspreise hält Becker eine Reduzierung der Kapazitäten nicht für sinnvoll.

Würde die MVA weniger gewerbliche Abfälle annehmen, wirke sich das auf die Fixkosten nur sehr wenig aus. Der Gewinn (2013 rund 6,4 Millionen Euro) würde aber geschmälert. Das bedeutet: Am Ende wären die Kosten für die Verwertung des kommunalen Siedlungsabfalls höher, so Beckers Argumentation. Und das würde sich letztlich wohl auch, wenn auch nur im geringen Maße, negativ auf die Müllgebühren für die Bürger auswirken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort