Palliativmedizin an der Uniklinik Bonn "Wir können doch noch viel tun"

BONN · Der Schwerkranke liegt ruhig in seinem Zimmer der Palliativstation im Parterre der Uni-Hautklinik. Sein Rollstuhl, der Koffer, ein paar private Erinnerungsstücke stehen für sein Leben. Fahl dringt die Venusberg-Sonne durch die Vorhänge.

 Oberarzt Hennig Cuhls auf Patientenbesuch: Er versucht mit seinem Team, den Schwerkranken jeden Tag noch Lebensqualität zu spenden.

Oberarzt Hennig Cuhls auf Patientenbesuch: Er versucht mit seinem Team, den Schwerkranken jeden Tag noch Lebensqualität zu spenden.

Foto: Horst Müller

"Schreiben Sie, dass ich gut versorgt werde. Und vor allem, dass ich keine Schmerzen habe", flüstert der entkräftete Mann. Oberarzt Hennig Cuhls fühlt den Puls, spricht mit dem Kranken. Er habe einfach keinen Appetit mehr, sagt der Mann leise.

Jeden Tag versucht das Palliativteam, noch Lebensqualität für Schwerkranke zu spenden. Ist dieser Dienst nicht sehr schwer? Cuhls schüttelt den Kopf. "Wir können doch noch viel tun, um diese letzte Lebensphase zu erleichtern." Nach einer kurzen Pause sagt er dann aber noch, manchmal müsse man Abschied von Menschen nehmen, die einem fast zu Freunden geworden seien.

Es ist Tag der offenen Tür in der Palliativstation. Stationsleiterin Andrea El Khawaga führt niedergelassene Ärzte, aber auch Angehörige von Kranken durch die Räume. Oberin Lioba Brockamp gratuliert ihr im Namen der DRK-Schwesternschaft für die wichtige Arbeit, die "mit Herzblut" geleistet werde, so Brockamp. Knapp zehn Pflegerstellen und eineinhalb Arztstellen sind dafür eingeteilt. "Wir hätten gerne noch mehr, denn nur eine Nachtwache kann die Arbeit kaum schaffen, wenn jemand im Sterben liegt", erläutert "Hausherr" Professor Lukas Radbruch. Er hat gerade bei einer Andacht der im vergangenen Jahr Verstorbenen gedacht. Mehr als 500 Kranke versorge man im Jahr, natürlich auch im Konsildienst in den übrigen Kliniken. "Ich bin immer wieder froh, dass unser Palliativteam es unseren Patienten mit so viel Engagement ermöglicht, auch am Ende ihres Weges mit Würde zu leben."

Radbruch ist auch Professor im Malteserkrankenhaus. Sehr personalaufwendig pflege man die Patienten, schenke ihnen aber auch für ihre seelischen Anliegen Zeit und Aufmerksamkeit. Viele Kranke wollten berichten, was sie belastet, wollten noch klären, wie es mit ihren Familien weitergehen könnte. "Über die Hälfte will dann zu Hause sterben. Wir sichern, dass sie das auch gut versorgt können", erklärt Radbruch. Dabei hätten etwa Menschen mit Luftnot natürlich Angst, bei Heimpflege nicht damit fertig zu werden. "Wir erklären ihnen, wie sie auch das in den Griff bekommen. Niemand muss ersticken", sagt Professor Radbruch.

Die Uni-Palliativstation

Vor fünf Jahren wurde die Uniklinik für Palliativmedizin mit dem Ziel gegründet, Schwerkranken und sterbenden Patienten jeden Tag ein Stück Lebensqualität zurückzugeben. Seit einem Jahr hält sie in der Klinik für Dermatologie (Sigmund-Freud-Straße 25, Haus 11/Zone Nord) auf dem Vennusberg eine Extrastation mit acht Patientenbetten vor. Unter anderem werden körperliche Beschwerden wie unerträgliche Schmerzen, Luftnot, Schlaflosigkeit oder ausgeprägte Übelkeit gelindert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort