Uniklinik in Bonn Endlich abnehmen

BONN · Ananasdiät, Kohlsuppe, keine Kohlenhydrate am Abend. Zita Hüttner hat alles ausprobiert. Seit mehr als sieben Jahren quält sie sich von einer Abnehmtortur zur nächsten. Trotzdem ist der Gang auf die Waage jedes Mal ernüchternd.

 Wenn die Waage zu viel anzeigt: An der Uniklinik wird zurzeit ein Mittel zur Gewichtsreduzierung getestet.

Wenn die Waage zu viel anzeigt: An der Uniklinik wird zurzeit ein Mittel zur Gewichtsreduzierung getestet.

Foto: dpa

"Rund 25 Kilo habe ich zugenommen und bekomme sie einfach nicht mehr weg", erzählt sie. Auch für Ute Engelhardt aus Ahrweiler soll das neue Jahr "leichter" werden. "Ich war schon immer kräftig. Aber jetzt müssen ein paar Kilos runter. Sport allein hat mir nicht geholfen, und eine strenge Diät will ich nicht machen."

Mit diesem Wunsch sind die beiden Frauen nicht allein. Rund 130 mehr oder weniger Übergewichtige stehen vor dem kleinen Chirurgie-Hörsaal der Uniklinik auf dem Venusberg. Mit solch einem Interesse hatten auch die Organisatoren nicht gerechnet. Wer keinen Sitzplatz mehr bekommen hatte, der drängte sich in den Gängen und in Fensternischen. Ihr gemeinsames Ziel: Endlich abnehmen.

Über das große Interesse war auch Dr. Christoph Coch erstaunt. Er leitet an der Uniklinik Bonn eine Studie im Auftrag von "Certmedica International", um die Wirksamkeit eines speziellen Nahrungsergänzungsmittels im Rahmen einer Diät zu untersuchen. Dafür werden insgesamt 150 Probanden gesucht. Während eine erste Gruppe von 66 Testpersonen bereits im Spätsommer an der Versuchsreihe teilnahm, werden jetzt noch einmal 84 Personen ausgewählt.

Dabei machte Dr. Coch gleich zu Beginn allen klar. "Das Mittel allein bringt nichts. Nur in Kombination mit Verhaltensänderungen wird sich eine Wirkung zeigen." Dafür werden die Teilnehmer zwölf Wochen lang das Präparat aus natürlichen Faserstoffen von Schalentieren in Tablettenform einnehmen. Diese Stoffe sollen das Fett im Darm binden. Allerdings wird nicht jeder Teilnehmer die "richtige Pille" bekommen. Denn die Hälfte wird nur ein Placebo erhalten. "Auch wir wissen nicht, wer von Ihnen das richtige Präparat bekommt", so Dr. Coch jetzt bei der Informationsveranstaltung. Durch solch eine "Doppelblind-Studie" sei gewährleistet, dass die Probanden bei ihren regelmäßigen Untersuchungen auch von dem Klinikpersonal unvoreingenommen begutachtet werden.

Drei Monate lang werden die Testpersonen das Mittel zu den fettreichsten Mahlzeiten des Tages einnehmen. Ergänzt werden soll das Abnehmen durch eine gezielte Ernährungsumstellung. Dafür wird Ernährungsberaterin Raphaela Spitzlei acht Beratungsgespräche anbieten.

Die Mediziner der Studienzentrale interessiert jedoch auch, wo genau das Fett im Körper der Testpersonen sitzt. Dafür werden einige von ihnen vorher und nachher im MRT betrachtet. "Wir wollen wissen, wie sich die Kombination von Ernährungsänderung und Ergänzungsmittel auf die Fettverteilung auswirkt", so der Mediziner. Denn schon heute wisse man, dass die Depots an verschiedenen Stellen des Körpers unterschiedliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Doch bei aller Euphorie - nicht jeder wird an der Testphase teilnehmen können. Denn die Probanden müssen einen Body-Mass-Index von 28 bis 35,9 haben. "Ich sehe schon, einige sind zu dünn dafür", so der Mediziner beim Blick in die Reihen. Zudem werden zunächst einige Blutuntersuchungen gemacht, in Vorgesprächen muss abgeklärt werden, welche Vorerkrankungen vorliegen und welche Medikamente eingenommen werden.

"Und", so Dr. Coch, "wer in den letzten fünf Monaten bereits Gewicht verloren hat, der kann ebenfalls nicht teilnehmen." Für diejenigen, die am Ende des Abends die Befürchtung hatten, dass sie nur ein Placebo bekommen werden, hatte der Mediziner noch eine gute Nachricht. "Jeder von Ihnen bekommt nach Ablauf der Studie noch einmal das richtige Präparat für drei Monate."

Die Testreihe beginnt im Frühjahr nach den Untersuchungen der Probanden. Der General-Anzeiger wird nach Abschluss der Studie über die Ergebnisse berichten.

KURZ GEFRAGT

Christoph Coch betreut zusammen mit Professor Winfried Willinek die klinische Studie, die den Einfluss des Mittels auf das Gewicht und die Fettverteilung untersucht. Mit ihm sprach Gabriele Immenkeppel.

Herr Dr. Coch, was ist das Besondere an dieser Methode?
Dr. Christoph Coch: Wir kombinieren eine Ernährungstherapie mit einem Nahrungsergänzungsmittel. Dabei beschränken wir uns nicht auf die reine Gewichtskontrolle oder Bauchfettmessung, sondern wir untersuchen zudem, wie sich die Fettverteilung im Körper verändert.

Wie wollen Sie den Jo-Jo-Effekt vermeiden?
Coch: Die Teilnehmer sollen nicht kurzfristig abnehmen, sondern sie sollen ihre Ernährung und ihre Lebensgewohnheiten umstellen. Die Idee ist, dass dieser Prozess durch das Nahrungsergänzungsmittel unterstützt wird.

Was muss ich beachten, wenn ich teilnehmen möchte?
Coch: Man muss vor allem motiviert sein, denn nur dann werden sich Erfolge einstellen. Die Teilnehmer der Studie müssen zusätzlich bereit für eine MRT-Untersuchung sein.

Wer darf nicht an der Studie teilnehmen?
Coch: Die Teilnehmer dürfen nicht zu schwer sein und keine Fremdkörper aus Metall im Körper haben. Bestimmte Medikamente dürfen während der Studienteilnahme nicht eingenommen werden und bestimmte Krankheiten nicht vorliegen. Dieses müssen wir daher vorher abklären.

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