Bonner Uniklinikum Eine neue Leber für den kleinen Moritz

BONN · Moritz kam mit einem Leberversagen zur Welt. Um sein Leben zu retten, transplantierte ein Spezialisten-Team im neu gegründeten Pädiatrischen Transplantationszentrum am Universitätsklinikum Bonn dem Säugling fünf Wochen nach seiner Geburt ein neues Organ.

 Privatdozent Pollok (von links), Moritz auf dem Arm seiner Mutter Sandy, Vater Manuel und Professor Rainer Ganschow.

Privatdozent Pollok (von links), Moritz auf dem Arm seiner Mutter Sandy, Vater Manuel und Professor Rainer Ganschow.

Foto: Claudia Siebenhüner/UK Bonn

Es ist nach Angaben des Universitätsklinikums (UKB) die erste Lebertransplantation bei einem Kind im Großraum Köln/Bonn. Mit einem Gewicht unter drei Kilogramm sei Moritz extrem klein für einen Eingriff dieser Art gewesen. Der Säugling sei inzwischen wohlauf und konnte jetzt von seinen Eltern nach Hause geholt werden.

Alles verlief normal und ohne Komplikationen, doch plötzlich in der 34. Schwangerschaftswoche gab es ein Alarmzeichen: Es war viel zu wenig Fruchtwasser vorhanden. Schnelle Hilfe fand Mutter Sandy in der Geburtshilfe am Universitätsklinikum Bonn. Dort holte ein Team um Professor Dr. Ulrich Gembruch Moritz per Not-Kaiserschnitt auf die Welt. Kurz darauf diagnostizierten die Ärzte eine sehr seltene, bei Neugeborenen auftretende Leberentzündung. Das Organ versagt und die Blutungsgefahr ist hoch.

Bis auf wenige Ausnahmen versterben die Kinder bald nach der Geburt. Das Team der Neonatologischen Intensivpflegestation (NIPS) um Professor Dr. Andreas Müller auf dem Venusberg versorgte Moritz unter anderem mit Sofortmaßnahmen gegen die Gerinnungsstörung. "Jeden Tag haben wir gehofft. Doch dann kam die Hiobsbotschaft, die uns zuerst den Boden unter den Füßen wegriss: Die einzige Chance für Moritz war eine Transplantation. Es gab keine Alternative", sagen seine Eltern Sandy und Manuel.

"Doch ein solcher Eingriff gerade bei einem Säugling verlangt einen hohen Spezialisierungsgrad aller beteiligten Fachrichtungen", betonen Professor Dr. Rainer Ganschow, Direktor der Allgemeinen Pädiatrie am Zentrum für Kinderheilkunde und Privatdozent Dr. Dr. Jörg-Matthias Pollok, Teamleiter Transplantation in der Chirurgie des Universitätsklinikums Bonn. Die nötige Expertise brachten der erfahrene Kinder-Gastroenterologe Ganschow und Pollok, einer der wenigen Chirurgen in Deutschland mit Schwerpunkt auf Transplantationen bei Kindern aus Hamburg, mit, wo sie bereits am dortigen Universitätsklinikum lebertransplantierte Kinder betreuten.

Zusammen mit einem Team aus der Klinik für Anästhesiologie um Oberarzt Dr. Martin Breil haben sie mit einer etwa zweijährigen Vorbereitungszeit das jetzt in Bonn gestartete Pädiatrische Lebertransplantationsprogramm aufgebaut. Dort werden Kinder vor, während, aber auch langfristig nach der Lebertransplantation ambulant und stationär von einem hoch spezialisierten, interdisziplinären Team versorgt.

Moritz hatte sich trotz Leberversagen gut stabilisiert und war transplantationsfähig. "Aber unser Zeitfenster war klein. Jede kleinste Infektion hätte die Situation zum Entgleisen bringen können", sagt Ganschow. Bereits nach fünf Tagen war ein geeignetes Spenderorgan gefunden. In einer fast achtstündigen Operation transplantierten die Bonner Chirurgen dem fünf Wochen alten Säugling nach komplexer Teilung der Spenderleber den kleinen linken Leberlappen.

"Das Knifflige sind die winzig kleinen Blutgefäße", sagt Privatdozent Pollok, für den Moritz nicht das kleinste, aber das bisher jüngste Kind ist, das er transplantiert hat. Für das Universitätsklinikum Bonn ist es neben der kürzlich durchgeführten Nierentransplantation bei einem Kleinkind ein weiterer Meilenstein zur Etablierung des Pädiatrischen Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Bonn.

Das fremde Leberstück hat seine Arbeit vollständig aufgenommen und wird mit dem Kind mitwachsen. "Unser kleiner Patient hat wirklich eine gute Prognose. Moritz wird voraussichtlich ein völlig normales Leben mit zwei Einschränkungen führen. Er muss ständig Medikamente nehmen, um eine Abstoßung des fremden Organs zu unterdrücken, und regelmäßig zur Kontrolle zum Arzt gehen", sagt Ganschow.

Drei Monate nach der Transplantation war Moritz jetzt fit genug, das Krankenhaus zu verlassen. Sein vier Jahre älterer Bruder und seine Eltern freuten sich sehr: "Wir haben es geschafft. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben." Sie möchten sich bei allen im Krankenhaus bedanken. "Besonders dankbar sind wir den Eltern des Spenders. Sonst hätte Moritz keine Chance gehabt."

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