Operation an der Uniklinik Bonn Ein gerader Rücken dank Titan

BONN · Zwei Stäbe, dünn wie Bleistifte, in Nours Rücken sollen Heilung bringen. Und da die Stäbe über Magnete "mitwachsen", wird dem libysche Mädchen viel OP-Leid erspart bleiben.

 Mediziner Robert Pflugmacher (rechts) erklärt der kleinen Patientin Nour und ihrem Vater die Behandlung.

Mediziner Robert Pflugmacher (rechts) erklärt der kleinen Patientin Nour und ihrem Vater die Behandlung.

Foto: Katharina Wislsperger

Nour leidet unter einer Skoliose. Hilfe fand die Zehnjährige jetzt am Bonner Universitätsklinikum. Mit einer neuen Methode richteten Orthopäden ihre seitlich stark verkrümmte Wirbelsäule auf.

Der Clou ist, dass die zwei implantierten Magnetstäbe von außen der Länge der Wirbelsäule angepasst werden können und so quasi mitwachsen. Dem jungen Mädchen bleiben Folgeoperationen erspart. Die Methode wendeten die Orthopäden erstmals in Bonn an - und das mit Erfolg.

Mit vier Jahren wurde bei Nour eine Skoliose festgestellt. Die seitliche Biegung ihrer Wirbelsäule wurde mit der Zeit immer schlimmer und hatte zum Schluss einen Winkel von 40 Grad. Doch auch eine einjährige Behandlung in Tunesien mittels Korsett half der Zehnjährigen nicht. Hoffnungsvoll kam ihr Vater mit Nour nach Bonn.

"Hochgradige Skoliosen wie bei Nour sind nicht allein ein kosmetisches Problem", sagt Privatdozent Dr. Robert Pflugmacher, Leiter der Wirbelsäulenchirurgie an der Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. Während des Wachstums nimmt die seitliche Biegung der Wirbelsäule weiter zu.

Durch eine einseitige Abnutzung der Wirbelsäule haben die Betroffenen langfristig chronische Rückenschmerzen und sind durch eine immer stärker ausgeprägte Versteifung zunehmend in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Zudem kann es zu Beeinträchtigungen der Lungenfunktion und einem Rippenbuckel kommen.

Über zwei kleine Schnitte am Rücken implantierte der Bonner Orthopäde zwei Titan-Stäbe so dick wie ein Bleistift parallel zur Wirbelsäule. An den entgegensetzten Enden der ausziehbaren Stäbe befindet sich jeweils eine Induktionsspule. So kann deren Länge alle zwei bis drei Monate mittels eines externen Magneten dem Wachstum ihrer Wirbelsäule angeglichen werden. Das Prozedere dauert nicht mehr als fünf Minuten und ist für die Zehnjährige schmerzlos.

Eine Fernsteuerung wird auf ihren Rücken platziert. Per Knopfdruck rotieren darin zwei externe Magnete und ziehen so die Teleskopspitzen mit der Magnetspule nacheinander aus. Ein Display zeigt jeweils an, wenn die gewünschte Verlängerung erreicht ist.

Nach anschließender Röntgenerfolgskontrolle ist Pflugmacher mit dem Ergebnis dieser ersten Nachfolgebehandlung etwa drei Monate nach dem Eingriff sehr zufrieden. "Wenn Nour ausgewachsen ist und sich die Wirbelsäule stabilisiert hat, entfernen wir die Stäbe wieder. Anders als bei einer Operation im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter versteifen wir die Wirbelsäule nicht."

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