Kopfbuchen in der Waldau Ein Steg in den "Gespensterwald"

VENUSBERG · Die bizarre Form der Kopfbuchen kommt im Sonnenlicht, aber vor allem bei Nebel so richtig zur Geltung. Kein Wunder, dass die Kinder von den besonderen Bäumen an der Waldau gerne als "Gespensterwald" sprechen.

 Unter Kopfbuchen: David Baier und Harald Sauer im Wald nahe dem Wildschweingehege.

Unter Kopfbuchen: David Baier und Harald Sauer im Wald nahe dem Wildschweingehege.

Foto: Roland Kohls

Wer sich traut, kann bald dort mitten hineingehen. Denn es soll ein Holzsteg gebaut werden, für den die Stadt noch nicht einmal Geld ausgeben muss.

Die rund 120 Jahre alten Kopfbuchen in der Nähe des Wildgeheges gelten in ihrer Ausprägung als einzigartiges Kulturlandschaftselement in der Region. Auf den Tafeln des Weges der Artenvielfalt erläutert der "Hase Felix" ihre Geschichte.

Die Bäume ziehen die Leute so sehr an, dass mancher hindurchläuft, anstatt auf dem angrenzenden Weg zu bleiben. Auch wenn sich David Baier vom Amt für Stadtgrün über die vielen Besucher freut - an einem schönen Wochenende seien schnell mal mehr als 3000 Leute auf der Waldau - bringt das Probleme mit sich: Viele Waldbesucher klettern auf die Kopfbuchen. "Nicht nur die Kinder", sagt Harald Sauer, Geschäftsführer des Naturparks Rheinland. Allerdings könnten Äste aufgrund des hohen Alters der Bäume brechen. Außerdem sammele sich an den Stellen, wo aus den dicken Stämme die Äste austreten, schnell mal Wasser, so die städtische Projektplanerin Barbara Lindlar. Und das schadet den Bäumen.

Um auch dem Naturschutz gerecht zu werden, haben die Stadtverwaltung und der Naturpark gemeinsam an einer Idee gebastelt, um die Besucherströme lenken zu können. Der nun geplante barrierefreie Bohlenweg endet mit einer Plattform mitten in den Kopfbuchen.

So werden diese nicht nur zu einem Erlebnis, gleichzeitig wird auch der Weg der Artenvielfalt weiterentwickelt. Mittelfristig rechnet die Stadt damit, dass einzelne Kopfbuchen zusammenbrechen. Für die Fußgänger auf dem Bohlenweg bestünde dann keine Gefahr, sie hätten besten Blick auf die knorrigen Bäume. Nicht nur die Spaziergänger würden davon profitieren, auch Schulklassen, Kindergärten und die jungen Teilnehmer der Führungen des "Hauses der Natur" auf der Waldau. Vielleicht sehen sie dann auch den Schwarzspecht, der in den Buchen seine Höhlen hat.

Der leicht gekrümmte Steg soll 35 Meter lang und zwei Meter breit werden. Man findet ihn später, wenn man vom Spielplatz zum Wildschweingehege läuft - ein Stückchen weiter auf der linken Seite. Die Aussichtsplattform soll 36 Quadratmeter groß werden. Auf ihr steht neben Erläuterungstafeln auch ein Fernrohr. Als Sieger des Wettbewerbes "Naturpark 2015" hat der Naturpark Rheinland der Stadt angeboten, das Projekt mit 80.000 Euro komplett zu fördern.

"Die ursprünglich angedachte Verwendung des Geldes im eigentlichen "Haus der Natur" ist aufgrund der kurzfristig zwingend erforderlichen, zweckgebundenen Verwendung und Belegung der Mittel nicht möglich", teilte die Stadt jüngst in der Bezirksvertretung Bonn mit, die sich für das Projekt aussprach - ein Dringlichkeitsantrag, denn die Fördermittel müssen bis Ende des Jahres ausgegeben werden. Der Steg soll dann von Mitte Oktober bis Mitte Dezember gebaut werden.

Nach Sauers Angaben realisiert der Naturpark 2015 viele Einzelprojekte, die an die Elemente Feuer, Wasser, Erde und - auf der Waldau - Luft angelehnt sind. "Das ist wegen der Bäume, ihrer Sauerstoffbildung und CO2-Bindung", sagt Sauer.

Kopfbuchen

Die Kopfbuchen sind in der Zeit der Industrialisierung entstanden - aus der reinen Not heraus. "Es gab einen Bedarf an Weidefläche und Brennholz", sagt David Baier vom Amt für Stadtgrün. So wurde im Wald das Vieh gehalten, das an den Buchen die unteren kleinen Äste fraß.

Alle zehn bis 15 Jahre wurden die Bäume dann in etwa zwei Metern Höhe gekappt, um Holz zu haben. Die schlugen wieder neu aus, was zur heutigen "Struwwelpeter"-Frisur führte: Die Buchen sind unten recht mächtig und fransen nach oben aus - typische Zeugnisse einer Kulturlandschaft.

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