Bonn 300 Mitarbeiter der Uni-Kliniken streiken für mehr Geld und Urlaub

BONN · Punkt zehn Uhr war es am MIttwochmorgen mit der Ruhe auf dem Venusberg vorbei. Rund 300 Mitarbeiter der Uni-Kliniken und einige Beschäftigte der Universität zogen mit Trillerpfeifen und Ratschen über das Krankenhausgelände. Sie waren dem landesweiten Streikaufruf von ver.di gefolgt und hatten ihre Arbeit niedergelegt, um ihren Forderungen nach mehr Lohn und Urlaub lautstark Ausdruck zu verleihen.

Ihr Protest richtet sich aber auch gegen eine zunehmende Arbeitsverdichtung in den Uni-Kliniken vor allem im Pflegedienst. "Sieben OP-Säle sind heute dicht", ruft ver.di-Gewerkschaftssekretär Arno Appelhoff durch das Megafon, und es klingt fast so, als wäre das ein Erfolg. Doch freuen kann sich darüber offensichtlich niemand. "Wir würden doch alle lieber arbeiten als streiken", meint eine OP-Schwester. Aber ohne Druck auf die Arbeitgeber bestünde wohl wenig Aussicht auf mehr Geld, das kaum für den Inflationsausgleich reiche.

"Die Politik gibt den Rahmen für die Arbeitsbedingungen vor und der entspricht längst nicht mehr den Gegebenheiten", sagt Personalratsvorsitzender Horst Löffel. So verdienten Pflegekräfte in den Uni-Kliniken deutlich weniger als ihre Kollegen in den kommunalen Krankenhäusern. Gleichzeitig nehme die Arbeitsverdichtung dramatisch zu. "Das kann doch nicht sein", sagt Löffel. Die Abrechnung über Fallspauschalen habe den Spardruck weiter erhöht, "da bleiben der Klinikleitung nur noch wenige Stellschrauben".

Andererseits seien viele Probleme in den Bonner Uni-Kliniken "hausgemacht", sagt Löffel. Auf vielen Stationen sei eine Mindestbesetzung im Pflegebereich, wie an Wochenenden oder Feiertagen üblich, inzwischen längst an der Tagesordnung. Und dafür macht er auf der am Mittag einberufenen Personalversammlung nicht zuletzt einige Ordinarien an den Uni-Kliniken - mit mehr als 5000 Beschäftigten drittgrößter Arbeitgeber in Bonn - verantwortlich: "Das Einbestellen von Patienten ohne Rücksicht auf vorhandene Kapazitäten ausschließlich aus ökonomischen Gründen steht hier im Vordergrund", sagt Löffel unter Beifall der rund 350 Mitarbeiter im Hörsaal des Biomedizinischen Zentrums.

Er fordert den Klinikvorstand auf, dagegen energischer vorzugehen. "Die hier Tätigen haben zunehmend Schwierigkeiten, die ihrem Berufsethos entsprechende Aufmerksamkeit und Zeit der ihnen anvertrauten Patienten zukommen zu lassen", gibt er aus seinen Gesprächen mit vielen Kollegen aus dem Pflegedienst wieder.

Am Wegesrand und an den Fenstern verfolgen Patienten den Demonstrationszug. Manche winken und applaudieren. "Ja, ich habe viel Verständnis für den Streik", sagt Erich Frick. Der 73-Jährige ist als Patient sozusagen Stammgast in den Uni-Kliniken und fühlte sich bisher immer sehr gut aufgehoben und umsorgt. "Aber beim letzten Mal habe ich schon bemerkt, dass oft zu wenig Personal da war. Dann müssen die anderen noch mehr arbeiten. Die tun mir dann leid." Solidarisch mit den Streikenden zeigen sich auch drei Patientinnen, die vor dem Bettenhaus 1 eine Zigarette rauchen. "Die leisten so viel. Und arbeiten auch noch nachts und in Schichtdiensten. Das will doch heute keiner mehr", meint eine von ihnen.

Eine andere Frau, die namentlich nicht genannt werden will, sorgt sich dagegen um die Kranken. "Wer kümmert sich denn jetzt um sie? Eigentlich dürften Pflegekräfte nicht streiken", meint sie.

Doch der nächste Streik steht bereits am 6. März ins Haus. Falls bis dahin die Arbeitgeber immer noch kein Angebot auf den Tisch gelegt haben, sagt Löffel.

Das sagt der Vorstand

"Das Anliegen der Mitarbeiter ist durchaus berechtigt. Eine Angleichung ihrer Entlohnung an die Gehälter der Mitarbeiter anderer Tarifgemeinschaften des öffentlichen Dienstes ist geboten. Denn sie haben keineswegs weniger Belastung und Verantwortung zu tragen. Hinsichtlich der Personalkapazitäten gibt es sicherlich kritische Bereiche, man muss aber differenzieren. Die Uni-Kliniken lehnen niemals einen Patienten ab und stehen vor enorm schwierigen Aufgaben. Sie müssen in Zukunft finanziell besser ausgestattet werden."

Wolfgang Holzgreve, Ärztlicher Direktor der Uni-Klinik

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