Die A565 bei Ückesdorf Das unvollendete Autobahnkreuz

ÜCKESDORF/BRÜSER BERG · Hierher verirrt sich normalerweise kein Mensch, vielleicht ein paar Straßenwärter, die ab und zu diesen Ort kontrollieren: Willkommen am Autobahnkreuz Bonn-West in Höhe Ückesdorf – unvollendet, verlassen und irgendwie auch ein Relikt aus einer vergangenen Zeit.

 Das Brückenbauwerk: Oben führt die A565 hinüber, unten sollte nach ursprünglicher Planung die Südtangente durchgeführt werden. Doch es blieb bei Planungen, und seit 40 Jahren liegt dieses Provisorium in der Landschaft.

Das Brückenbauwerk: Oben führt die A565 hinüber, unten sollte nach ursprünglicher Planung die Südtangente durchgeführt werden. Doch es blieb bei Planungen, und seit 40 Jahren liegt dieses Provisorium in der Landschaft.

Foto: Roland Kohls

Die 100.000 Autofahrer, die jeden Tag diese Stelle an der Lärmschutzwand zu Ückesdorf passieren, sehen von oben nicht viel. Wer genau aufpasst, merkt aber, dass die Autobahn sich hier plötzlich um je eine (eigentlich unnötige) Parallelspur erweitert und rechts und links des Asphalts auch Brückengeländer zu sehen sind.

Die Lärmschutzwand rückt hier ein Stück ab von der Autobahn. Und dann ist man auch schon wieder vorbei an der Stelle, an der einmal der Abzweig zum Venusbergtunnel geplant war. Tatsächlich steht hier eine Brücke in der Landschaft, mit der dieses „Kreuz“ vorbereitet wurde. Sie ist komplett fertig und wurde beim Bau dieses Autobahnstücks Anfang der 70er Jahre als so genannte Bauvorleistung gleich mit errichtet.

Die Verkehrsplaner konnten damals noch nicht wissen, dass der Venusbergtunnel nie kommen würde und inzwischen nur noch ein Phantom ist, das nur noch ab und an im Zuge der politischen Diskussion um die Südtangente auftaucht.

Das Kreuz hätte dann Kreuz Bonn-West geheißen. Wer unter diesem Überführungsbauwerk steht – den genauen Weg dorthin wollen wir an dieser Stelle nicht verraten –, der sieht die Dimensionen. Quer zur Fahrbahn oben wäre unten Platz für drei Fahrspuren je Richtung, acht dicke Pfeiler tragen die Autobahn, an mehreren Stellen liegen immer noch die Erdhaufen herum, die vor mehr als 40 Jahren aufgeschüttet wurden. Und es sieht aus, als wären die Bauleute dann Hals über Kopf verschwunden. Das Kreuz wird dort, wo die Zufahrten geplant waren, durch Böschungen eingerahmt. Dennoch ist dieser verlassene Ort nicht ohne Besucher geblieben.

Davon zeugen die Graffiti an allen Wänden und die vielen Spraydosen, die hier überall herumliegen. Unbekannte Jugendliche haben zwei BMX-Rampen gebaut. Fein säuberlich haben sie dazu Erde geformt und eine Betonschicht darauf gegossen. „Wie haben die den Beton nur hierher bekommen“, fragt sich nicht nur unser ortskundiger Führer, der Röttgener Heimatforscher Oliver Thornton. Und gibt selbst die Antwort: „Die müssen das Material wohl mühsam in Eimern hierher getragen haben.“ Nach 20 Minuten ist der Besuch wieder vorbei. Viel zu sehen gibt es hier nicht. Ein leerer Platz unter einer Brücke.

Durch die Böschungen rechts und links mit der Anmutung eines Bunkers, beschrieb es ein früherer Besucher in einem Internetforum. Wäre der Anschluss in Betrieb gegangen und die damaligen Verkehrspläne wären Wirklichkeit geworden, hätten sich Autofahrer auf dem Weg zur Südbrücke (die unvollendete A56) viel Zeit und Weg sparen können. Aber die neue Schnellstraße hätte eben auch den Venusberg unterquert, die Qualität von Wohngebieten zerstört und die Umwelt beeinträchtigt. Auch wäre die Trasse durch einen Großteil des Waldfriedhofs Ückesdorf verlaufen.

Jedenfalls konnten die Politiker sich nicht dazu durchringen, diese Verbindung zu bauen und an das verlassene Kreuz Bonn-West anzubinden. Das Projekt ist ebenso wie der Ennerttunnel auf Beueler Seite nicht mehr im Bundesverkehrswegeplan enthalten. Experten sind außerdem sicher: Ein solches Mammutprojekt einer Südtangente quer durch Bonn bis zur Südbrücke und noch weiter wäre heute gar nicht mehr finanzierbar.

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