Schülerkongress der LVR-Klinik Bonn Hilferufe rechtzeitig erkennen können

BONN · "Warum bist du so fett?" oder "Bist du schizo, oder was?" lauteten die provokanten Fragen, zu denen die jugendlichen Teilnehmer des 2. Schülerkongresses am Mittwoch Nachmittag in der LVR-Klinik Bonn diskutierten. Insgesamt 125 Schüler von 15 Schulen aus Bonn, dem Rhein-Sieg-Kreis und Euskirchen besuchten die Informationsveranstaltung.

In fünf Workshops zu den Themen Sprachstörungen, Essstörungen, Depression, Mediensucht und Schizophrenie konnten sie von Chefärzten und Experten aus erster Hand lernen, was sich tatsächlich hinter scheinbar den oftmals leichtfertig verwendeten Fragen verbirgt. Eröffnet wurde der Kongress von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch.

"Ich hatte selber mal einen Freund in meiner Klasse, der an einer Essstörung litt", berichtete Markus aus der 12. Stufe der Gesamtschule Beuel. Aus diesem Grund entschied sich der 18-Jährige für den Workshop von Dr. Judith Sinzig, Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie.

"Damals erkannte ich die Zeichen der Krankheit nicht. Mit dem Wissen, das ich heute habe, wäre das sicher anders", so der Schüler. Fast die Hälfte der fast ausschließlich weibliche Kursteilnehmer kannten selber Betroffene. Sinzig freute sich, über die Möglichkeit mit den Schülern, vor allem mit so vielen Mädchen zu sprechen.

"Von Essstörungen sind besonders junge Menschen betroffen, Mädchen zehnmal häufiger als Jungs", so Sinzig. Sie zu erreichen und frühzeitig aufzuklären, sei wichtig, um rechtzeitig, das heißt vor einer Chronifizierung der Erkrankung, helfen zu können. "Ich fand es spannend zu erfahren, wie Spielsucht therapiert werden kann", sagte Timo Dahm, ebenfalls von der Gesamtschule Beuel.

"Es ist ja keine Sucht wie Drogen oder Alkoholabhängigkeit." Neben Timo berichteten auch andere Schüler in einer abschließenden Diskussionsrunde von ihren Erfahrungen in den Workshops. Jasmin Channa vom Carl-von-Ossietzky-Gymnasium besuchte die Themengruppe "Depression".

"Es war interessant zu erfahren, dass man bei einer Depression durchaus eine gesunde Persönlichkeit behalten kann - nur dass diese eben überlagert wird. Auf jeden Fall ist eine Depression kein Grund sich zu schämen", so ihr Fazit. "Ich finde der Workshop war wichtig, um auch im näheren Umfeld erkennen zu können, wenn jemand Hilfe braucht, es nicht zu ignorieren, sondern auf ihn zuzugehen", sagte die 18-jährige Anna Kaufmann von der Gesamtschule Beuel.

Auch die Dozenten der LVR-Klinik waren von der Veranstaltung, vor allem von den Kongressteilnehmern, begeistert. "Es hat unheimlich Spaß gemacht, zu erleben, mit welchen Interesse und auch mit welcher Fachkenntnis die Schüler sich eingebracht haben", sagte Dr. Ernstbernard Rosen, Chefarzt der Psychiatrie, der den Workshop zum Thema Depression leitete.

Markus Banger, Ärztlicher Direktor der Klinik, freute sich über die große Resonanz der Schulen. "Die Schüler von heute werden bald der Gesellschaft ihren Stempel aufdrücken. Dabei ist es auch wichtig, wie sie mit psychischen Störungen umgehen." Das Ziel sei eine weitere Entstigmatisierung der Psychiatrie, wie sie in manchen Bereichen bereits stattgefunden habe, so Banger.

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