Aktion für Frauen aus Flüchtlingsfamilien Fahrradtraining unterstützt das Selbstvertrauen

RÖTTGEN · Mit Schwung aufs Rad und ab auf Tour: Was hierzulande als umweltfreundliche oder gesundheitsfördernde Fortbewegungsart gilt, ist für andere weitaus mehr. "Fahrradfahren bedeutet Emanzipation, Integration, Mobilität, Selbstständigkeit."

 Freut sich über die Spende eines Händlers: Paul Kreutz (2.v.l.) brachte die Fahrräder ins Bike-House der Caritas.

Freut sich über die Spende eines Händlers: Paul Kreutz (2.v.l.) brachte die Fahrräder ins Bike-House der Caritas.

Foto: Privat

Das sagt einer, der es wissen muss: Paul Kreutz aus Röttgen organisiert als Leiter der Radfahrschule des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Bonn Rhein-Sieg seit einigen Monaten Kurse, die sich besonders an die Frauen von Flüchtlingsfamilien richten.

"Viele haben noch nie in ihrem Leben auf einem Rad gesessen", berichtet er. Doch nach einem Wochenendkurs seien die meisten "fit" für den Straßenverkehr. Dabei gehe es nicht allein darum, einen sicheren Umgang auf dem Gefährt zu trainieren. Vielmehr stehen bei dem gemeinsamen Lernen auch soziale Komponenten im Fokus. Denn viele Teilnehmerinnen würden nach den schrecklichen Erlebnissen von Krieg und Flucht in der Gemeinschaft erstmals wieder Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen, Selbstsicherheit und Selbstvertrauen entwickeln und die gemeinsame Zeit mit Gleichgesinnten genießen. "Wir Trainer sind zwar streng, aber wir lachen auch viel zusammen", so Kreutz. "Allerdings", und darauf legt der Leiter der Radfahrschule großen Wert, "bieten wir keine speziellen Kurse nur für Flüchtlinge an."

Als integrative Maßnahme sollen Menschen verschiedener Nationalitäten und Bonner Bürger zusammengeführt werden. Gemischt ist auch die Altersstruktur. "Unsere Schüler sind zwischen 19 und 84", so der Röttgener. Doch mit dem Training allein ist es nicht getan. Damit die Kursteilnehmer auch nach dem Unterricht radeln können und mobil bleiben, versucht Kreutz, ihnen entsprechende Fahrräder zur Verfügung zustellen. Deshalb ist der ADFC jetzt eine Kooperation mit der Caritas eingegangen. Im Bike-House werden dafür gespendete Fahrräder aufgearbeitet. Diese werden jedoch nicht verschenkt, sondern der neue Besitzer muss zehn Prozent des Preises bezahlen. "Als eine Art Wertschätzung für diese Arbeit", begründet Kreutz.

Zum Bike-House brachte er auch die 29 gebrauchten Vehikel, die er erst vor ein paar Tagen von einem ortsansässigen Händler geschenkt bekam. "Das ist eine Win-Win-Situation", so Kreutz. Die Mitarbeiter des Qualifizierungsprojektes der Caritas können ihre Fähigkeiten ausbauen, die "Absolventen" der Radfahrschule bekommen ein gut funktionierendes und sicheres Fahrrad.

Lediglich mit der Größe gibt es hin und wieder Probleme. "Die meisten Fahrräder sind eigentlich viel zu groß", so Kreutz. Denn syrische Frauen beispielsweise seien oft viel kleiner als andere. Aber bisher habe man immer noch für jede Frau auch ein passendes Modell gefunden. Und damit sie bei den ersten Ausflügen sicher unterwegs sind, gibt es Paten des ADFC, die sie am Anfang auf ihren Touren in der neuen Umgebung begleiten.

Weitere Infos über die Aktion gibt es auf www.adfc-nrw.de. Die nächsten Kurse sind am 15./16. August und 19./20. September.

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