Ausgestorbene Baumart Die wundersame Rettung des Toromiros

BONN · Er war ausgestorben, galt als verloren für immer und ewig: der Toromiro, die einzige einheimische Baumart der Osterinsel. Wie durch ein Wunder konnte er jedoch gerettet werden. Einen gehörigen Anteil an diesem Erfolg haben die Botanischen Gärten der Universität Bonn, in persona Wolfram Lobin.

 Wolfram Lobin in seinem Element: Mit Pflanzen im Lehrgewächshaus des Botanischen Gartens.

Wolfram Lobin in seinem Element: Mit Pflanzen im Lehrgewächshaus des Botanischen Gartens.

Foto: Barbara Frommann

Die Rettung dieses seltenen Baums ist eng mit Lobins beruflichem Werdegang verbunden. Der promovierte Biologe und heutige Kustos der Botanischen Gärten begann seine berufliche Karriere am Senckenberg-Naturmuseum in Frankfurt. Ende der 1980er Jahre plante das Museum eine Expedition auf die Osterinsel. Lobin sollte das Team begleiten und bereitete sich im Vorfeld intensiv auf die Reise vor. Er studierte die Pflanzenwelt der Südseeinsel und stieß auch auf Berichte über den Toromiro, einer wunderschönen gelbblühenden Spezies, die als ausgestorben galt. Eine Legende besagt, dass der berühmte norwegische Forschungsreisende Thor Heyerdahl Ende der 1950er Jahre den letzten Toromiro auf der Osterinsel sah und einige Früchte sammelte, um sie mit nach Hause zu nehmen. Seitdem ward diese Art nicht mehr gesehen.

Doch zurück zu Lobin. Noch ehe er seine Reise in den Pazifik antreten konnte, ereilte ihn ein Ruf an die Botanischen Gärten der Uni Bonn. Um sich einen Überblick über die Pflanzenvielfalt und den Artenreichtum des Botanischen Gartens zu verschaffen, inspizierte er die üppige Vegetation in den Gewächshäusern und den prächtigen Außenanlagen auf dem Areal in Poppelsdorf. "Bei meinen ausgedehnten Rundgängen stieß ich auf eine Art, die mir durch meine Studien über die Osterinsel bekannt vorkam. Weitere Untersuchungen ergaben, dass es sich tatsächlich um ein Exemplar des Toromiros handelte."

Eine kleine Sensation, die in Lobin sogleich den Plan reifen ließ, dieses wertvolle Einzelexemplar zu vermehren, um die kleinen Bäumchen auf die Osterinsel zu bringen und dort anzupflanzen. Als in den Folgejahren weitere Exemplare in den Botanischen Gärten von Göteborg in Schweden und Melbourne in Australien und Vina del Mar in Chile auftauchten, wurde die Toromiro-Management-Group gegründet, um die Rettung des Baums weltweit zu koordinieren. Die Aktion gipfelte 1995 in einer Reise auf die Osterinsel, bei der Lobin 160 Exemplare des Toromiros im Gepäck hatte. Der Traum von der schnellen Rettung erhielt jedoch einen kleinen Dämpfer, als eine Pilzkrankheit die Pflänzchen heimsuchte. "Die meisten Bäumchen sind nach und nach eingegangen", bedauert Lobin.

Einige Exemplare haben jedoch auf der Osterinsel überlebt und dafür gesorgt, dass die chilenischen Kollegen des Botanischen Gartens in Vina del Mar die Initiative übernahmen. Sie haben in den vergangenen Jahren ihre Toromiro-Pflanzen vermehrt und weitere Jungpflanzen auf die Insel gebracht, um dem Toromiro wieder einen festen Platz auf Rapa Nui, wie die Osterinsel in der Sprache der Ureinwohner heißt, zu sichern.

Die Botanischen Gärten haben täglich außer Samstag zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet. An Sonn- und Feiertagen kostet der Eintritt drei, ermäßigt einen Euro. Am Ostersonntag und -montag gibt es jeweils ab 11 Uhr Führungen. Treffpunkt ist am Eingang hinter dem Poppelsdorfer Schloß, Meckenheimer Allee 171. Die Führungen kosten drei, für Kinder ab sechs Jahren zwei Euro. Weitere Infos gibt es auf www.botgart.uni-bonn.de

Die Osterinsel

Die Osterinsel liegt mitten im Pazifischen Ozean, gehört zu Chile und ist knapp 3800 Kilometer vom Festland entfernt. Sie gilt als der Ort auf der Erde, der am weitesten von einem anderen bewohnten Ort entfernt ist. Weltberühmt sind die mächtigen Steinfiguren, die "Moai". Trotz umfangreicher Forschungen ist der eigentliche Zweck dieser mehr als 1000 Statuen und die genaue Zeit ihrer Errichtung umstritten. Heute geht man davon aus, dass die Moai berühmte Häuptlinge oder verehrte Ahnen darstellen, die als Bindeglied zwischen dies- und jenseitiger Welt fungierten. Ein großer Teil der Insel, auf der 5800 Menschen leben, ist Nationalpark und Unesco-Weltkulturerbe.

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