Alter Friedhof in Bonn Bedrohte Grabmäler

Bonn · Der historische Park am Rande der Innenstadt ist für eine ganze Reihe Prominenter letzte Ruhestätte. Viele Gräber sind in einem schlechten Zustand. Nun sucht der Förderverein zum 300. Geburtstag des Friedhofs Unterstützer.

Sein Name ist Programm: Genau 300 Jahre alt wird in diesem Jahr der Alte Friedhof in Bonn. Um ihn kümmert sich vor allem die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs, die ebenfalls einen runden Geburtstag feiern: Der Förderverein besteht seit 40 Jahren. In den kommenden Wochen plant er anlässlich dieses Doppeljubiläums zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten.

Den Auftakt bildete am Mittwoch ein Empfang im Alten Rathaus. Der einst als neuer Friedhof für "gemeine Einwöhner, Paßanten und Soldaten" damals noch vor den Toren der Stadt Bonn auf Initiative von Kurfürst Josef Clemens eröffnete Friedhof ist insgesamt ein Denkmal. Mit eines der wichtigsten Anliegen des Vereins ist es deshalb, möglichst viele Paten zu finden, die sich um die Pflege der meist historischen Gräber kümmern.

Sie erhalten dafür das Recht, ebendort bestattet zu werden. Beerdigt wird auf dem Alten Friedhof ansonsten nur noch, wenn es sich um Ehrenbürger der Stadt oder um Menschen handelt, deren Angehörige dort ein Familiengrab haben.

Viele Grabsteine sind schon lange durch die Witterung dem Verfall ausgesetzt

Touristen zieht es vor allem wegen der Grabstätte von Robert und Clara Schumann dorthin. Nach einer aufwendigen Restaurierung in den 1990er Jahren wird das erst 24 Jahre nach dem Tod des Komponisten gestaltete Denkmal aus Marmor allerdings regelmäßig im Winter zum Schutze vor Frost und Nässe verhüllt und erst im Frühjahr den Blicken seiner Bewunderer wieder freigegeben.

Somit hebt sich das Schumann-Grab angenehm ab von vielen anderen Grabstätten, in denen ebenfalls die eine oder andere Persönlichkeit ruht, die aber offensichtlich keine - um es salopp auszudrücken - so große Lobby wie die Schumanns hat. Viele Grabsteine sind seit Jahrzehnten durch die Witterung dem Verfall ausgesetzt, bei manchen lässt sich die Inschrift nur noch schwer entziffern. Wo nicht Efeu das Grab gnädig bedeckt, schießt das Unkraut in die Höhe. [Öffnungszeiten]

300-jähriges Bestehen ein guter Anlass für eine Patenschaft

Eva Hüttenhain, die rührige Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs, wünscht sich deshalb noch viel mehr Paten, die sich um die Gräber kümmern und vielleicht auch Geld für die Sanierung des einen oder anderen Grabsteins übrig haben. Mithin wäre das 300-jährige Bestehen des Alten Friedhofs ein guter Anlass, eine Patenschaft zu übernehmen, meint die 73-Jährige. Sie selbst hat es auch getan. Zusammen mit acht Bewohnerinnen ihres Mehrgenerationenhauses "Wahlverwandtschaften" an der Heerstraße, von wo aus man einen guten Blick auf den Friedhof hat. Seit 1884 steht er komplett unter Denkmalschutz.

Die Sozialwissenschaftlerin Eva Hüttenhain, die bis zur ihrer Pensionierung als Projektentwicklerin und Arbeitsorganisatorin beim Fraunhofer Institut gearbeitet hat, ist ein strukturierter Mensch. Deshalb war es ihr wichtig, schon zu Lebzeiten zu klären, wo sie später einmal begraben sein will. Die Patenschaft ermöglicht es ihr und ihren Mitbewohnerinnen, sich in dem großen Familiengrab, das sie sich gemeinsam ausgesucht haben, ihre letzte Ruhestätte zu finden. Zwei von ihnen haben diesen Schritt bereits hinter sich.

"Eine Stätte der persönlichen, aber auch der kollektiven Erinnerung"

"Sie waren auch beide schon deutlich älter als ich", sagt sie und lächelt. Nein, ein Friedhof löse in ihr nicht wie bei so vielen Menschen Angst oder Unwohlsein aus. "Im Gegenteil, er ist für mich eine Stätte der persönlichen, aber auch der kollektiven Erinnerung", sagt sie. Er ist vor allem eine Stätte, die viele Geschichten über das Leben erzählen kann. Über Liebe, Leid und Tod. Der Alte Friedhof ist reich an ganz besonderen Geschichten.

Ohne Rehfues würde es die Universität Bonn wohl nicht geben

Hüttenhain zeigt auf das Grab von Philipp Josef Rehfues. Es liegt unweit vom Eingang an der Bornheimer Straße und ist sichtlich in einem schlechten Zustand. "Es wäre schön, wenn vielleicht jemand von der Universität sich darum kümmern könnte", sagt sie. Immerhin würde es die Rheinische-Friedrich-Wilhelms-Universität ohne ihn vermutlich nicht geben. Rehfues kam 1814 als Kreisdirektor nach Bonn, als Köln und Bonn um die Ansiedlung einer neuen Universität konkurrierten. Da hatte er schon ein bewegtes Leben hinter sich.

Er wurde 1779 als Sohn eines Bürgermeisters in Tübingen geboren und ging nach ein paar Semestern evangelischer Theologie als Hauslehrer nach Livorno. Später ließ er sich in Rom nieder, wo er in illustren Kreisen verkehrte und dort unter anderem Wilhelm von Humboldt kennenlernte. Die Bekanntschaft mit Kronprinz Wilhelm, dem späteren König Wilhelm I. von Württemberg, legte sozusagen den Grundstein für seine Karriere als leitender Beamter. In der Funktion setzte er sich sehr dafür ein, dass Bonn Universitätsstadt wurde - wie man noch heute sieht, mit Erfolg.

Nur ein halbes Jahr nach Gründung der Universität wurde der Nicht-Akademiker Rehfues ihr Kurator. Nach seiner Pensionierung lebte er bis zu seinem Tod nur ein Jahr später auf seinem Gut in Königswinter. Rehfues war mit Carolina Eleonora von Meusebach verheiratet und hatte mit ihr zwei Söhne und drei Töchter.

Gusseisernen Gedenktafel: eine der ältesten erhaltenen Beispiele dieser Art von Gedenkzeichen

Nicht weit entfernt von Rehfues' Grab ist Carl Pontus Lilljehorn beerdigt. Auch für diese Grabstätte wünscht sich Hüttenhain dringend einen Paten, der die Pflege und vielleicht auch die Restaurierung der gusseisernen Gedenktafel übernehmen könnte. Sie ist eine der ältesten erhaltenen Beispiele dieser Art von Gedenkzeichen. Der schwedische Oberstleutnant gehörte zu den Verschwörern, die 1792 den schwedischen König Gustav III. auf einem Maskenball ermorden wollten.

Lilljehorn hatte den König jedoch auf diesem Ball vor den Mördern gewarnt, indem er ihm einen Zettel zusteckte. Das bewahrte ihn letztlich vor der Hinrichtung, allerdings musste er Schweden verlassen. Er fand schließlich in Bonn eine neue Heimat und verbrachte hier seinen Lebensabend als "Privatier", wie die Bonner Zeitung, die Vorgängerin des General-Anzeigers, 1820 unter der Rubrik "Sterbefälle" meldete. Der Anschlag auf den Schwedenkönig bildete übrigens auch die Grundlage für Verdis Oper "Ein Maskenball".

Viele Gräber haben noch keine Paten

[kein Linktext vorhanden]Eva Hüttenhain bleibt nachdenklich vor einem anderen Grab stehen. Es ist die letzte Ruhestätte von zwei Personen namens Röttgen und Rosen. Zu diesen Toten kennt sie ausnahmsweise keine Hintergründe. Trotzdem wäre sie froh, wenn auch dieser Stein des Grabes restauriert werden könnte. "Schauen Sie mal", sagt sie und zeigt auf einen Kranz, der auf dem Stein abgebildet ist. "Es handelt sich um einen Kranz aus Mohn als Symbol des Schlafs, das ist etwas ganz Besonderes." Der Stein ist allerdings aus Sandstein, wie so einige auf dem Alten Friedhof, und deshalb viel anfälliger für Witterungseinflüsse als die Gedenkstätten aus Gusseisen oder Marmor.

Auch die Frau und der Sohn von Schiller liegen hier

In sehr gepflegtem Zustand befindet sich dank des Vereins Beethovenhaus das Grab von Beethovens Mutter Maria Magdalena van Beethoven. Neuerdings hat sich ein Bonner bereit erklärt, für die Grünpflege des Grabes von Schillers Frau Charlotte und deren Sohn Ernst aufzukommen. Darüber ist Hüttenhain froh. "Anders als ein Grabpate hat man mit der bloßen Grabpflege zwar keinen Anspruch, später selbst auf dem Alten Friedhof seine letzte Ruhestätte zu finden. Aber das will der Herr auch gar nicht. Er ist einfach ein großer Schiller-Freund und möchte, dass das Grab der Angehörigen schön aussieht."

Wie kommt es, dass die Frau und der Sohn des großen Dichters überhaupt im Bonn begraben wurden? Charlotte von Schiller besuchte 1925 ihren Sohn, als dieser in Köln als Appellationsrat am Kölner Landgericht tätig war. In Bonn war sie wegen eines Augenleidens in Behandlung. Sie starb aber kurz nach einer Operation. Und so kam es, dass sie in Bonn zu Grabe getragen wurde. Da war ihr in Weimar beerdigter Mann Friedrich von Schiller bereits 20 Jahre tot.

Karl Heinrich Sack lehrte in Bonn

In der Nähe der Friedhofsverwaltung ist Karl Heinrich Sack beerdigt. Auch sein Grab könnte gut einen Freund gebrauchen, der sich ums Grün und um den Stein kümmert, findet Hüttenhain. Vielleicht findet sich ja jemand von der Kreuzkirchengemeinde dazu bereit, hofft sie. Denn der evangelische Theologe Sack lehrte nicht nur seit 1818 an der Bonner Universität, sondern war auch als erster Pfarrer an der 1819 neu gegründeten evangelischen Gemeinde, der heutigen Kreuzkirche, tätig.

Er war Mitglied der Generalsynode der Landeskirche in Preußen und setzte sich für eine presbyterial-synodale Kirchenverfassung nach dem Vorbild der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung ein. 1847 ging er als Konsistorialrat nach Magdeburg. Nach seiner Emeritierung 1860 wirkte er noch bis 1862 als Honorarprofessor und ging dann wieder nach Bonn zurück, wo er bis zu seinem Tod am 16. Oktober 1875 in Poppelsdorf lebte.

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