Bonner Kirchen und ihre Schätze Eichhörnchen als Symbol

LESSENICH · Eichhörnchen, Schmetterling, Spinne. Was haben diese Tiere in einer Kirche zu suchen? Aus Ton von Hein Gernot gearbeitet, sitzen sie neben Hahn, Taube, Henne und Katze in den kleinen Fensternischen von Sankt Laurentius in Lessenich. Das ist allerdings kein dekorativer "Nippes". Im Gegenteil: "Jedes Tier hat in der Theologie eine besondere Symbolik", erklärt Engelbert G. Kalkum vom Arbeitskreis Laurentiuskirche.

 Engelbert Kalkum zeigt die Wandmalereien, die in den 60er Jahren bei der Sanierung von Sankt Laurentius in Lessenich zum Vorschein kamen.

Engelbert Kalkum zeigt die Wandmalereien, die in den 60er Jahren bei der Sanierung von Sankt Laurentius in Lessenich zum Vorschein kamen.

Foto: Roland Kohls

So nimmt die Spinne Bezug auf Hiob ("...ein Spinnwebe ist seine Zuversicht, ein Spinn-Netz sein Verlass"). Henne und Küken sind Symbole für die Kirche und für Ostern. Und das Eichhörnchen? "Das hat verschiedene Bedeutungen", holt Kalkum aus. Denn zum einen gebe es im Volksmund die Redewendung "Der will mir weiß machen, der Teufel sei ein Eichhörnchen", zum anderen nehme das Tier auch direkten Bezug auf die Pfarrkirche. Denn bei Renovierungsarbeiten wurde 1962 ein Secco-Malereifragment im Bogen zum südlichen Seitenschiff freigelegt, auf dem ein Jäger und ein Eichhörnchen zu sehen sind. "Das ist ein Hinweis auf den Edelmann, dessen Aufgabe es ist, das Kleinvieh und damit das Böse zu bekämpfen", so Kalkum. Das im gegenüber liegenden Seitenschiff, nahe dem Tabernakel, angebrachte Eichhörnchen aus Ton soll die Gläubigen hingegen mahnen, "macht es wie das Eichhörnchen, sammelt die reichen Gaben der Kirche, die in den Sakramenten geboten werden, für eure Winterzeit", interpretiert der ehemalige Kirchenvorstand. "Diese Symbolik ist ganz einzigartig und deshalb für mich unser größter Kirchenschatz", so Kalkum.

Sankt Laurentius ist wahrscheinlich eines der ältesten erhaltenen sakralen Bauwerke des Rheinlandes. Mauerreste unter dem Fundament lassen sogar vermuten, dass die Kirche auf einem Gebäude aus römischer Zeit errichtet wurde. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie am 31. März 1131. In diesem Dokument bestätigt Papst Innozenz II. dem Cassiusstift seine Besitztümer. Zur Pfarre gehörten damals auch Alfter, Duisdorf, Gielsdorf, Meßdorf und Oedekoven mit ihren Kapellen. Um 1200 wurden Chorturm und ein nördliches Seitenschiff angebaut. Mitte des 13. Jahrhunderts kam ein südliches Seitenschiff hinzu.

Auf Drängen des Stiftpropstes Nicolaus von Rosenberg hat der damalige Kölner Erzbischof schließlich am 5. Februar 1385 die Pfarrei Lessenich mit Kirche und Kapellen dem Cassiusstift voll inkorporiert. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Gotteshaus stark beschädigt. 1645 verwüsteten hessische Truppen die Gegend nordwestlich von Bonn und zerstörten dabei auch Sankt Laurentius. Beim Wiederaufbau gab es Veränderungen. Das südliche Seitenschiff wurde abgerissen, die Fensterfronten verändert, ein durchgehendes Satteldach errichtet. Noch heute sind in der Fassade Ziegelscheiben zu erkennen. "Die stammen wahrscheinlich aus einem alten römischen Landhaus, das in der Umgebung gestanden hat", so Kalkum.

1778 wurden drei Glocken aus der Werkstatt von Martin Legros geweiht. Das Geläut soll damals auf das des Bonner Münsters abgestimmt worden sein. Anfang der 1960er Jahre musste die Kirche wegen Einsturzgefahr grundlegend renoviert werden. Die Fachdecke wurde durch ein offenes Dachgebälk ersetzt, der ehemalige Grundriss wieder hergestellt. Bei diesen Arbeiten wurde auch die spätgotische Malerei entdeckt. Im Mittelgang kamen zudem zwei Grabplatten zum Vorschein, die heute in der Außenwand des Seitenschiffs angebracht sind.

Die Farbwahl bei der Renovierung des Innenraums orientierte sich am Bonner Münster. Ein altes Altarbild von 1621, das den Heiligen Laurentius zeigt, wurde ebenfalls wieder angebracht. Nur zufällig war damals auf dem Dachboden des Pfarrhauses ein altes spanisches Ölbild (Jesus am Kreuz) entdeckt worden, das nun ebenfalls zu sehen ist.

Heute ist Sankt Laurentius als kleine Hochzeitskirche bei Brautpaaren sehr beliebt. Maximal 300 Gläubige haben in dem Gotteshaus Platz.

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