Ausstellung im Japanischen Garten 90 Bäumchen im Wert von 100 000 Euro

BONN · Ruhig, beinahe meditativ kümmerte sich Karl-Heinz "Charly" Radermacher um das kleine Nadelbäumchen. Er zupfte mit einer Zange kleinere Zweige ab, warf zwischendurch immer wieder einen suchenden Blick auf den Baum: Gibt es es noch Stellen, an denen er Hand anlegen kann, um diesen Bonsai weiter zu verschönern? Besuchern im Japanischen Garten in der Rheinaue zeigte er, worauf es beim Schnitt ankommt.

 Hans-Josef Fröhlich aus Unkel zeigt seinen Bonsai-Wacholder bei der Ausstellung im Japanischen Garten (linkes Foto). Das rechte Foto zeigt Mitglieder des Bonsai-Teams Bonn, die einige Nächte in der Rheinaue campierten.

Hans-Josef Fröhlich aus Unkel zeigt seinen Bonsai-Wacholder bei der Ausstellung im Japanischen Garten (linkes Foto). Das rechte Foto zeigt Mitglieder des Bonsai-Teams Bonn, die einige Nächte in der Rheinaue campierten.

Die Ergebnisse solcher Pflege präsentierte das Bonsai-Team Bonn an Pfingsten bei seiner 14. Freiluftausstellung. Gut 90 Bäumchen verschiedenster Art waren zu sehen, einige konnte man auch kaufen. "Zusammengerechnet stehen hier Bonsais im Wert von 100.000 Euro", erklärte Matthias Szarata. "Aber eigentlich ist der ideelle Wert noch wichtiger, weil für unsere Mitglieder jeder Baum seine eigene Geschichte hat." Viele Besucher erfreuten sich an den kunstvoll klein gehaltenen Azaleen, Lärchen und Birken, die auf stoffbehangenen Tischchen zwischen den dauerhaft im Japanischen Garten wachsenden Büschen und Bäumen ausgestellt waren. Interessiert zogen sie ihre Runden am Wasserfall entlang und über den hölzernen Steg.

Und nachts standen die Bonsais unter besonderem Schutz. Es waren aber keine Futons, sondern bequem gepolsterte Klappliegen, auf denen sich fünf Männer des Bonsaiteams zur Ruhe legten. Drei Nächte lang haben die Freunde der Miniaturvegetation mitten im Japanischen Garten campiert. "Wenn wir hier schlafen, fühlen wir uns immer ein bisschen in die Jugend und unsere Zeltlagerzeiten zurückversetzt", sagte Karl-Heinz Glander schmunzelnd. "Das sind drei Tage kleine Ferien für uns." Ehe die Nachtwächter sich unterm Dach des Pavillons zur Ruhe legten, installierten sie zusätzliche Lichter und sicherten das Gelände mit Bewegungsmeldern. Um sechs Uhr morgens kam dann die Ablösung.

Täglich müssen die Bäumchen Wasser bekommen. "Am Tag muss ich grundsätzlich eine Stunde gießen", erklärte Hans-Josef Fröhlich aus Unkel. Je kleiner die Blätter und der Abstand zwischen diesen, desto besser. Es gebe viele Gestaltungsmöglichkeiten. Durch Beschneiden könne man das Wachstum beeinflussen. "Die Schnittmaßnahmen betreffen auch die Wurzeln." Weiterhin könne man Zweige mit Draht umwickeln, um ihnen eine Wachsrichtung vorzugeben. Fröhlich ist seit Anfang der 80er Jahre Bonsaifan. Und er hatte die typischen Anfängerfehler gemacht. Auf der Bundesgartenschau 1983 in München hatte er sich Bonsaisamen andrehen lassen. Heute weiß er: "Bonsaisamen gibt es nicht." Und er zieht seine Bäumchen längst nicht mehr selbst, sondern geht in den Wald und sucht sogenannte "Yamadori": Das japanische Wort lässt sich mit "Findling" übersetzen. Das sind Bäume, die ein gewisses Alter erreicht haben, aber nie groß gewachsen sind, etwa weil die Wurzeln nicht genügend Platz haben oder die Blätter zu wenig Licht bekommen. Die werden ausgegraben und mitgenommen - "aber nur mit Genehmigung des zuständigen Forstamtes".

In Japan sind das laut Fröhlich oft Azaleen und Mädchenkiefern, in Deutschland heimische Bäume wie die Lärche, Eiche, Kiefer und Buche - letztere sei gut geeignet, "sie verzeiht viel" - und in den USA wieder andere Arten. Er hat sich momentan auf Eiben spezialisiert. "Wer sich diesem Hobby verschreibt, muss Geduld haben." Und ein gutes Händchen. Und natürlich eine schöne Schale für die Bäume.

Weitere Infos zum Verein unter Tel. 0171/327 69 93 und auf www.bonsai-team-bonn.de

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