Die Angst nimmt zu Juden in Bonn fühlen sich vom Staat gut geschützt

BONN · Die jüdische Gemeinde in Bonn sieht sich nach den Anschlägen in Paris - anders als die Juden in Frankreich - nicht stärker bedroht. Rabbiner Shlomo Aminov, der seit November die Gemeinde führt, zeigte sich stark bewegt von den Anschlägen in Frankreich, sieht aber die Lage in Deutschland als unverändert an.

 Die Polizeikommissare Sherin Kamhieh und Johannes Pütz haben die Synagoge in der Tempelstraße im Blick.

Die Polizeikommissare Sherin Kamhieh und Johannes Pütz haben die Synagoge in der Tempelstraße im Blick.

Foto: Leif kubik

"Meine Frau stammt aus Frankreich, und wir waren erst vor kurzem mit ihren Eltern ganz in der Nähe des Anschlagorts Pizza essen", erzählt Aminov. "Wir fühlen uns hier in Bonn aber gut geschützt", so der junge Rabbiner weiter. Insbesondere die Zusammenarbeit mit der Bonner Polizei sei hervorragend.

Nichtdestotrotz fühlen sich viele Gemeindemitglieder offenbar latent bedroht. Bereits seit einigen Jahren, spätestens seit den Anschlägen von Toulouse und Brüssel sei die Angst zunehmend größer geworden, finden viele. "Wir fühlen uns sicher, aber ständig einen Polizeiwagen vor der Tür stehen zu haben, ist ja keine wirkliche Normalität", meint auch Marina Fedorova, die in der Gemeinde als Sozialarbeiterin arbeitet.

"Wir sind hier zu Hause, und hier hat sich ja Gott sei Dank nichts verändert", findet Avram Holoborodskyy, der Aminov als Gabbai, als Unterstützer des synagogalen Betriebes, zur Hand geht. "Wir werden in Deutschland gut vom Staat geschützt. Es gibt leider genug Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, aber Behörden und Regierung geben mir ein Gefühl von Sicherheit."

Etwas anders stellt sich die Situation im benachbarten Köln dar: Alexander Sperling, der Geschäftsführer der dortigen Synagogengemeinde sieht durchaus die Gefahr von Nachahmungstätern oder Trittbrettfahrern, auch wenn zum Glück noch nichts Derartiges passiert sei.

"Meine Gesamteinschätzung hat sich schon ein bisschen verändert", so Sperling. Trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen bleibe bei vielen Gemeindemitgliedern ein Gefühl der Angst. "Die gehört fast schon zum Alltag", bedauert er. Dennoch sei die Situation in Deutschland definitiv anders als im benachbarten Frankreich: Trotz der durchaus oft spürbaren Angst gebe es hierzulande zum Beispiel keine Auswanderung nach Israel im großen Stil. Gerade jetzt komme es darauf an, nicht den Kopf einzuziehen: "Es ist wichtig, dass die Presse berichtet."

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