Aufwendige Restaurierung Auf Tuchfühlung mit Clemens August

IPPENDORF/ENDENICH · Flink klettert Katja Piech die wackelnde Treppe hinauf, legt sich auf das Gerüst und macht sich mit einem kleinen Pinsel an die Arbeit. Dort oben ist sie den schwebenden Putten im prächtig ausgemalten Firmament näher als dem Erdboden. "In meinem Beruf muss man schwindelfrei sein und darf keine Angst vor Dreck haben", sagt die Restauratorin aus Brühl und lacht.

 Filigrane Arbeit: Katja Piech restauriert das Orgelgehäuse in der Kreuzbergkirche in Ippendorf.

Filigrane Arbeit: Katja Piech restauriert das Orgelgehäuse in der Kreuzbergkirche in Ippendorf.

Foto: Barbara Frommann

Mindestens sechs Wochen lang wird die schwankende Konstruktion in der Kreuzbergkirche ihr Arbeitsplatz sein. Denn Katja Piech restauriert das Orgelgehäuse in der bekannten Pilger- und Wallfahrtskirche auf Bonns Anhöhe. Schon mehrfach hat sie die Spuren der Zeit an dem Gebäude beseitigt. Ob Stuckelemente nachbilden, Malereien ausbessern oder Schäden an der Fassade beheben: "Holz, Steine, Wände - das ist mein Metier."

Dabei fühlt sich die Restauratorin in der üppig-barocken Umgebung gleich zu Hause. "Ich habe viel in Brühl gearbeitet", strahlt sie und stülpt ihre weißen Arbeitshandschuhe ab. Deshalb ist sie mit Clemens August quasi seit Jahrzehnten auf Tuchfühlung. Schließlich trägt nicht nur Schloss Augustusburg unverkennbar die Handschrift des Kurfürsten, sondern auch die Kreuzbergkirche.

1746 gab Clement August Balthasar Neumann den Auftrag zum Bau der Heiligen Stiege. Im Zuge dieser Arbeiten erhielt das Gotteshaus dann auch die kostbare barocke Ausgestaltung. "Ganz ähnlich wie im Brühler Schloss", so Piech. "Man erkennt deutlich, dass hier die gleichen Handwerker gearbeitet haben. Das verraten die Farbwahl und die Ausführung. Das ist wie eine Signatur."

Für die Arbeiten an dem Orgelgehäuse, dem sogenannten Prospekt, ist es höchste Zeit. Über Jahrzehnte ist offenbar Feuchtigkeit eingedrungen, Risse machen sich breit. An manchen Stellen ist die Vergoldung bereits abgeplatzt. Mehrfach entdeckte Piech Schimmel- und Parasitenbefall, Schollen der Polimentvergoldung haben sich vom Untergrund gelöst.

Zudem wurden in der Vergangenheit Schäden nicht immer sachgerecht behoben. Überall entdeckt die Expertin, dass die Malereien mit unterschiedlichen Farben ausgebessert und ergänzt wurden. "Man sieht deutlich, dass hier mehrfach etwas verändert wurde."

"Festigung vor Reinigung" - diesem Prinzip folgend, wird Piech in den nächsten Tagen erst einmal den Untergrund entstauben und überprüfen. Dann wird sie eine erste Übersicht darüber haben, was gefestigt, ergänzt und retuschiert werden muss und was wieder verwendet werden kann. Erst danach beginnt sie mit der Ausbesserung.

"Früher hatte man ganz andere Farben", erklärt sie und deutet auf die Malerei über ihrem Kopf. "Die wirkte sehr starr und steif. Heute kann ich andere Mittel einsetzen, die viel flexibler und sensibler die Darstellung untermauern", erzählt die Restauratorin. Ihre eigene Kreativität muss sie dabei aber außer Acht lassen. "Es bleibt alles so erhalten, wie es im Originalzustand war."

Deshalb wird sich äußerlich auch nichts verändert haben, wenn Dietger M. Kuller, Rektor der Wallfahrtskirche, nach Abschluss der Arbeiten hoch auf die Orgelempore blicken wird. "Optisch bleibt alles beim Alten", verspricht Katja Piech. Ebenfalls keine Sorgen muss sich Kuller wegen der Kosten machen. Da Kirche, Heilige Stiege und der antike Teil des Klosters NRW-Eigentum sind, werden die Restaurierungskosten in Höhe von 30 000 Euro vom Land getragen.

Zwar freut sich die Restauratorin, die in der Region aufgewachsen ist und bei den Ursulinen in Hersel ihr Abitur gemacht hat, stets auf die Arbeit an Bauwerken aus der Epoche des Kölner Kurfürsten. Dennoch hat sie einen Traum, über den sie nicht lange nachdenken muss: "Im Castel del Monte, der Stauferburg Friedrichs II. in Apulien, wäre ich gerne einmal tätig. Das wäre für mich wirklich etwas ganz Einzigartiges."

Was sie dort erwarten würde, das weiß sie ganz genau. Schließlich hatte sie während ihrer Ausbildung ein Stipendium im Rahmen der Begabtenförderung zum Handwerker in der Denkmalpflege absolviert. Damals arbeitete sie bereits ein halbes Jahr lang in Venedig. "Diese Zeit und diese Erfahrung sind für mich unvergesslich", so die Restauratorin.

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