Interview mit RSAG-Chefin Ludgera Decking Über Kaffee-to-go-Müll und Einweghandys

Bonn · Stadt 4.0: Zukunft ohne Müll und Stau?" lautet morgen das Thema bei einem Wissenschaftstalk in der Bundeskunsthalle. Antworten geben wird dabei ab 19 Uhr auch Ludgera Decking, Geschäftsführerin der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG). Mit ihr sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

 Ludgera Decking ist Chefin der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft mit Sitz in Siegburg.

Ludgera Decking ist Chefin der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft mit Sitz in Siegburg.

Foto: Axel Vogel (Archiv)

Eine Stadt ohne Müll - ist das nur ein Wunschtraum?
Ludgera Decking: Sagen wir mal so: Wir arbeiten langsam darauf hin. Ob wir das erreichen werden, wird sich zeigen. Vor allem ist ja auch die Frage, wann.

"Zwanzig30" heißt die Diskussionsreihe. Da wird das noch nicht sein?
Decking: Das sieht im Moment sicher nicht danach aus.

Dann lassen Sie uns darüber reden, wie wir darauf hinarbeiten. Wer ist gefragt?
Decking: Ich glaube, dass die Hauptverantwortung bei den Müllproduzenten liegt. Produkte müssten so hergestellt werden, dass sie wirklich recycelt werden können. Es gibt Produkte, in denen verschiedene Kunststoffarten so miteinander verbunden worden sind, dass man sie nicht mehr trennen kann. Wir müssen also sagen: Stellt eure Produkte so her, dass wir sie wirklich recyceln können.

Ein Produzent von Müll ist aber auch der Mensch ...
Decking: Er ist Konsument. Er nimmt das, was ihm angeboten wird. Vielfach durchschaut er dabei gar nicht, was er erworben hat. Ich erinnere an die Elektrogeräte, bei denen man heute nicht mehr an den Akku heran kann, um ihn vielleicht auszutauschen. Da lässt sich also nichts mehr reparieren.

Clever vom Hersteller, nicht wahr?
Decking: Ja, das gilt auch bei Geräten, die nach festgelegter Zeit kaputtgehen. Auch das sind Themen, die der Verbraucher nur bedingt beeinflussen kann.

Gäbe es hier auch einen Appell an die Stadt- und Kommunalverwaltungen?
Decking: Viele Städte organisieren ja zum Beispiel schon abfallarme oder -freie Veranstaltungen, bei denen zum Beispiel kein Einweg-, sondern nur Mehrweg-Geschirr verwendet wird.

[Zur Person]Was sagen Sie zum enorm steigenden Kaffee-to-go-Müll?
Decking: Nächste Woche ist die Europäische Woche der Abfallvermeidung. Wir werden in Siegburg in der Fußgängerzone thematisieren, welche erheblichen Auswirkungen es bei genau diesen Papp-Kaffeebechern gibt, welche Mengen da derzeit auf den Markt gehen. Hier könnte gerade der Verbraucher selbst einsteigen und Mehrwegbecher nutzen, also etwa eigene Becher befüllen lassen.

Sie nehmen den Verbraucher also nicht aus der Verantwortung?
Decking: Natürlich kann er mit seinem Konsumverhalten Einfluss nehmen, kann möglichst Dinge kaufen, die gut recycelfähig sind. Aber da bleibt die Frage: Wie viele Informationen bekommt er wirklich dazu, und wie viel wird ihm vorenthalten?

Sie haben kürzlich mit dem Spruch "Tausche Schwiegermutter gegen Kiste Bier" für Ihren RSAG-Tauschmarkt geworben. Wie läuft er?
Decking: Gut. Der Bürger wird animiert zu schauen: Gibt es bei mir im Haushalt Produkte, die ich selbst nicht mehr, aber vielleicht jemand anderes noch brauchen könnte? Dafür haben wir online diesen Tausch- und Verschenke-Markt eingerichtet.

"Zwanzig30": Wie sieht die Stadt aus, die Sie sich persönlich wünschen?
Decking: Unabhängig von meiner Funktion: Meine Stadt soll lebenswert sein. Das heißt vor allem sauber, man soll sich sicher fühlen. Der Bürger soll lebenswerte Räume vorfinden, in denen er sich gerne aufhält. Für mich heißt das: kein wilder Müll, kein Graffiti, kein wildes Plakatieren. Da komme ich dann gleich wieder zu unseren Aufgaben: Wir versuchen natürlich, wilden Müll zu verhindern.

Mit Aufklärung?
Decking: Ja, wir haben Umweltbildung im Haus, die sich genau mit diesen Fragen befasst. Die etwa auch auf das Thema Lebensmittelverschwendung eingeht. Die in Vorträgen zeigt, wie man richtig einkauft, wie lange man Lebensmittel dann doch noch nutzen kann und sie, wenn es nötig ist, dann richtig entsorgt.

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