Die Nationale Anti-Doping-Agentur Im Wettlauf mit den Tricksern

BONN · Am Schriftzug gibt sich die unscheinbare Villa an der Heussallee 38 zu erkennen. "Nada" steht da schwarz auf weiß. "Die meisten Besucher sind erstaunt, wenn sie das erste Mal hier sind", sagt Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der Bonner Institution. "Sie erwarten eine riesige graue Behörde." Seit ihrer Gründung 2002 sitzt die Nationale Anti-Doping-Agentur im Regierungsviertel.

 Die Arbeit der Nada nutzt vor allem den Sportlern selbst, sagt Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann, die selbst als Basketballspielerin Erfahrungen im Leistungssport gesammelt hat.

Die Arbeit der Nada nutzt vor allem den Sportlern selbst, sagt Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann, die selbst als Basketballspielerin Erfahrungen im Leistungssport gesammelt hat.

Foto: Horst Müller

Was sind die Hauptaufgaben der Nada?

8106 Trainingskontrollen auf Doping hat die Nada 2013 durchgeführt, sprich unangekündigte Tests, die nicht beim Wettkampf, sondern während des Trainings, zu Hause oder unterwegs stattfinden. Drei Ergebnisse waren positiv. Das Doping-Kontroll-System (DKS) ist eine Säule der Agentur.

Wer wie oft und wann kontrolliert wird, entscheidet die Nada aufgrund aller ihr vorliegenden Informationen. Genommen werden die Proben von Dienstleistern, analysiert von zwei durch die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) akkreditierte Labore in Köln und im sächsischen Kreischa. Ergebnis und Name des Athleten zusammenführen kann aber nur die Nada selbst. Seit 2011 übernimmt sie auch die Medikationskontrollen bei Pferden außerhalb des Wettkampfs. Aber die Kontrolle ist längst nicht die einzige Aufgabe.

"Die zweite große Säule ist die Prävention. Diesen Bereich haben wir seit der Gründung stetig ausgebaut." Dazu gehört es, Sportler, ihr Umfeld und die Öffentlichkeit über die Folgen von Doping zu informieren, aber auch Auflistungen verbotener und erlaubter Medikamente zur Verfügung zu stellen. In Fällen, in denen ein Medikament gesundheitlich notwendig ist, stellt die medizinische Abteilung Ausnahmegenehmigungen aus.

Doping ist, was auf der Wada-Verbotsliste steht. Die wird regelmäßig aktualisiert. Wada, Nada und die mit ihnen zusammenarbeitenden Forscher versuchen vorherzusehen, welche Mittel und Methoden zukünftig eine Rolle spielen könnten, beispielsweise neue Medikamente, die auf den Markt kommen. Es sei ein stetiger Wettlauf, sagt Gotzmann. "Aber wir sind inzwischen richtig gut geworden." Sie glaube nicht, wie einige Nada-Kritiker, dass es ein Kampf gegen Windmühlen sei.

Warum und für wen ist diese Arbeit wichtig?

In erster Linie nutze die Arbeit der Nada den Athleten selbst, sagt Gotzmann. "Die Sportler haben ein Interesse daran, dass die Wettkämpfe fair und sauber ablaufen." Sie erinnere sich gut an eine britische Athletin, die zunächst auf den vierten Rang kam, für sie schon ein großer Erfolg. Erst nach dem Wettbewerb rutschte sie, weil ihre Konkurrentinnen des Dopings überführt wurden, erst auf den Bronze-Rang, dann auf den zweiten Platz und bekam schließlich Gold zugesprochen.

"Sie hat sich natürlich gefreut, aber auch gesagt: Diesen einen Moment, wenn du weißt, dass du die Beste warst und dich vom Publikum feiern lassen kannst, der wurde mir gestohlen." Wie viele Nada-Mitarbeiter hat die Sportwissenschaftlerin und Biochemikerin Gotzmann, die von 1996 bis 2011 am Kölner Institut für Dopinganalytik arbeitete, selbst Erfahrung im Spitzensport gesammelt: Für die deutsche Nationalmannschaft bestritt die Basketballerin 103 Länderspiele.

Wo liegt der Schwerpunkt der Nada im Moment?

Zu den Trainingskontrollen kamen 2013 rund 1260 der insgesamt 5311 Wettkampfkontrollen, die in Deutschland zum Großteil immer noch von den Sportverbänden selbst organisiert werden und bei denen immerhin 50 Sünder ertappt wurden. Ab dem kommenden Jahr soll die Nada auch diese Kontrollen komplett übernehmen. So hat es die Wada festgelegt, um die Unabhängigkeit der Tests zu garantieren.

Auf diese zusätzliche Aufgabe bereitet sie sich gerade vor. Ab 2015 gilt außerdem ein neuer Wada-Code. Das umfangreiche Regelwerk schreibt die rechtlichen Grundlagen fest. "Wer in den Verbänden des organisierten Sports aktiv ist, ist an diese rechtlichen Regeln gebunden", so Gotzmann. In Zukunft wird beispielsweise die Standard-Sperre bei schweren Vergehen von zwei auf vier Jahre erhöht. Dieser Code muss nun als Nada-Code in deutsches Recht übertragen werden.

Wer finanziert die Arbeit?

Politik, Sport und Wirtschaft sollen die Arbeit der Nada finanzieren, so wurde es bei ihrer Gründung im Jahr 2002 beschlossen. "Leider wurde versäumt, festzulegen, wie das genau geschehen soll", sagt Gotzmann. Das führt dazu, dass es immer wieder Diskussionen um das liebe Geld gibt. Erst vergangenes Jahr hatte sich die Agentur mit einem Hilferuf an die Geldgeber gewandt.

Laut Gotzmann fehlte der als unabhängige Stiftung konzipierten Agentur für das Jahr 2014 rund eine Million Euro. Doch in ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD angekündigt, die jahrelange Existenzkrise der Nada zu beenden. Noch liefen die Gespräche, aber "wir sind sehr guter Hoffnung, dass eine nachhaltige Finanzierung in Zukunft gesichert ist".

Warum sitzt die Nada in Bonn?

Die meisten Sportverbände sitzen in Frankfurt, die Bundespolitik in Berlin. "Bei der Gründung 2002 wollte die Nada einen Standort finden, der zwischen diesen beiden Polen liegt und hat sich deshalb für Bonn entschieden", sagt Gotzmann. Sie ist zufrieden mit dieser Entscheidung. "Wir sind gut angebunden."

Das Haus Heussallee 38 hatte der Bund der Stadt im Zuge des Berlin/Bonn-Ausgleichsvertrages überlassen mit der Maßgabe, es der Nada-Stiftung kostenlos zur Verfügung zu stellen. Doch weil die Agentur stetig wuchs - aus anfänglich fünf Mitarbeitern sind inzwischen rund 30 geworden - , gab es immer wieder Platzprobleme.

Zweimal konnte der Wegzug verhindert werden: Die Stadt ließ 2009 einen Anbau errichten. Im vergangenen Jahr stellte ein privater Vermieter dann zwei Häuser neben dem bestehenden Domizil ein Bürohaus zur Verfügung. "Wir werden also erst einmal an der Bonner Heussallee bleiben können", sagt Gotzmann.

Steckbrief

  • Adresse: Heussallee 38
  • Seit wann in Bonn: 15. Juli 2002
  • Mitarbeiter: 29
  • Leitung: Andrea Gotzmann
  • Berufsgruppen: Sportwissenschaftler, Juristen, Mediziner, Pharmazeuten und andere
  • Jahresbudget: 7,7 Millionen Euro (2013)
  • Finanziert durch: Politik, Sport und Wirtschaft
  • Kontakt: www.nada.de
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