Pantheon Dynamit statt Sektkorken

BONN · Vor drei Jahren hatte Rainer Pause Grund, die Champagnerkorken knallen zu lassen. Damals feierte der Bonner Kabarettist und Theaterleiter den 25. Geburtstag des Pantheons, der legendären Bonner Kleinkunstbühne im Bonn-Center am Bundeskanzlerplatz.

 Die Zeit läuft: Martina Steimer, künstlerische Leiterin des Pantheon-Theaters, und Rainer Pause im Casino, der erst 2012 eröffneten zweiten Spielstätte im Bonn-Center.

Die Zeit läuft: Martina Steimer, künstlerische Leiterin des Pantheon-Theaters, und Rainer Pause im Casino, der erst 2012 eröffneten zweiten Spielstätte im Bonn-Center.

Foto: Volker Lannert

Dass dieses Theater hier den 30. Geburtstag nicht mehr feiern wird, steht fest, seit die neue Eigentümerin, die Art-Invest Real Estate, Mitte März bekanntgab, das Gebäude abzureißen oder zu sprengen. Dynamit statt Sektkorken, sozusagen.

Dabei hatte die Kabarettbühne das Theater im Bonn-Center überhaupt erst wieder zu neuem Leben erweckt. Es sei ja in den 60er und 70er Jahren ein Ort gewesen, wo Landesvertretungen und Botschaften die Kultur ihres jeweiligen Landes präsentierten, sagt Pause. Aber in den 80ern sei der Ort ziemlich "heruntergewirtschaftet" gewesen, es habe keine wirkliche Planung mehr gegeben, erinnert er sich: "Wir haben aus dieser Kulturruine wieder etwas gemacht. Es hat von Anfang an gezündet."

1987 war es, als Pause mit einigen Gleichgesinnten einzog, das Pantheon gründete und die Welt des Kabaretts und der Comedy im Herzen des früheren Regierungsviertels auftreten ließ. Dieter Hildebrandt kam, Thomas Freitag oder Helge Schneider, als er noch eine überschaubare Fan-Gemeinde hatte, und viele andere von Ingo Appelt bis Georg Schramm. Heute ist es auch die Heimat von Prix Pantheon und der legendären Pink-Punk-Pantheon-Show.

Die neue künstlerische Leiterin Martina Steimer hat den Blick für neue Strömungen im Kabarett und auch den lokalen Nachwuchs geöffnet und dafür mit dem Casino eine zweite Pantheon-Bühne aufgebaut, die immer mehr auch zur Heimat für Musiker und Poetry-Slammer geworden ist.

Pause ist das Gesicht des Pantheons, als Theaterleiter hinter der Bühne wie in Gestalt seiner Kunstfigur "Fritz Litzmann" an der Seite von Norbert Alich alias "Hermann Schwaderlappen" auf der Bühne. Das aktuelle Programm "Früchte des Zorns" spielt das scheinbar linkische, in Wahrheit aber eloquent-bissige Duo regelmäßig vor ausverkauftem Haus.

Natürlich wäre die Vertragskündigung eine Gelegenheit für Rainer Pause, sein Alter Ego Fritz Litzmann und sich selbst in die Rente zu entsenden. Schließlich ist der in Essen geborene Theatermann mittlerweile 67 Jahre alt. Doch für Pause ist Ruhestand keine Option. Seine Devise lautet: nach vorne schauen. Deshalb stimmt er im GA-Gespräch auch kein großes Lamento über den Auszug des Theaters an, trotz der großen Vergangenheit, trotz des besonderen Standorts nur "einen Steinwurf vom Bundeskanzleramt" entfernt, sondern hält nach Alternativen Ausschau.

Als besonders interessantes Objekt hat der Theaterleiter das Studio der Beethovenhalle ins Auge gefasst. Die Zeit für eine Entscheidung der Bonner Politik im Sinne des Pantheons drängt, obwohl die halbjährige Kündigungsfrist schon deutlich verschoben wurde. "Wir haben die Planungssicherheit bis 2016", sagt Pause.

Naheliegend wäre zunächst freilich, eine Bühne bei der Neubebauung des Areals nach der Sprengung des Bonn-Centers einzuplanen. Das wäre fürs Pantheon und seine 15 Festangestellten jedoch nur begrenzt hilfreich. "Vielleicht könnte man versuchen, in die Richtung zu verhandeln und Druck auszuüben. Aber es wird eine jahrelange Bauzeit geben. Und die müssten wir überbrücken. Für uns würde das bedeuten, zweimal umzuziehen. Diese Jahre würden wir nicht überstehen", argumentiert Martina Steimer. "Allein vor diesem Hintergrund hat sich das erledigt."

Der Charme der Beethovenhalle besteht in zentrumsnahem Standort und der für eine Kleinkunstbühne gut zu nutzenden Infrastruktur des Hauses. Man brauche einen Saal der Größe des Pantheons, "lieber etwas größer", sagt Steimer. Und nach der positiven Erfahrung mit dem kleineren Casino, das man gerade erst für 250 000 Euro ertüchtigt hat, würden Pause und Steimer auch ungerne auf einen zweiten, intimeren Saal verzichten. "Es gibt Künstler, die treten lieber zweimal im Casino auf als einmal im Pantheon", weiß Steimer.

Mit der Beethovenhalle als neuem Standort könne man dieses Konzept weiterführen. Das größere Studio böte als Hauptspielstätte mit Stühlen und Tischen 368 Gästen Platz, haben die Theaterleiter ausgerechnet. Pause: "Es ist ganz ähnlich gebaut wie das Pantheon-Theater. Es hat ja auch diese podestartige Erhöhung im Halbkreis. Und man sitzt nah an der Bühne dran." Und der kleinere Kammermusiksaal nebenan könnte dann als Casino-Bühne genutzt werden. "Das würde außerdem den Standort Beethovenhalle ganz neu beleben. Gerade unser Publikum ist eines, das die Barriere zwischen klassischer Musik und Kabarett nicht mehr so sieht." Zuletzt habe man im Jahr 100 000 Gäste gezählt. "Auch als gastronomischer Standort würde die Beethovenhalle gewinnen", meint Steimer.

Nicht nur, dass sich das Konzept aus der Sicht des Leitungsduos relativ problemlos auf diesen Standort übertragen ließe, auch sieht man gute Möglichkeiten, mit der Beethovenhalle, die bislang auch schon häufiger vom Pantheon als großer Veranstaltungsraum gebucht wurde, enger zu kooperieren. "Es ist eine Frage des politischen Willens in der Stadt und der Vorstellungskraft, was aus diesem Ort werden kann", ist Steimer überzeugt. Eine Nutzung wäre aus ihrer Sicht erst einmal unabhängig von einer Entscheidung für oder gegen ein Festspielhaus neben der Beethovenhalle.

Eine Realisierung würde den Einzug des Pantheons in die Beethovenhalle aber erleichtern, schon weil das Beethoven Orchester dann nicht mehr Hauptnutzer wäre. Orchestermanager Michael Horn meint, dass die Entscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher auch städtischer Interessen fallen sollte und bringt just den neuen Konzertsaal ins Spiel: "Da aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt die entscheidenden Fragen zum Thema ,Festspielhaus', den Spielstätten des Theaters Bonn oder auch eines Probenraumes für das Beethoven Orchester noch nicht abschließend beantwortet sind, kann die Frage nach der zukünftigen Heimat des Pantheons aus meiner Sicht nicht isoliert beantwortet, sondern muss im Gesamtkontext betrachtet werden."

Das Pantheon dringt nun auf eine rasche Entscheidung der Bonner Politik. "Die von uns vorgeschlagene Lösung muss in der Politik klar, offen und vorwärtsgerichtet diskutiert werden. Wir brauchen eine Grundsatzentscheidung. Wenn die Politik zu spät reagiert, ist das Ding den Bach runter", sagt Pause, "denn für den Betrieb eines Theaters in dieser Größenordnung braucht man Zeit und vor allem Planungssicherheit!"

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