Mieterhöhungen in Graurheindorf Mietspiegel wird zum Zankapfel

GRAURHEINDORF · Im Streit um die Mieterhöhungen in den Wohnungen der Rheinhaus Wohnbau GmbH an der Herseler Straße macht der Vermieter Ernst: Am Dienstag reichte das Unternehmen beim Bonner Amtsgericht Klage gegen einen Mieter ein. Darin bezweifelt die Gesellschaft, dass der qualifizierte Mietspiegel die angemessenen Quadratmeterpreise für die eigenen Wohnungen wiedergeben würde.

 Mieter wie Waldemar Dupper warten zurzeit darauf, dass das Gericht die Klage des Vermieters prüft.

Mieter wie Waldemar Dupper warten zurzeit darauf, dass das Gericht die Klage des Vermieters prüft.

Foto: Ottersbach

In der Tat sei die Klage für Rheinhaus die einzige Möglichkeit, die Mieterhöhung oberhalb des Mietspiegels durchzusetzen, erklärt Mirco Theiner vom Mieterbund Bonn/Rhein-Sieg/Ahr. "Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass sie wirklich vor Gericht ziehen werden", sagt Theiner, der Rechtsanwalt ist. Denn schließlich sei der Mietspiegel noch in diesem Jahr um 3,5 Prozent erhöht worden.

Im Herbst hatte der Vermieter angekündigt, die Mieten 2014 oberhalb des anerkannten Bonner Mietspiegels ansiedeln zu wollen. Daraufhin wandte sich der Großteil der Bewohner an den Mieterbund und stellte sich quer. Darunter war auch Waldemar Dupper, der befürchtet, dass er die erhöhte Miete nicht zahlen kann und ausziehen muss.

Im Fall von Heinz und Monika Junglas verlangt Rheinhaus ab 2014 eine Erhöhung von 6,56 Euro auf 7,81 Euro pro Quadratmeter. Bei rund 75 Quadratmetern Wohnraum sind das etwa 90 Euro mehr im Monat. "Eine Erhöhung ist in Ordnung, wenn sie rechtens ist", sagt Heinz Junglas, der seit dem Neubau des Wohnhauses 1962 dort lebt. Laut Mietspiegel wären aber nur 6,98 Euro gerechtfertigt.

Das rüstige Ehepaar lassen die Einschüchterungsversuche, wie es selbst sagt, kalt. Es zahlt nicht mehr als die 6,98 Euro. "Soll Rheinhaus uns verklagen, wir geben nicht nach wie viele andere, die Angst haben", so Monika Junglas. Mehrere Schreiben an Rheinhaus blieben bisher unbeantwortet. Besonders dreist finden sie, dass ihre Wohnung ab 2014 in der Wohnlage als "mittel" eingestuft ist, im Mietspiegel aber nur unter "einfach" geführt wird.

Der Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber (SPD), der parlamentarischer Staatssekretär beim Justiz- und Verbraucherministerium ist, kritisiert dieses Vorgehen: "Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn Rheinhaus die Miete über das durch den Mietspiegel erlaubte Niveau erhöhen will und die Mieterinnen und Mieter unter Druck setzt."

Er vermutet, dass das Unternehmen darauf setze, dass einige Anwohner ihre Rechte nicht kennen würden. Zuerst seien nämlich die Mieten in einigen Wohnungen erhöht worden, um diese dann als Vergleichsmieten heranzuziehen und teurer als im Mietspiegel angesetzt zu vermarkten.

Im Herbst hatte Rheinhaus noch argumentiert, dass man mit steigenden Kosten zu kämpfen habe und die neuen Mietpreise deshalb gerechtfertigt seien. Es sei in den vergangenen Jahren einiges in den Gebäuden saniert worden, wie Heizungen, Balkone, Wärmedämmung und Fenster, listete der kaufmännische Leiter Timo Rink auf. Aktuell wollte er sich zu weiteren Vorgängen nicht äußern.

Mirco Theiner vom Mieterbund bleibt trotz der Klage zuversichtlich: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Richter dieser Erhöhung zustimmt." Das könnte nämlich Auswirkungen auf den kompletten Bonner Mietspiegel haben; seine Richtigkeit würde in Frage gestellt. Auch Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer der Eigentümergemeinschaft Haus und Grund, sieht dem Prozess gelassen entgegen.

"Wenn es ein Problem mit dem Mietspiegel gibt, muss eben ein Gericht entscheiden." Er sieht nur Vorteile in einem Prozess und vertraut auf das Urteilsvermögen der Richter: Entweder würden sie die Schwächen des aktuellen Mietspiegels aufzeigen oder dessen Leitfunktion bestätigen.

Bonner Mietspiegel

Alle vier Jahre werden die Daten für den Mietspiegel erhoben. Dafür müssen Mieter Fragebögen ausfüllen, die die Stadtverwaltung verteilt. Relevant sind beispielsweise Ausstattung und Preis der Wohnung. Alle zwei Jahre gibt es eine mathematische Fortschreibung, die sich am Verbraucherindex orientiert.

2014 liegt die Steigerung bei 3,5 Prozent. Vom qualifizierten Mietspiegel können Vermieter nur abweichen, wenn sie dafür eine detaillierte Begründung abgeben und eine ortsübliche Vergleichsmiete als Richtwert heranziehen. Der Mietspiegel wird mit dem Mieterbund und dem Verein Haus und Grund erstellt.

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