Folk Club Bonn Locker, familiär und ohne Verstärker

GRAURHEINDORF · Konzerte ohne Verstärker, sogenannte Unplugged-Auftritte, gibt es heutzutage kaum mehr. Doch gerade das ist das Besondere am Folk Club in Bonn, wo der Verzicht auf elektronische Verstärker Bedingung ist. Auftreten kann aber jeder, vom Profi bis zum Amateur. So auch am Freitag, 4. September, wo das 50. Konzert des Folk Clubs im Haus Müllestumpe stattfindet.

 Mitinitiator John Harrison (links) im Duett mit Steve Crawford beim Konzert im April.

Mitinitiator John Harrison (links) im Duett mit Steve Crawford beim Konzert im April.

Foto: John Hurd

Geplant ist zuerst ein Dudelsackmarsch vorbei an den Graurheindorfer Kneipen, die der Folk Club schon für seine Konzerte genutzt hat. Dazu zählen das Schützenhäuschen Graurheindorf, der Rheindorfer Hof und aktuell das Haus Müllestumpe. Überall wird ein Musikstück gespielt und etwas getrunken, bevor um 19.30 Uhr eintrittsfrei das Jubiläumskonzert beginnt.

Seinen Anfang nahm der Folk Club 2009. Die beiden Geschäftspartner John Harrison, Geschäftsführer einer Fleischimport- und Export-Firma, und Detlef Stachetzki, Geschäftsführer des Verbands der Fleischwirtschaft, waren auf dem Rückweg von der Ernährungsmesse Anuga im Zug und begannen mit der Mundharmonika zu musizieren und zu singen. Sie waren von der Begeisterung der Leute dermaßen angetan, dass die Idee zum Folk Club entstand.

Auf die Frage, in welchem Lokal man das Projekt auf die Beine stellen könnte, hatten Stachetzki und seine Frau unabhängig voneinander dieselbe Antwort, was die Entscheidung leicht machte: Das Schützenhäuschen in Graurheindorf, ausgestattet mit einem Klavier.

Nach einem Gespräch mit der Wirtin war der Saal gebucht, wovon zunächst einige Musiker aus Harrisons Bekanntenkreis per E-Mail-Verteiler informiert wurden. Daraufhin erschienen zum ersten Konzert im März 2010 an die 25 Leute, die sich mehr und mehr engagierten. Das hat dem Club dazu verholfen, dass er mittlerweile ein "Selbstläufer" mit rund 80 Zuschauern pro Konzert ist.

Auch einen Umzug hat das Team schon hinter sich. Konflikte mit Anwohnern machten weitere Auftritte im Schützenhäuschen unmöglich, und die Clubmitglieder suchten nach einer Alternative. Nachdem sie keinen passenden Saal fanden, half der Zufall: Steve Perry, einer der Initiatoren, hatte ein Klavier von einem Freund geerbt, für das er bei sich zu Hause keine Verwendung hatte.

Also stellte man es dem Haus Müllestumpe zur Verfügung und durfte dafür dort zu den Konzerten einladen. Ab September wird dort wieder regelmäßig, sprich jeden ersten Freitagabend im Monat, gespielt. Für die Darsteller gibt es weder eine Altersgrenze noch sind sie in der Art ihres Auftritts beschränkt, man kann auch Gedichte und Volkstänze vortragen. Ebenso können die Künstler mit Werken in jeder Sprache auf die Bühne gehen.

Das Einzige, womit sie nicht rechnen dürfen, ist eine Gage. Ihnen stehen hinterher lediglich Video- und Audioaufnahmen des eigenen Auftritts zur Verfügung, über deren Weiterverwendung sie selbst entscheiden können. "Für die Musiker ist es wertvoller, kostenlos und dafür vor ruhigem Publikum zu spielen, als als lebende Jukebox gegen klingende Gläser ankämpfen zu müssen und dafür eine Bezahlung zu kassieren", sagt John Harrison.

Denn das ist eine weitere Besonderheit am Folk Club: Die Aufmerksamkeit des Publikums, in dem oft bis zu drei Generationen vertreten sind, ist der Musik gegenüber laut Stachetzki riesig. Deshalb sei der Geräuschpegel sehr niedrig und es herrsche eine Spannung fast wie im Konzertsaal.

Dennoch ist die Atmosphäre locker und nahezu familiär. Die Zuschauer steigen bei bekannten Liedern gern für den Refrain mit ein, was während der Konzerte für eine "extraordinäre Dynamik" sorgt. Hierbei birgt das Spiel ohne Verstärker ein gewisses Risiko. Viele Musiker sind etwas ängstlich vor einem unverstärkten Auftritt, generell gibt es immer weniger tragende Stimmen. Trotzdem genießt das Publikum gerade diese Originalität, für die Initiatoren ist sie gar das wichtigste Kriterium.

Abgesehen von der Organisation der Konzerte setzt sich der Folk Club sehr für die Straßenmusik ein. Das Team wünscht sich, dass Straßenmusiker kostenlos die Erlaubnis für ein Vorspiel erhalten, und nicht wie bisher nur drei Permissionen pro Tag und Bezirk gegen eine Bezahlung ausgestellt werden. Nach Meinung des Folk Clubs sollte der städtische Betrieb sehen, dass die Kultur- und Musikszene in den Straßen extrem lebendig ist und sogar "die Innenstadt mit ihrem Spiel belebt", wie es in der Düsseldorfer Verordnung lautet.

Dass die Bonner Verordnung in der Hinsicht so streng sei, fördere nur die Illegalität, so Detlef Stachetzki. Für die Organisatoren des Folk Clubs ist dieses Thema außerdem von besonderer Wichtigkeit, weil viele der Darsteller auch als Straßenmusiker tätig sind. So haben sie bereits eine Petition gestartet, die sie beim Konzert im September gerne den Vertretern der Stadt übergeben würden.

Info

Die Konzerte finden ab September an jedem ersten Freitag im Monat von 19 bis 22 Uhr im Haus Müllestumpe, An der Rheindorfer Burg 2, statt. Weitere Informationen unter 0228/2499090, nach einer Mail an FolkClubBonn@googlemail.com und im Internet auf http://folk-club-bonn.blogspot.com.

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