Marie-Kahle-Gesamtschule Herausragende Funde im Legionslager

BONN · "Wo sind denn die Toten und die Knochen?", wollten Schüler der benachbarten Marie-Kahle-Gesamtschule von Grabungsleiterin Stefanie Baumgarten wissen. Sie verfolgen genau, was zurzeit rund um ihr Schulgebäude aus der Erde geholt wird. Gruseliges war nicht dabei. Dafür können die Archäologen auf einer Fläche von 3000 Quadratmetern ihr bisheriges Bild vom Bonner Römerlager ergänzen.

 Auf dem Grabungsfeld an der Marie-Kahle-Gesamtschule zeigen Frank Städler und Stefanie Baumgarten, welche Schichten des Legionslagers sie freigelegt haben.

Auf dem Grabungsfeld an der Marie-Kahle-Gesamtschule zeigen Frank Städler und Stefanie Baumgarten, welche Schichten des Legionslagers sie freigelegt haben.

Foto: Frommann

Außerdem gibt es herausragende Fundstücke wie Silbermünzen, gut erhaltene Tongefäße, eine fein gearbeitete Haarnadel und den Deckel eines Tintenfasses. "Dieses ist eine besondere Grabung, wegen der Funde und wegen ihres Umfangs", sagte Jürgen Kunow, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege, gestern bei einem Pressetermin auf der Baustelle.

Die Sicherungsgrabungen auf dem Gelände an der Graurheindorfer Straße sind notwendig, weil hier Erweiterungsbauten für die Gesamtschule entstehen sollen. Dass hier etwas zu finden ist, stand schon vorher fest. Die Archäologen knüpfen an Grabungen von 1905 und 1978 an. In dem Bereich befand sich die nordwestliche Ecke des römischen Militärlagers, das von 30 bis 353 nach Christus bestand und eines der am längsten belegten Legionslager zwischen Remagen und der niederländischen Nordseeküste war. Auf mehr als 27 Hektar waren hier bis zu 7000 Soldaten stationiert.

Das Team ist bisher auf römische Fundamente und Mauern mit einer Höhe von über zwei Metern gestoßen, auf einen außerordentlich gut erhaltenen Abwasserkanal und auf ungewöhnliche Details aus den Mannschaftskasernen, die zeigen, dass diese mit Wandmalereien geschmückt waren.

"Das Lager war sehr reich ausgestattet, das hat uns überrascht", sagte die wissenschaftliche Referentin Jennifer Morscheiser. Die Funde lassen außerdem Rückschlüsse auf die Holzbauweise während der Gründungsphase des Lagers zu. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Legionslager immer wieder umgebaut. "Wir haben eine Kochstelle unmittelbar neben einer Latrine gefunden. Das war bestimmt nicht gleichzeitig", so Morscheiser.

Im Grabungsabschnitt am Kaiser-Karl-Ring fand das Team zwei Wasserbecken, die im Mannschaftsteil der Kaserne normalerweise nicht zu erwarten sind. "Ob es sich hierbei um eine Waschmöglichkeit für die Soldaten handelte oder ob hier Handwerker, zum Beispiel eine Gerberei, waren, können wir noch nicht sagen. Wir hoffen auf weitere Funde", so die Grabungsleiterin. Bis Ende Februar haben sie und ihr Team noch Zeit, weitere Geheimnisse mühsam aus der Erde zu kratzen.

Die Ausgrabung kostet rund 260 000 Euro. Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege stellt zusätzlich sein Personal zur Verfügung. Bisher hab es weniger Probleme mit Raubgräbern als auf der Grabungsstätte in Bechlinghoven. Sämtliche Metalle sind bereits aus dem Boden entfernt, so dass es für Diebe nichts mehr zu holen gibt.

Das Interesse der Gesamtschüler ist groß, einer macht im Januar sein Praktikum auf der Baustelle. Stefanie Baumgarten führt außerdem Lateinklassen durch das Grabungsfeld. Gerne zeigt sie die kleinen Schuhnägel, die verdeutlichen, wie modern es vor knapp 2000 Jahren zuging: "Das waren die Spikes der Römer."

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