Podiumsdiskussion: "Kleider machen (arme) Leute?" Gegen die Wegwerfmentalität angehen

BONN · Es sind menschliche Katastrophen, die sich in Bangladesch oder Kambodscha abspielen: Menschen sterben in brennenden Textilfabriken, weil Notausgänge blockiert sind. Frauen arbeiten oft 16 Stunden am Tag, um zu überleben.

 Auf dem Podium: (links) Heidemarie Wieczorek-Zeul, Gisela Burckhardt, Eva Maria Welskop-Deffaa, Anna Hoff und Katharina Partyka in der Trinitatiskirche. FOTO: HORST MÜLLER

Auf dem Podium: (links) Heidemarie Wieczorek-Zeul, Gisela Burckhardt, Eva Maria Welskop-Deffaa, Anna Hoff und Katharina Partyka in der Trinitatiskirche. FOTO: HORST MÜLLER

Foto: Horst Müller

"Wir sehen in diesen Ländern immer nur die schwachen Frauen", sagt Anna Hoff, Moderatorin der Podiumsdiskussion "Kleider machen (arme) Leute?" mit rund 50 Gästen in der Trinitatiskirche. "Heute wollen wir aber über die Starken sprechen, die, die etwas verändern wollen." Geladen hatte der Verein Femnet mit der Vorsitzenden Gisela Burckhardt, die mit Heidemarie Wieczorek-Zeul, ehemalige Bundesministerin, Eva Maria Wels-kop-Deffaa, Verdi-Vorstand, Katharina Partyka, Inhaberin eines "fairen Ladens", und Nese Aksoy, Betriebsrätin bei Zara, über die Situation der Frauen in besagten Ländern diskutierte.

"Es ist ein Skandal, dass sich dort an den Arbeitsbedingungen nichts verändert hat", sagte Burckhardt. Es seien lediglich die Brandschutzbedingungen verbessert worden. In diesem Zusammenhang meldete sich Nese Aksoy zu Wort: Sie hatte mit dem Betriebsrat durchgesetzt, dass Zara das Abkommen über Sicherheitsmaßnahmen unterzeichnet. "Ich will diese Menschen schützen, immerhin verdanke ich ihnen meinen Job", sagte Aksoy.

Konsens herrschte bei der Diskussion vor allem darüber, dass es mehr Transparenz geben muss. "Würde das Etikett aussagen, wo ein T-Shirt hergestellt wurde und man könnte zum Beispiel im Internet die Bedingungen der Fabriken nachsehen, würde das schon viel bringen", sagt Katharina Partyka, die mit "Kiss the Inuit" einen Laden in Bonn eröffnet hat, der nur fair hergestellte Kleidung verkauft.

Dass diese nicht modern oder zu teuer wäre, kann Partyka nicht bestätigen: "Wir können uns natürlich nicht mit Primark vergleichen, aber wir wollen ja gegen die Wegwerfmentalität angehen", so Partyka. Das könne nur klappen, wenn man die Nachhaltigkeitsdebatte mit den Eindrücken der Arbeitsbedingungen verknüpfe, sagt auch Welskop-Deffaa.

Kontrovers war die Debatte um ein entsprechendes Gesetz. So forderte Burckhardt, dass die Regierung eine Vorbildfunktion einnehmen müsste. Welskop-Deffaa betonte dagegen, dass die Initiativen aus der Bevölkerung kommen müssten. Wieczorek-Zeul betonte, dass alle Länder gefordert seien - sah aber auch die Gefahr, dass globale Regelungen dann "zu weich" ausfallen könnten.

Auf die starken Frauen kamen die Diskutierenden vor allem wegen der Ausstellung im Saal zu sprechen: Unter dem Motto "Ich mache deine Kleidung!" hatte Fotografin Marieke van der Velden vor Ort junge Frauen fotografiert, die sich in Gewerkschaften organisieren und gegen die Arbeitsbedingungen kämpfen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Dezember in der evangelischen Trinitatiskirche, Brahmsstraße 16, in Endenich zu sehen. Mehr Infos dazu auf www.femnet-ev.de

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