Anne Haigis lebt in Bonn Ein Leben wie ein Roadmovie

BONN · Kerzen, überall brennen Kerzen, kleine Lämpchen. Sie hüllen die Wohnung in ein sanftes Licht. Und Kissen, viele Kissen liegen auf den Sofas und der Chaiselongue. Die Katze schleicht im Flur, Golden-Retriever-Dame Elsa fläzt sich auf dem Teppich neben der zwölfsaitigen Gitarre.

 Auf der Bühne fühlt sich Anne Haigis wie Zuhause.

Auf der Bühne fühlt sich Anne Haigis wie Zuhause.

Foto: privat

Gemütlich ist es bei Anne Haigis. Atmosphäre ist der Rocksängerin wichtig. Das merkt man auch, wenn man sie live auf der Bühne erlebt. Die beiden hohen, mehrarmigen Kerzenständer sind vertraute Requisiten auf der Bühne. Und sie werden wohl auch am 24. Januar wieder dabei sein, wenn Anne Haigis in der Endenicher Harmonie ihre "Songperlen" aus mehr als 30 Jahren ihres Schaffens präsentiert.

Ein Leben wie ein Roadmovie. Der Enthusiasmus für die Musik und die Sehnsucht nach einem Leben als Sängerin zogen sie schon als 16-Jährige weg vom Elternhaus im beschaulichen Rottweil am Neckar in die Stuttgarter Großstadt. Sie schüttelt lachend den Kopf, als sie erzählt, wie sie sich die Gitarre von ein paar Jungs schnappte und sie mit ihrer bluesig-rauchigen Stimme beeindruckte. Am nächsten Tag schon trafen sie sich im Proberaum. Wenig später war sie mit ihnen unterwegs in einem alten klapprigen Ford Transit. Foggy Day hieß die Band, mit der sie zwei Monate lang durch die Schweiz reiste und in Clubs sang. Doch der Vater holte sie zurück, sie begann eine Ausbildung an der Dolmetscherschule. Aber das war einfach nicht ihre Welt. Ihre Welt, das sind Joni Mitchell, Pink Floyd, King Crimson, Van der Graaf Generator.

Doch sie ging erst mal durch die harte Schule, die sie als Sängerin einer Unterhaltungsband in Amiclubs erfährt. "Die Besetzung war minimalistisch. Nur Schlagzeug, Bass und Hammond-Orgel, und wir haben die Top 40 hoch und runter gesungen", erzählt sie mit schwerem schwäbischem Zungenschlag. "Des kriegsch oifach nedd heraus, hajo, so isch des!", sagt sie und lacht. Dabei lebt sie schon fast ihr halbes Leben im Rheinland, zunächst in Köln, aber nun seit zehn Jahren in Bonn. "Aber", sagt sie und zieht die Augenbrauen hoch. "Ich kann auch Kölsch, sogar bönnsch!"

Ein Jazzclubchef empfahl die junge Sängerin der Tübinger Jazzband Re. Die Band spielte viel Rockjazz, Fusion, Latin, und Anne Haigis verpasste den Kompositionen von Chick Corea, Flora Purim, George Benson und Randy Crawford ihren eigenen Stil. Das Talent des Wirbelwinds sprach sich herum. Der bekannte Pianist, Keyboarder und Komponist Wolfgang Dauner war fasziniert von ihrer Stimme. Unter seiner Regie sang sie "For Here Where The Life Is" ein. Die beiden wurden nicht nur künstlerisch ein Paar.

Ihr erstes deutsches Album "Anne Haigis", produziert von Edo Zanki, erschien 1984 und erklomm gleich die Charts. Es folgte ein turbulentes Leben zwischen TV-Auftritten bei Hans-Joachim Kulenkampff, Rudi Carell und "Wetten dass...?". In den 1980er Jahren füllte sie auch die Säle in der DDR: Ost-Berlin, Dresden, Leipzig.

Für ihr Album "Indigo", das Wolf Maahn produziert hat, bekommt sie 1989 den "Löwen" von Radio Luxemburg. 1992 nahm sie in Los Angeles "Cry Wolf" auf, lernte Leute wie Nils Lofgren oder Melissa Etheridge kennen, die für sie die Songs "Dancing in the Fire" und "Out of My Mind" schrieb.

Anne Haigis sitzt in ihrem Büro. An den Wänden Fotos ihrer Vergangenheit, mehrere Laptops stehen an den über Eck gestellten Tischen. "Ich mach alles selbst", sagt sie. Sie ist ihre eigene Agentin und Buchhalterin. Wenn sie mit ihrer Gitarristin Ina Boo unterwegs ist, dann nehmen die beiden Frauen alles selbst in die Hand. Sie schleppen die Lautsprecher und Gitarren, bauen die Bühne auf. Haigis weiß genau, was sie will, wie der Sound zu klingen hat, wie das Licht fällt. Nach zweieinhalb Stunden live auf der Bühne stehen die beiden dann hinter dem Tisch, verkaufen und signieren CDs. Dann wird wieder abgebaut. Mehr als 60 Konzerte gibt Haigis jährlich, und Routine kommt bei ihr nicht auf. "Ich geb mich her auf der Bühne", sagt sie.

Nächstes Konzert: Samstag, 24. Januar, 20 Uhr, Harmonie, Frongasse 28-30. Karten in den Bonnticketshops der GA-Geschäftsstellen.

Typisch bönnsch

Das sagt Anne Haigis über Bonn:

An Bonn gefällt mir, dass ich hier immer ein Urlaubsfeeling habe, dass viel kulturell geboten wird, in der Oper, auf dem Kunst!Rasen und in der Harmonie.

Weniger gefällt mir, dass die Bonner etwas sturer als etwa die Kölner sind. Man braucht länger, um mit ihnen warm zu werden.

Mein Lieblingsplatz: Überall, wo ich mit dem Hund unterwegs bin - am Canal Grande vorbei am Rhein Richtung Kameha, auf dem Venusberg.

Typisch bönnsch: der Markt und dass alles so schnuckelig ist.

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