Kommentar Ein wolkiges Pilotprojekt

Joints drehen für den Kämmerer - das wäre doch mal ein kreativer Weg, die städtische Finanzkrise zu lindern. Spaß beiseite: Wenn Piraten, Grüne und Linkspartei in Bonn legale Abgabestellen für Cannabisprodukte fordern, meinen sie damit wohl nicht, dass die Stadt sie selbst betreiben und die Gewinne einstreichen soll. Aus gutem Grund lassen die Ratspolitiker das aber in ihrem Prüfauftrag an die Stadtverwaltung offen.

Denn in der Praxis hat die Idee zahlreiche Haken. Wo beschafft man eine Droge, deren Handel in Deutschland strafbar ist? Was passiert mit dem Verkaufsgewinn? Wie soll man verhindern, dass die "Kunden" mehr als die erlaubten 10 Gramm für den Eigenbedarf kaufen? Was ist, wenn sie am selben Tag zweimal kommen: Werden dann jeweils 5 Gramm abgemessen? Wird mit Ausweisvorlage erfasst, wer schon da war?

Schon die Frage nach der straffreien Eigenverbrauchsmenge zeigt: Ein isoliertes Bonner Pilotprojekt hat wenig Sinn, solange das deutsche Betäubungsmittelgesetz nicht geändert wird. Und für eine Lockerung gibt es keinen vernünftigen Anlass. Das Argument, Hasch sei auch nicht schädlicher als Alkohol, ist fadenscheinig.

Dass das Rauschmittel Alkohol frei verkäuflich ist, kann unter Präventionsgesichtspunkten doch kein Grund sein, eine weitere Droge freizugeben. Die Hemmschwelle, Cannabis zu rauchen, würde auf jeden Fall sinken - sicherlich würde der Stoff dann auch billiger sein als bisher beim illegalen Dealer.

Bei allem Verständnis für den Drang von Kommunalpolitikern, auch bundespolitische Themen anzupacken: Sowohl der Rat als auch die Verwaltung haben in Bonn dringendere Probleme zu lösen als staatlich kontrollierte Coffeeshops zu diskutieren.

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