Stadtgärtnerei Gutachter: Gelände nicht bebauen

DRANSDORF · Die Wohnungsknappheit ist in Bonn an allen Ecken zu spüren, und es müsste dringend gebaut werden. Doch auch zehn Jahre nach Schließung der Stadtgärtnerei Auf dem Dransdorfer Berg ist immer noch unklar, ob dieses Gelände für eine Bebauung genutzt wird und wenn ja, wie viel des 28 Hektar großen Geländes dafür in Frage kommt.

 Impressionen aus der früheren Stadtgärtnerei, die Mitte 2004 geschlossen wurde und seitdem verfällt...

Impressionen aus der früheren Stadtgärtnerei, die Mitte 2004 geschlossen wurde und seitdem verfällt...

Foto: Privat

Während der Bebauungsplan derzeit geändert wird, kommt Widerstand in Form eines Gutachtens der Freiraumplaner. Im Integrierten Freiraumsystem (IFS), das bereits 1997 die Fläche zur "Erhaltung und Anreicherung" vorsah, was den Verzicht auf die bauliche Nutzung bedeutet, ist nun eine Fortschreibung ergangen.

Und darin kommt man heute wie damals zu dem Schluss: Was damals gesagt wurde, gilt heute erst recht. "Da sich in der Zwischenzeit die Diskussion um eine künftige bauliche Nutzung (von Teilen) der Fläche konkretisiert hat - was naturgemäß einen Widerspruch zur Zielaussage "Erhaltung und Anreicherung" darstellt - hat der Gutachter seine Empfehlung eines Verzichts auf bauliche Nutzung ergänzt", schreibt die Stadt in ihrer Stellungnahme, die jetzt in mehreren Fachausschüssen und am 27. März im Stadtrat zur Diskussion ansteht.

Die Empfehlung, auf eine Bebauung komplett zu verzichten, damit es nicht zu einer Ausuferung des noch relativ geschlossenen Siedlungsrandes kommt, dürfte besonders bei der CDU und auch den Grünen für Stirnrunzeln sorgen.

Denn beide hatten bei der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanes den Änderungsantrag gestellt, dass die Nutzung des Geländes für Wohnen, zumindest in einzelnen Teilbereichen, nochmals zu untersuchen sei. Was die Planungen angeht, liegen dafür sechs Varianten auf dem Tisch, die von keiner Bebauung bis zu einer Bebauung von rund 20 Hektar mit 35 bis 45 Familieneigenheimen reichen.

Die SPD, die ansonsten stets für die Ausweisung neuer Baugebiete eintritt, fordert CDU und Grüne auf, ihre Beschlüsse zu revidieren und auf eine Bebauung dieses Areals grundsätzlich zu verzichten.

Vor allem die Grünen, die früher an vorderster Front für den Erhalt des Meßdorfer Feldes kämpften, haben die Sozialdemokraten dabei im Visier. "Dass die CDU das will und wollte ist bekannt", sagt Herbert Spoelgen (SPD). "Dass die Grünen das forderten und förderten war damals neu und eine traurige Erkenntnis."

Was aber ist die Aussage der Gutachter vom Institut für Landschaftsentwicklung und Stadtplanung aus Essen wert, das die Stadt mit der Expertise beauftragt hatte? Im Grunde nicht viel, denn die politischen Gremien können sich darüber hinweg setzen und die Meinung der Bebauungsgegner ignorieren.

Deshalb bemerkt auch die Stadt in ihrer Stellungnahme: Die Sichtweise der Gutachter stelle die Erhaltung und Entwicklung der Freiflächen sowie die Erhaltung des ökologischen Status-Quo in den Vordergrund. "Sie ist daher nicht in allen Fällen deckungsgleich mit der Einschätzung anderer Belange, die im Rahmen einer sachgerechten Gesamtabwägung für die Entwicklung einzubeziehen sind", heißt es in der Vorlage, die federführend vom Planungsdezernat gezeichnet wurde. "In Einzelfällen widerspricht sie auch der Beschlusslage der politischen Gremien."

Für das Planungsamt ist die Marschrichtung klar, wie eine Sprecherin des Presseamtes mitteilte. Das Bebauungsplanverfahren werde wie beschlossen fortgesetzt. Das Fachgutachten mit den Empfehlungen werde abgewogen gegen weitere Interessen.

Und im Fall der Ex-Stadtgärtnerei sehe das Planungsamt die Priorität bei der baulichen Nutzung. Die SPD will dies verhindern und einen expliziten Verzicht auf eine bauliche Nutzung durchsetzen. Zwar seien neue Wohnungen dringend nötig. Für diese müsse man jedoch auch ortsnahe Ausgleichsflächen nachweisen, so Stephan Eickschen (SPD). Und dafür eigne sich die Ex-Stadtgärtnerei besonders. "Es wird sogar ein Rückbau empfohlen, um diese Fläche dann zum Beispiel als Kompensationsfläche nutzen zu können."

Die Geschichte der Stadtgärtnerei

Seit 1892 gab es in der Stadt Bonn eine Stadtgärtnerei, zuerst an der Römerstraße, wo sich seit 1957 auch der Schulzoo befand. Heute stehen dort die Hochhäuser am Römerlager.1969 zogen die Tiere ins neu gebaute Wildgehege an der Waldau um, gut ein Jahr später verlegte man die Stadtgärtnerei auf ein fünf Hektar großes Gelände am Rande des Meßdorfer Feldes, Auf dem Dransdorfer Berg.

Dort wurden unter den Glasdächern der Gewächshäuser zu Spitzenzeiten mehr als 400 000 Beetpflanzen pro Jahr für das Stadtgebiet Bonns gezüchtet, wofür 30 Mitarbeiter beschäftigt wurden. Auch die Blumen für die Bundesgartenschau 1978 kamen hierher.

Mitte 2004 kam dann jedoch das Aus, weil die Ratsmehrheit die Arbeit der Gärtnerei nicht als Kernaufgabe der Stadt betrachtete. Die erste Bonner Umweltdezernentin Rita Tondorf kämpfte seinerzeit vergeblich gegen die Schließung, über die mehrere Jahre diskutiert wurde, sie wollte statt dessen einen modernen Servicebetrieb daraus machen.

Mitentscheidend für die Schließung war auch das Urteil von Branchenexperten, die den Betrieb als veraltet, unrentabel und überflüssig bezeichneten. Auch der letzte Versuch, die Stadtgärtnerei an Privatunternehmen zu vermarkten, scheiterte: Von 50 angeschriebenen Gärtnereien zeigte sich nicht eine an dem Betrieb interessiert. Seit der Schließung schreibt die Stadt die Leistungen für Blumen und Pflanzen auf dem freien Markt aus.

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