Umbenennung des Hindenburgplatzes Kuriose Abstimmung in der Bezirksvertretung

Bonn · Kuriose Abstimmung zu Hindenburg am Dienstagabend in der Bezirksvertretung Bonn: CDU/FDP und Bezirksbürgermeister Helmut Kollig (SPD) votierten gegen die Umbenennung, SPD/Linke/Grüne plädierten dafür - also eine Pattsituation.

In solchen Fällen sieht die Geschäftsordnung bei Stimmengleichheit vor, dass der Bürgerantrag auf Umbenennung abgelehnt ist. Danach ließ Kollig den eigentlich erledigten Bürgerantrag auf Beibehaltung des Namens Hindenburg jedoch auch noch abstimmen. Das Ergebnis: ebenfalls Stimmengleichheit und damit Ablehnung, was bedeutet, dass der Name Hindenburg nicht beibehalten werden soll. Was dieses Abstimmchaos in der Konsequenz bedeutet, wird die Fachverwaltung jetzt aufklären müssen. Womöglich wird wegen des Patts nun der Stadtrat eine Entscheidung treffen müssen.

In der Diskussion standen sich die Meinungen krass gegenüber. Kollig argumentierte, man müsse die Namensgebung der Straße auch im historischen Kontext bewerten. Brigitta Poppe (Grüne) fragte: "Wie kann sich eine weltoffene Stadt wie Bonn nur mit solch einem Namen wie Hindenburg nur abgeben?"

Ähnlich verlief die Diskussion am Montagabend im Stadthaus: "Ja, was soll der Quatsch? Wir wohnen da seit 26 Jahren", sagt ein Bürger. "Und wat dat all' kostet", meint ein Anderer. Die Emotionen kochen hoch, wenn es um den ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und die geplante Aberkennung der Ehrenbürgerwürde sowie die Umbenennung von nach ihm benannten Straßen und Plätzen geht.

Die SPD-Ratsfraktion hatte zur Podiumsdiskussion eingeladen, um Befürworter und Gegner zu Wort kommen zu lassen. Man erhoffe sich einen "Hinweis, wie wir in der Bezirksvertretung entscheiden werden", sagte Kollig. Die Bezirksvertretung hatte über die Umbenennung des Hindenburgplatzes in Dottendorf zu beraten, die Hindenburgallee in Plittersdorf ist Sache der Bezirksvertretung Bad Godesberg, über die Ehrenbürgerschaft entscheidet der Rat.

Leidenschaftlich, aber durchaus sachlich verlief die Diskussion. Indes: Wirklich Neues bekamen die 35 Teilnehmer nicht zu hören. Beim Thema Hindenburg sind die Fronten wohl verhärtet.

Für den Verein "Wissenskulturen", der den Antrag auf Straßenumbenennung und Aberkennung der Ehrenbürgerwürde gestellt hat, sprach Thomas Kaut. Straßen nach Hindenburg zu benennen sei eine Ehre, die Hindenburg "nach Maßgabe aller historischen Forschung der letzten 20 Jahre" nicht mehr zustehe. Hindenburg, der Hitler zum Reichskanzler machte, sei Erfinder der Dolchstoßlegende, die mit ursächlich sei für das Scheitern der Weimarer Republik. Er habe konsequent "revisionistische Politik" betrieben, und für eine UN-Stadt wie Bonn sei es "unerträglich", dass Hindenburg immer noch Ehrenbürger sei.

Historische Forschung hatte auch Bernd Hartwig gewälzt und meinte, Belege für seine Gegenthese gefunden zu haben. "Entscheidend ist nicht von wem, sondern für was Hindenburg die Ehrenbürgerwürde verliehen bekommen hat", konterte er auf Kauts Hinweis, dass Ludwig Rickert, seinerzeit stellvertretender Bürgermeister und NSDAP-Mitglied, im März 1933 in einem quasi despotischen Akt und ohne Abstimmung die Ehrenbürgerschaft für Hindenburg und Hitler durchdrückte. "Hindenburg hat sich um das Land verdient gemacht", meinte Hartwig.

Im Anschluss kamen die Bürger zu Wort. "Es ist gut, dass die Diskussion in Gang kommt", sagte ein Teilnehmer. Aber stehe es der heutigen Generation zu, Entscheidungen der Vorgänger in Frage zu stellen? "Hindenburg ist keine tragische Gestalt, sondern eine Unheilsgestalt", meinte ein anderer. Man hätte ja gerne die Anwohner befragt, sagte Kollig. Doch der Vorsitzende des Bürgerausschusses, Helmut Joisten, habe den Vorschlag "zurückgepfiffen".

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