Haus Dottendorf Heimträger prüft Klage gegen Heimaufsicht

BONN · Während der Vorstand des Heimträgers am Mittwochvormittag auf einer Pressekonferenz der städtischen Heimaufsicht wegen der geplanten Schließung des Hauses Dottendorf mit rechtlichen Schritten drohte, beschlagnahmten Ermittler der Staatsanwaltschaft Bonn unter den Augen sichtlich verstörter Mitarbeiter und Bewohner kistenweise Patientenakten.

Im Haus leben laut Senator GmbH noch 29 Senioren mit der Pflegestufe 0 und 1. Fünf hätten allerdings vor dem Hintergrund der ungewissen Lage vor, in ein anderes Heim zu wechseln. 65 Bewohner mit der Pflegestufe 2 und 3 waren vorigen Donnerstag in andere Häuser verlegt worden.

Gestern Abend wurde bekannt, dass das Verwaltungsgericht Köln erst am kommenden Dienstag bei einem Erörterungstermin über zwei Eilanträge der Sentator GmbH gegen die am Donnerstag erfolgte Teilräumung des Hauses sowie die noch vorgesehene Schließung entscheiden will. Bis dahin darf die Heimaufsicht die Schließung nicht vollziehen.

"Wir haben uns zur weiteren Beschlagnahmung von Akten entschlossen, weil zusätzlich zum Verdacht der fahrlässigen Tötung auch Vorwürfe der Körperverletzung erhoben wurden", erklärte Oberstaatsanwältin Monika Volkhausen auf GA-Nachfrage. Details wollte sie nicht nennen. Die Stadt hatte im Vorfeld der Schließungsanordnung von fortgesetzter falscher Medikamentengabe und gravierenden Missständen bei der Pflege gesprochen. So sei eine Person nachts aus dem Bett gefallen.

Im Dezember hatte es im Haus Dottendorf zwei bisher ungeklärte Todesfälle gegeben (der GA berichtete). Bei den Toten handelt es sich um zwei Männer im Alter von 70 und 75 Jahren. Vorfälle, die Bodo Barwig, Geschäftsleiter der Senator GmbH NRW, und sein Sprecher Klaus Januschewski auch nicht herunterspielen wollen. "Ja, es gab diese Todesfälle. In beiden Fällen war der Notarzt über alle Hintergründe informiert worden", sagte Januschewski.

Bei dem einen Mann habe es sich um einen Epileptiker gehandelt, dessen Verhalten am Abend gegen 19 Uhr noch unauffällig gewesen sein soll, wenige Stunden später dann sei er tot in seinem Zimmer aufgefunden worden. Der andere Bewohner habe Insulin gespritzt bekommen, obwohl er das Medikament nicht benötigte. Der Mann sei in ein Krankenaus geliefert worden und dort gestorben. "Ob daran die Insulingabe schuld war, müssen die Ermittlungen zeigen", sagte Barwig, dessen Nerven offensichtlich so blank liegen, dass er während des laufenden Pressegesprächs in Tränen ausbrach.

Er und Januschewski wiederholten mehrfach, sie könnten die aus ihrer Sicht kurzfristig anberaumte Schließung wegen "gefährlicher Pflege" nicht verstehen. Zumal im Haus Dottendorf stets die erforderliche Zahl von Mitarbeitern und der vorgeschriebene Anteil von Fachkräften in Höhe von 50 Prozent vorhanden gewesen sei und sogar überschritten wurde, beteuerten sie.

Beide räumten ein, es habe Probleme bei der Besetzung der Leitung gegeben. Auch seien Fehler vorgekommen, "wie sie in anderen Heimen auch passieren", betonte Januschewski. Hinzu kam, dass personelle Engpässe mit Zeitarbeitskräften gedeckt werden müssten, weil im Großraum Bonn es zu wenige gut qualifizierte Fachkräfte gebe. "Wir haben von Anfang Januar an, seitdem die Heimaufsicht im Haus war, zugesagt, alle Auflagen zu erfüllen", sagte Barwig. Warum es dann zur Räumungsaktion kam, könne er sich bis heute nicht erklären.

Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann erklärte, die Heimaufsicht nehme die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur Kenntnis. Zuvor hatte die Stadt dem Gericht indes mitgeteilt, keine Zusage machen zu wollen, die Vollziehung der Schließung auszusetzen. Denn: "Wir machen uns große Sorgen um die verbliebenen Bewohner", erklärte Sozialdezernentin Angelika Maria Wahrheit.

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